Innenminister Herbert Kickl kam im Nationalrat unter schweren Beschuss.

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Wien – Immer dann, wenn man meine, dass es nicht schlimmer ginge, komme es bei dieser Bundesregierung noch schlimmer, sagte der Neos-Abgeordnete Nikolaus Scherak am Mittwoch bei der Begründung der dringlichen Anfrage zu jener Mail, in der das Innenministerium angeregt hat, kritische Medien nur mit den allernötigsten Informationen zu versorgen.

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Adressat des Vorwurfs ebenso wie der Anfrage war der Innenminister. Herbert Kickl (FPÖ) habe einen ganzen Tag gebraucht, um sich danach zur Pressefreiheit zu bekennen. "Selbstverständlich ist der Innenminister verantwortlich", sagte Scherak zu den Distanzierungsversuchen des Ministers.

System Kickl, System Orbán

Dahinter stecke ein System: Kickl wolle die Medien unter Druck setzen und sie einschüchtern, um das nachher wieder etwas zurückzunehmen, meint Scherak. Dieses System kenne man von Viktor Orbán in Ungarn. Scherak: "Glauben Sie, dass Sie sich in Zukunft aussuchen können, mit welchen Medien Sie kommunizieren wollen?" Es ändere auch der der halbherzige Entschuldigungsversuch nichts daran, dass Medienvertreter eingeschüchtert werden sollten.

Neben dem Angriff auf kritische Medien enthalte die Mail an die Polizeikommanden auch Vorhaben, den Persönlichkeits- und Opferschutz, der gesetzlich garantiert ist, zu durchbrechen. Auch Kickls Entschuldigungsversuch, dass es sich bei der Mail ohnehin nicht um einen Erlass gehandelt habe, gehe ins Leere, sagt Scherak: Was sollten die Adressaten, also die Landespolizeidienststellen, denn sonst tun, als die Mail ernst zu nehmen?

Insgesamt handle es sich bei dem Vorgehen um den Weg in eine illiberale Demokratie – Kickl sei eine Gefahr für Medienfreiheit und Demokratie.

Kickl versuchte Gegenangriff

Im Saal kam es nach der Rücktrittsaufforderung an Kickl zu Tumulten und Schreiduellen. Dann kam Kickl selbst zu Wort – und ging gleich zum Gegenangriff über: Die Neos selber verbreiteten Falschmeldungen wie jene, dass er nicht zur Anfragebeantwortung kommen werde und das Parlament missachte. Die Tatsache sei aber, dass er jetzt da stehe und Rede und Antwort stehe. Skandalös sei, dass Medien und Opposition dem Verbindungsdienst des Bundeskanzleramts geglaubt haben, der am Dienstag hochoffiziell vermeldet hatte, Kickl werde sich bei der Anfragebeantwortung vertreten lassen.

"Ich sage Ihnen eines: Weder die Pressefreiheit noch die Medienfreiheit wird infrage gestellt, ich möchte das zu Beginn der Debatte hervorstreichen", sagte der Minister und behauptete neuerlich, es sei keine Weisung gewesen: "Glauben Sie eigentlich ernsthaft, dass Beamte miteinander nur in Form von Weisungen verkehren? Glauben Sie, dass ich weiß, dass ich von all den 6.000 Mitarbeitern, die ich in der Zentralstelle habe, weiß, wer von denen welche Mail verschickt? Wie realitätsfremd ist denn das?"

Das Verständnis von Transparenz

Es komme in der Mail ja auch gar kein einziges Mal der Begriff Informationssperre vor – im Gegenteil werde auf die Notwendigkeit von Informationen und der Auskunftspflicht verwiesen –, "und dann werfen Sie uns andererseits vor, dass wir zu viel Information hinausgeben, wenn es um Sexualstraftaten geht". Es diene der Transparenz, wenn nicht vertuscht werde, wer ein Delikt begangen habe – es liege in der Freiheit der Medien zu beurteilen, ob sie die volle Information über die Nationalität etwa eines Sexualstraftäters auch verwenden. Die Menschen hätten ein Recht auf "umfassende Information" – die Richtlinien würden hausintern überarbeitet. (cs, 26.9.2018)