Das Publikum als zwölfter Mann schaut oft durch die Finger, wenn Fußball im Pay-TV gezeigt wird.

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Wien – "Sehr zufrieden" mit der österreichischen Fußball-Bundesliga ist Christine Scheil, die Chefin von Sky Österreich: "Wir verkaufen derzeit so viele Abos wie sonst zu Weihnachten." Dass Fußball aufgrund der Exklusivrechte des Pay-TV-Senders zu einem Nischenprodukt mutiere, verneinte sie am Donnerstag bei den Medientagen bei einem Panel zum Thema Sportrechte: "Fußball ist der breiten Öffentlichkeit zugänglich." Geschmiedet wurde die "breiteste Medienpartnerschaft, die es je gab". Dazu gehören neben Sky noch der ORF, A1, Laola 1 und oe24.tv.

Sky ist in den letzten Tagen – auch politisch – unter Druck gekommen. Auf der einen Seite sorgen dürftige Zuseherzahlen, die via Teletest erhoben wurden, für Unmut, und auf der anderen Seite möchte die Regierung ein Livespiel der Bundesliga wieder ins Free-TV holen. Vehikel dafür soll – wie berichtete – eine Änderung des Fernsehexklusivrechtegesetzes sein, das aus dem Jahr 2001 stammt.

Der Ambitionen der Regierung, die Fußball-Bundesliga in die Fernseh-"Schutzliste" einzutragen, kann Scheil als Rechteinhaberin naturgemäß wenig abgewinnen: "Auf keiner Liste aller 28 EU-Staaten ist ein serielles Event wie Fußball. Wir brauchen keine Schutzliste." Eine solche würde die Position der Liga und der Vereine schwächen. Der Fußball bekäme weniger Geld, und wäre international weniger wettbewerbsfähig. Sky lässt sich die Exklusivrechte rund 35 Millionen Euro pro Jahr kosten. Der Vertrag läuft bis 2022.

Trend geht in Richtung Pay-TV

Dass der ORF neben der Rechte an der Champions League auch jene für die Fußball-Bundesliga verloren hat, bedauert ORF-Sportchef Hans Peter Trost zwar, er sieht die Situation aber sportlich: Der Trend gehe einfach in Richtung Pay-TV, auch wenn die Durchdringung in Österreich erst bei rund zehn Prozent liege. Der ORF verzichte ja nicht völlig auf Fußball, so Trost, ganz im Gegenteil: Neben der Nationalmannschaft übertrage der ORF etwa noch Spiele der Frauen-Bundesliga oder des Cupbewerbs, obwohl: "Es schmerzt, dass wir kein Bundesliga-Livespiel haben, das ist ja ganz logisch."

Wettbüros als Profiteure

Beim Sportwetten-Anbieter Admiral sieht man Pay-TV als neue Heimat für die Fußball-Bundesliga mit gemischten Gefühlen: "Übertragungen ausschließlich im Pay-TV führen zu einer wesentlich höheren Frequenz in unseren Wettlokalen" – sind so gesehen also " sicherlich förderlich" fürs Geschäft, sagte Geschäftsführer Jürgen Irsigler. Er sprach davon, dass an Tagen, an denen die Champions League nur im Pay-TV läuft, bis zu 30 Prozent mehr Kunden ins Wettbüro kommen. Irsigler bezog sich auf die vergangene Saison, als ORF und ZDF die Champions League Partien meist am Mittwoch zeigten, dienstags waren sie nur im Pay-TV zu sehen. Mittlerweile liegen die Rechte ja bei Sky und Dazn. Das Manko: "Andererseits gilt es für uns auch neues Publikum, neue Interessengruppen anzusprechen, das ist sicherlich im Free-TV einfacher."

Tipp-3-CEO Philip Newald findet, die unterschiedlichen Fußball-Angebote seien derzeit für die Konsumenten nicht optimal auffindbar. Sky und die Sky-Partner machten "wirklich gute" Produkte, dennoch sei es "im Moment auf gut Wienerisch etwas zach": "Es muss aus meiner Sicht klarer werden: Wo kann ich was sehen, was kann ich kaufen. Wir kennen das Fußball-Publikum wirklich gut. Alles, was ein bisschen kompliziert ist, wird nicht angegriffen. Das muss einfacher werden."

Amazon in den Startlöchern

Ein für andere Sportrechte positiver Effekt ist laut Michael Stix von ProSiebenSat1Puls4 ein gesteigertes Publikumsinteresse. Die Europa League auf Puls 4 habe "überproportional an Wert gewonnen", seit Champions League und Bundesliga im Pay-TV stattfinden. Die Partie zwischen Leipzig und Salzburg hätte einen Marktanteil von 25 Prozent gehabt, aber: "Gewisse Rechte werden sich nur mehr im Pay-TV abspielen." Deswegen halte der Privatsender Ausschau nach anderen. In trockenen Tüchern sind etwa die Youth League oder ein paar Premiere League Spiele, die Puls 4 von Dazn gekauft hat. Allerdings stünden neue Player bereits in den Startlöchern, Amazon sei "heiß" auf exklusive Rechte von lokaler nationaler Bedeutung.

Und auch "Firmen, die überhaupt nichts mit Medien zu tun haben", stiegen ins Sportrechte-Geschäft ein, meinte ORF-Sportchef Trost. So geschehen beim ATP-Turnier in St. Petersburg, online zu sehen beim "Autohändler" Kia, so Trost. Er verwies auf die Frage, wie denn einkommensschwache Zuseher zu ihrem Sport-Content kämen, wenn der hinter einer Paywall steckt. Und wer sich um Randsportarten und ihre Entwicklung, um "nicht refinanzierbare Events" kümmern soll.

ORF: Sportarten entwickeln

Der Spartenkanal ORF Sport Plus biete derzeit 70 Sportarten eine Heimat, so Trost. Für Pay-TV seien aber nur vier oder fünf von Interesse: "Wir wollen auch Sportarten entwickeln, nicht nur übertragen", so Trost, der als Beispiel den Damen-Fußball und das große Interesse dafür erwähnt. Dass die Liga jetzt einen Sponsor habe, sei nicht zuletzt Verdienst der Bundesliga-Übertragungen. Oder: "Eine Kletter-WM kannst du nicht refinanzieren, dafür haben wir Gebührengelder."

Die patriotisch angehauchte Regierungsankündigung, die TV-Schutzliste zu adaptieren, wird überwiegend abgelehnt. Rainer Geier (Laola 1) hat "grundsätzlich ein Problem mit mutwilliger Einmischung der Politik in den freien Markt". Bei der Bundesliga sei es "doppelt problematisch". Die Liga und die Vereine hätten sich für Sky entschieden. Und fahren finanziell gut damit, ergänzte Irsigler: "Fakt ist, dass die Vereine der österreichischen Bundesliga noch nie so hohe Budgets hatten wie heute." (omark, APA, 27.9.2018)