Bildungsminister Heinz Faßmann wolle keine "zwangsweise Alles-Muss-Anders werden"-Politik verfolgen, sei aber von diesem Schultyp überzeugt.

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Wien – An heimischen Volksschulen gibt es ab dem kommendem Schuljahr wieder Ziffernnoten – ab dem zweiten Semester in der zweiten Klasse. Gleichzeitig wird aber in allen Klassen zumindest zusätzlich alternativ beurteilt. Die Neuen Mittelschulen verlieren das "Neu" und erhalten ab der zweiten Klasse zwei Leistungsniveaus mit je fünfteiliger Notenskala, kündigte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) bei der Vorstellung des neuen "Pädagogikpakets" am Montag an.

Die verbale Benotung soll jedoch nicht ganz aufgehoben werden. Bis zum Halbjahreszeugnis der zweiten Klasse kann grundsätzlich auch ausschließlich alternativ beurteilt werden – in diesem Fall haben aber Eltern das Recht, auf einer Ziffernnote zu bestehen. Ab dem Ende der zweiten Klasse müssen dann verpflichtend Ziffernnoten vergeben werden, die Verbalbeurteilung bleibt jedenfalls als Alternative bestehen.

Bewertungsraster

Dazu sollen eigene Bewertungsraster entwickelt werden, in denen in abstrakter Form auch klar hervorkommt, was die Kinder können müssen ("Reime erkennen", "elementaren Wortschatz verwenden" et cetera). "Es soll transparenter werden, was die Minimalerfordernisse sind und welches Wissen zu erreichen ist", sagt Projektleiter Klemens Riegler-Picker aus dem Bildungsministerium.

Sitzenbleiben wieder möglich

Ab der zweiten Klasse können Kinder auch wieder sitzenbleiben – das war bisher erst in der vierten Klasse verpflichtend. Weitere Änderungen in der Volksschule: Künftig werden alle Eltern zu Bewertungsgesprächen über Leistungsstärken und Leistungsstand eingeladen (bisher nur bei alternativer Beurteilung), bei Bedarf können Schüler auch zu Förderunterricht verpflichtet werden.

Andere Bewertungsskala

An den Neuen Mittelschulen (NMS) soll es ab der sechsten Schulstufe (2. Klasse) zwei unterschiedliche Leistungsniveaus ("Standard" und "Standard-AHS") geben. Die siebenteilige Bewertungsskala wird abgeschafft, an ihre Stellen treten zwei einander überlappende fünfteilige Skalen. Gleichzeitig bleiben zwar die bisherigen Differenzierungsmöglichkeiten wie Teamteaching erhalten, werden aber durch eine zusätzliche Möglichkeit ergänzt: Schulen können in Deutsch, Mathe und Englisch ab der sechsten Schulstufe auch dauerhafte Gruppen einrichten.

In diesen Gruppen soll dann anhand der beiden Leistungsniveaus unterrichtet werden. Das bedeute aber nicht die Rückkehr zu Leistungsgruppen, so Riegler-Picker. "Man wird nicht einmal im Jahr zugeteilt und bleibt dann dort, sondern man kann unter dem Jahr wechseln."

Freiwilliges zehntes Jahr

Weitere Maßnahme des "Pädagogikpakets", das am Mittwoch vom Ministerrat abgesegnet werden und dann in Begutachtung gehen soll: An Polytechnischen Schulen wird es wieder die Möglichkeit eines freiwilligen zehnten Schuljahrs geben. So sollen rund 400 Jugendliche pro Jahr eine "zweite Chance" erhalten, sagt Faßmann.

Alle Umstellungen sollen bereits ab dem nächsten Schuljahr wirksam werden – eine aufsteigende Umsetzung ab den jeweils ersten Klassen wurde verworfen, um nicht in einem Übergangszeitraum zwei parallele Systeme zu haben.

Kritik von Opposition

Für SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid sind die präsentierten Vorhaben "eine Rückkehr in die Nachkriegszeit, die wir eigentlich überwunden haben". Der Zwang zu Ziffernnoten und Sitzenbleiben für die jüngsten Schüler sei ein massiver Rückschritt, der den Kindern nichts bringen werde.

Stephanie Cox, Bildungssprecherin der Liste Pilz, hält die von Faßmann angekündigten Maßnahmen für einen Ausdruck ideologischer Grabenkämpfe. Die verpflichtende Wiedereinführung der Ziffernnoten sieht sie ebenso als "großen Rückschritt".

"Teufel im Detail"

Für den Vorsitzenden der Pflichtschullehrergewerkschaft, Paul Kimberger, geht das "Pädagogikpaket" grundsätzlich in die richtige Richtung. Für eine endgültige Bewertung fehle allerdings noch der Gesetzesentwurf, sagte Kimberger zur APA. "Meist liegt der Teufel im Detail."

Mit der Abschaffung der siebenteiligen Notenskala an der NMS werde ein langjähriges Anliegen der Lehrer erfüllt, so Kimberger. "Wir haben immer gesagt, dass es ein Problem ist, wenn man in einem einzigen Schultyp eine andere Benotungsform einführt." Auch die Möglichkeit zur schulautonomen Führung von Leistungsgruppen entspreche einem Wunsch der Pädagogen – diese würden zwar nicht jenen der "alten" Hauptschule entsprechen, böten aber die Möglichkeit zum Arbeiten mit verschiedenen Leistungsniveaus. (APA, red, 1.10.2018)