Statt weiteren Rechtsstreitigkeiten zahlt Volkswagen in der Abgasaffäre lieber.

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Wien – Viele Druckmittel hat die österreichische Politik im Poker mit den Fahrzeugherstellern um die Nachrüstung von Diesel-Pkws nicht mehr. Wohl wurden von Konsumentenschützern Sammelklagen eingebracht, aber im Gegensatz zu Deutschland, wo die Politik um die Nachrüstung alter Euro-5-Dieselautos feilscht, bewegen sich Volkswagen und Co hierzulande bis dato nicht.

Nun ist eine weitere Hoffnung perdu. Denn am Landesgericht Linz wurde einer der vielversprechendsten Zivilprozesse zu den Akten gelegt, der nicht nur Anwälten von Dieselgate-Betroffenen als Präzedenzfall galt: In dem Verfahren wurde über ein Gutachten eines renommierten österreichischen Fahrzeugtechnikgutachters der TU Wien bewiesen, dass der von Volkswagen in Audi, VW, Seat und Skoda eingebaute Motor EA189 ohne Manipulationssoftware die Grenzwerte um ein Vielfaches überschreitet.

Mangelhaftes Update

Auch hat das Gericht das Softwareupdate als mangelhaft qualifiziert. Selbiges war zwar nach dem bis September verwendeten Prüfverfahren (NEFZ) legal, hilft aber nicht wirklich. Denn es führt lediglich dazu, dass eine Abgasrückführung zwischen 15 und 33 Grad Außentemperatur erfolgt, was in Österreich nur in vier bis sechs Monaten im Jahr der Fall ist. Dieses sogenannte Thermofenster ist erlaubt, wird von zahlreichen Autoherstellern genützt.

Um Klarheit in dieser reichlich komplizierten Causa mit europäischer Dimension zu erhalten – allein 6,8 Millionen Fahrzeuge von Volkswagen hatten Schummelsoftware eingebaut – legte der Linzer Erstrichter den Akt dem Gerichtshof der Europäischen Union vor und erbat Vorabentscheidung, ob das Softwareupdate nun tatsächlich eine Verbesserung darstellt, wenn es die meiste Zeit des Jahres abgeschaltet und damit wirkungslos ist.

VW hat bezahlt

Aus Luxemburg ist jedoch keine Entscheidung mehr zu erwarten. Denn kaum war der 36-seitige Schriftsatz nach Luxemburg abgeschickt, beglich der vom Volkswagen-Konzern beziehungsweise dessen Österreich-Tochter schadlos gestellte Fahrzeughändler die vor dem Landesgericht Linz erhobene Klagsforderung. Selbst die exorbitant hohen Kosten des sechswöchigen Fahrzeugtests durch den Sachverständigen wurden bezahlt, um das Verfahren zu stoppen.

Die Brisanz dieses Gutachtens bestand darin, dass der Sachverständige die Schummelsoftware austrickste, indem er den Zyklus während der Prüfung kurz verließ, um Sekunden später wieder im Zyklus zu fahren. Die Software vermeinte, auf der Straße zu sein.

Nachahmung empfohlen

Der auf VW-Klagen spezialisierte Rechtsanwalt Michael Poduschka will nun ausnützen, dass Volkswagen im Abgasskandal keine Kosten scheut. Er regt in sämtlichen laufenden Gerichtsverfahren in ganz Österreich an, es dem Linzer Richter gleichzutun. Entsprechende Schriftsätze für rund 320 Klagen gegen Händler und VW sind vorbereitet. "Entweder sind dann alle 270 Einzelverfahren rasch durch Zahlung durch die Gegenseite beendet, oder wir bekommen endlich die Rechtsfrage durch den EU-Gerichtshof gelöst", sagt Poduschka. (ung, 2.10.2018)