Mimmo Lucano wurde verhaftet. Dem Bürgermeister von Riace, der sich seit Jahren für Flüchtlinge einsetzt, wird vorgeworfen, illegale Migration unterstützt zu haben.

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Rom/Wien – Mimmo Lucano, Bürgermeister von Riace, einer 1.820-Seelen-Gemeinde im tiefsten Süden Italiens, ist am Dienstag wegen des Vorwurfes der Begünstigung der illegalen Migration festgenommen und unter Hausarrest gestellt worden. Ihm und seiner Lebensgefährtin wird unter anderem vorgeworfen, Eheschließungen zwischen Einwohnern Riaces und Migrantinnen organisiert zu haben.

Unter den 50 einflussreichsten Menschen

Weil er die Aufnahme von Flüchtlingen auch als Wiederbelebung des kleinen Dorfes im Herzen Kalabriens bezeichnete und sich immer wieder positiv über Migration äußerte, wurde Lucano zu einem Symbol für Integration von Migranten. 2016 hatte ihn das US-Magazin "Fortune" auf die Liste der 50 einflussreichsten Persönlichkeiten der Welt gesetzt. Weil er auch national als ein Held der Integrationspolitik gesehen wird, sorgt seine Festnahme für Aufregung in Italien.

Im vergangenen Jahr begannen allerdings Schwierigkeiten für Lucano: Bei einer Polizeikontrolle im Dorf wurden Unregelmäßigkeiten festgestellt, was den Umgang mit öffentlichen Geldern für die Versorgung der in der Gemeinde untergebrachten Migranten angeht. Daraufhin wurde eine Untersuchung der Staatsanwaltschaft eingeleitet, Lucano wurde festgenommen.

Jahrelanges Engagement

Lucano, seit 2004 Bürgermeister von Riace, hatte sein Dorf zur Heimat der Flüchtlinge erklärt. Dutzende verzweifelte Menschen auf der Flucht vor Krieg und Not, die in den vergangenen Jahren auf Lampedusa und Sizilien gestrandet waren, haben hier eine Unterkunft gefunden. Die Gemeinde stellte Migranten Häuser zur Verfügung, die seit der massiven Abwanderung aus Riace in Richtung Norditalien in den vergangenen Jahrzehnten leer stehen. Für die Integration der Flüchtlinge hat der Bürgermeister eine Reihe von Initiativen in die Wege geleitet, die das alte Dorf wiederbeleben, das lokale Handwerk in Bewegung setzen und die Stärkung der Landwirtschaft ermöglichen sollten.

Lucano hat es sich aber schon vor seiner Wahl zum Bürgermeister zur Aufgabe gemacht, Flüchtlinge in der Gemeinde anzusiedeln, nämlich seit 1998 ein Boot mit 218 kurdischen Flüchtlingen in dem Dorf landete.

Welle an Solidarität

Der Chef der Linkspartei Sinistra Italiana, Nicola Fratoianni, kritisierte die Festnahme des Bürgermeisters. Die Regierung aus der rechten Lega und der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung kriminalisiere all jene Personen, die sich für Migranten einsetzen. Der festgenommene Bürgermeister erhielt auch zahlreiche Solidaritätserklärungen prominenter Mitte-links-Politiker und von Bürgerinnen und Bürgern.

Wenige Tage vor der Verhaftung präsentierte Innenminister Matteo Salvini ein Anti-Immigrations-Paket, das auch Kürzungen für Integrationsprojekte beinhaltete. Salvini begrüßte die Verhaftung von Lucano auf Twitter und brachte auch den Autor Roberto Saviano, der mehrere Bücher über die Mafia schrieb und ein Kritiker Salvinis ist, ins Spiel: "Verdammt, wer weiß, was Saviano und all die anderen Gutmenschen, die Italien mit Migranten füllen wollen, jetzt wohl sagen werden." (red, APA, 2.10.2018)