Bild nicht mehr verfügbar.

Eine geschlossene Schule der UNRWA in Khan Younis.

Foto: REUTERS/Ibraheem Abu Mustafa

Ihren Frust und ihre Wut über Entlassungen und Budgetkürzungen haben einige örtliche Kräfte der UNRWA an ihren ausländischen Kollegen ausgelassen: Aus Sicherheitsgründen mussten mehrere internationale Angestellte des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge am Montag den Gazastreifen verlassen, nachdem sie von lokalen Mitarbeitern bedroht worden waren. Laut Medienberichten wurden hochrangige UNRWA-Mitarbeiter daran gehindert, ihre Büros zu betreten, auch Todesdrohungen sollen ausgesprochen worden sein.

UNRWA-Sprecher Chris Gunness bestätigte den Vorfall, Details nannte er aber nicht. Israelische Medien berichten von mindestens neun ausländischen Mitarbeitern, die über den Erez-Checkpoint nach Israel ausreisten. Der Direktor der UNRWA in Gaza, der Deutsche Matthias Schmale, soll noch vor Ort sein, ebenso sein Stellvertreter.

Sorge um Sicherheit der Mitarbeiter

Die israelische Koordinierungsstelle für Aktivitäten in den Palästinensergebieten, genannt Cogat, berichtete: "Angesichts der Anspannung im Streifen, verursacht durch die finanzielle Krise der UNRWA, und aus Sorge um die Sicherheit der internationalen Arbeiter wurde die Evakuierung durchgeführt."

Die UNRWA leidet unter Geldnot, seitdem die USA – bislang größter Geldgeber – ihre Zahlungen eingestellt haben. Zwar konnte die Organisation vergangene Woche zusätzliche 122 Millionen US-Dollar (105 Mio. Euro) aus Kuwait, der EU und einigen europäischen Staaten auftreiben – nach eigenen Angaben fehlen aber noch immer 64 Millionen Dollar, was zu Stellenstreichungen führt.

Zu den Protesten im Gazastreifen kam es, nachdem 115 Mitarbeiter über ihre Entlassung informiert worden waren. 600 weiteren wurde mitgeteilt, dass sie künftig nur noch in Teilzeit beschäftigt werden können. "Wenn eine Organisation wie UNRWA, die seit 70 Jahren tief in der Gesellschaft verwurzelt ist, in ihrer Arbeit gestört wird, dann hat das weitreichende, tiefgehende und unvorhersehbare Folgen", so Gunness. Im Gazastreifen, wo die Arbeitslosigkeit bei über 50 Prozent liegt, ist die UNRWA auch ein wichtiger Arbeitgeber.

Streit um Zählung

Doch Kritiker werfen der Organisation vor, das Flüchtlingsproblem künstlich aufrechtzuerhalten und eine Lösung des Nahostkonflikts zu erschweren. Die UNRWA zählt nicht nur jene 700.000 Palästinenser als Kriegsflüchtlinge, die 1946 bis 1948 ihre Häuser verließen oder fliehen mussten, sondern auch deren Nachfahren. Die Zahl der palästinensischen Flüchtlinge ist demnach auf mehr als fünf Millionen gestiegen.

Bei aller Kritik an der UNRWA warnen Sicherheitsexperten auf israelischer Seite, dass eine anhaltende Verschlechterung der humanitären Lage Folgen für die Sicherheit haben könnte. Zuletzt starben bei gewaltsamen Protesten an der Grenze sieben Menschen – darunter ein Zwölfjähriger. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 2.10.2018)