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Linz – Die #MeToo-Debatte hat in Österreich hohe Aufmerksamkeit erreicht – und bei vielen Wahlberechtigten den Wunsch nach schärferen gesetzlichen Regelungen ausgelöst. Das ergibt eine vom STANDARD in Auftrag gegebene Umfrage des Linzer Market-Instituts bei 800 repräsentativ ausgewählten wahlberechtigten Österreicherinnen und Österreichern. Demnach stimmen 17 Prozent der Männer vollständig und weitere 33 Prozent teilweise der Aussage zu, "dass im Bereich sexueller Belästigung strengere Gesetze erforderlich sind".

Frauen stimmen dem Wunsch nach strengeren Gesetzen noch deutlicher zu: Jede dritte Frau ist voll und ganz dafür, dass die Gesetze verschärft werden, weitere 37 Prozent sind überwiegend dafür. Im Schnitt sagen 60 Prozent mehr oder weniger deutlich, dass die Regelungen in Österreich zu lax wären.

Die Debatte werde aber von der Politik zu wenig ernst genommen (47 Prozent). Und nur 25 Prozent meinen, dass Belästigungen nun seltener würden.

Zwei von drei österreichischen Wahlberechtigten – 67 Prozent – haben nach eigenen Angaben die #MeToo-Debatte verfolgt – aber die genaue Analyse der Daten zeigt, dass sie sehr unterschiedlich angekommen ist. Zunächst einmal gibt es einen kleinen Unterschied im Interesse von Männern und Frauen: Männer haben dem Thema mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Zudem zeigt sich, dass ältere Befragte sich eher dafür interessieren als jüngere. Und weiters fällt auf, dass die ganze Debatte ein urbanes Thema ist: In kleinen Landgemeinden wurde sie von 58 Prozent der Befragten verfolgt, in Wien von 78 Prozent.

Der STANDARD ließ weiter fragen, wie die Debatte empfunden wird: Wiederum sagen rund zwei Drittel (64 Prozent), dass die Debatte positiv sei – aber hier sind die Männer mit 41 Prozent überdurchschnittlich oft der Meinung, die Debatte sei negativ.

Hier sind deutliche Muster nach der politischen Grundhaltung festzustellen: Die Gefolgschaft von SPÖ, Neos und Grünen empfinden zu jeweils mehr als 70 Prozent die Debatte als positiv, unter den Anhängern der Regierungsparteien liegt der Anteil der positiv Empfindenden bei jeweils 53 bis 54 Prozent. Und: Wer die Debatte intensiver verfolgt hat, empfindet sie auch als positiver.

Bei genauerer Nachfrage ergibt sich, dass 78 Prozent es als mehr oder weniger gut ansehen, dass der Missbrauch von Machtpositionen angesprochen wird.

Schärferer Blick für das Problem

Was die Debatte offenbar bewirkt hat, ist ein schärferer Blick auf das Thema: 55 Prozent der Männer und 47 Prozent der Frauen sagen, dass Männer nun ein besseres Bewusstsein um die Problematik sexueller Übergriffe hätten. Dass Frauen ein besseres Bewusstsein um das Thema bekommen hätten, meinen 59 Prozent der Frauen und 60 Prozent der Männer – wenn auch in unterschiedlicher Intensität.

Noch konkreter gefragt: Der Aussage, "Meine eigene Einstellung zum Thema sexueller Übergriffe hat sich geschärft, ich bin da aufmerksamer geworden", stimmen 13 Prozent der Männer und 12 Prozent der Frauen voll und ganz, jeweils weitere 25 bis 26 Prozent teilweise zu. "Sicher nicht" hat sich die Einstellung bei 24 Prozent geändert, wiederum zeigen sich besonders Anhänger von FPÖ und ÖVP unbeeindruckt.

Von Frauen beschuldigt, von Frauen belästigt

Andererseits sind sich sowohl die befragten Männer als auch die befragten Frauen der Problematik bewusst, dass "oft sehr alte Fälle sexueller Übergriffe angesprochen werden, wo die Männer schwer ihre Unschuld beweisen können" – diese Meinung wird in unterschiedlicher Intensität von zwei Dritteln der Befragten unterstützt.

Gefragt wurde schließlich auch, ob es auch den umgekehrten Fall gibt – wie jenen, mit dem Asia Argento zweifelhafte Berühmtheit erlangt hat: "Glauben Sie, dass es auch umgekehrt zu Übergriffen bzw. sexueller Belästigung durch Frauen an Männern in Österreich kommt oder eher nicht?" Die Antworten sind ziemlich eindeutig – und gleichmäßig in allen Bevölkerungsgruppen verteilt: 13 Prozent meinen, dass es hierzulande oft zu sexuellen Übergriffen durch Frauen kommt, 47 Prozent denken, dass das manchmal passiert. (Conrad Seidl, 6.10.2018)