Zur Planabfahrt um 9 Uhr, die uns selbst gegenüber eh schon sehr zuvorkommend gewählt ist, sitzt der dicke Kater noch in einer der Reisetaschen, und der andere, der Hosenscheißer, streift um die Beine. "Stolpern oder Stangerl" heißt das Spiel, bei dem der Blonde Leckereien erbettelt. Schon allein die pelzigen Kameraden machen es uns unmöglich, ein Fahrzeug mit Fahrplan zu derglängen. Zudem fährt kein Zug vom burgenländischen Hornstein ins italienische Triest. Auch kein Bus.

Herbert hält nichts von großen Reiseplänen mit Autos.
Foto: Guido Gluschitsch

Es ist schon ein großer Teil von Freiheit, dass man für Verspätungen ganz alleine zuständig ist, nicht ein Flug- oder Bahnunternehmen. Gut, das gilt nur so lange, bis man wegen der Brodlerei am Hinweg in Ljubljana in den Stau kommt und am Weg retour an der Grenze steht – weil wir ja streng und dabei höchst erfolglos kontrollieren müssen, wer aus der EU in die EU reist. Aber das ist eine andere Geschichte.

Optionen

Ich habe ja keine Ahnung, wie Sie das handhaben, aber uns reicht ein Kleinwagen für ein Wochenende in Triest nur, wenn wir den Kofferraumdeckel mit einem Spanngurt verzurren. Nein, das ist nicht meiner Frau geschuldet. Jeder von uns hat Kleidung mit, die locker für eine mehrwöchige Expedition wohin auch immer reicht. Es könnte ja A: regnen, B: heiß werden, C: uns Veit Heinichen zum Essen einladen, D: er es wieder nicht tun, und wir gehen zu Harry's Grill oder E: in ein Buffet, weil wir uns als Insider ausgeben wollen, obwohl eh klar ist, dass wir F: zu Marino ins Desideri e Auguri gehen, wie immer – und wir uns dafür sowieso gar nicht umziehen müssen.

Dass wir den Regenschirm dann trotzdem vergessen und am Abend pitschnass in einer Bar enden, muss ich hier nicht ausführen, oder? Ja, wir brauchen Platz. Nicht nur für die Fetzen und Schuhe, die wir mit runter nehmen, sondern auch für jene, die wir unten kaufen, wie für den Wein vom Buzzinelli, und das ganze alte Tschantscherlwerch, ohne das wir unser Lieblingsantiquitätengeschfäft einfach nicht verlassen können. Das ginge mit einem Öffi nie.

Am Weg nach Triest gibt es viele Hindernisse.
Foto: Gabriele Gluschitsch

Wegen der Verspätung, die uns die Katzen eingebrockt haben, sind wir nicht wie geplant zu Mittag beim Korsic im Friaul zum Essen, sondern gerade einmal in der Steiermark, wo wir prompt einen Stopp bei Schwiegermuttern einlegen müssen, die irgendwie spitzbekommen hat, dass wir am Weg nach Italien sind, und darauf besteht, ihrer Tochter etwas Gescheites zu kochen. An ein Weiterkommen ist nicht zu denken, solange nicht alle Nachbarn ausgerichtet, die neuesten Gebrechen von Traktor, Moped und Motorsäge besprochen sind. Zum Glück ist kaum noch Platz im Kofferraum, sonst müssten wir noch was zum Essen mitnehmen. Man weiß ja nie. Und dann fällt Schwiegermutters Blick auf die leeren Getränkehalter, und ich werde das Mobiltelefon die nächsten drei Stunden zwischen den Schenkeln nach Italien führen müssen, weil sei den letzen freien Raum im Auto mit Wasser, Limonade und Kernöl füllt. So kann einem die eigene Familie einen subtilen Strich durch die Familienplanung machen.

Triest. Nona. Von oben, von der Straße aus aufgenommen.
Foto: Guido Gluschitsch

Als wir am Abend in Triest ankommen, ist nicht nur rund ums Hotel kein Parkplatz, auch unsere Park-Geheimtipps haben sich anscheinend bis zu den Triestinern durchgesprochen. Wir fahren so lange durch die Stadt, dass sogar die Tiefgarage hinter der Piazza Unita zur Option wird, obwohl sie fast am anderen Ende von Triest liegt und keiner von uns mehr Lust hat, das ganze Klumpert aus dem Auto quer durch die Stadt zu schleppen. Doch die Garage ist komplett besetzt. Schon ziemlich verzweifelt finden wir eine private Garage, die gerade noch einen Platz frei hat. Sie kostet ein kleines Vermögen, ist dafür nicht einmal fünfzehn Minuten zu Fuß vom Hotel weg. Wir schnappen uns das Notwendigste von den Rücksitzen, schleppen uns erst zum Hotel zum Einchecken und dann zum Marino zur Pasta.

Triest bei Nacht. Nona.
Foto: Guido Gluschitsch

Am Rückweg sind wir erleichtert, dass die Garage schon geschlossen hat. So brauchen wir die schweren Taschen nicht ins Hotel schleppen. Und dann sehe ich, dass ich morgen auch nicht zum Buzzinelli Wein kaufen fahren brauche und wir uns auch das Geld fürs feine Essen oben im Karst sparen werden, weil die Garage erst wieder am Montag in der Früh öffnet. Vermutlich war es das, was mir die junge Dame an der Kassa in einem italienisch-chinesischen Kauderwelsch erzählt hat.

Sie werden es nicht glauben: Triest.
Foto: Guido Gluschitsch

Gut, die Dani war mit dem Bus weitaus günstiger unterwegs, war eher in Triest und pünktlich am Montag in der Früh wieder in der Redaktion. Sie hatte, wie wir auch, keine drei Kisten Wein mit nach Hause genommen, und hat sich erspart, komplett unnötig Wäsche und Schuhe durch die Welt zu führen. Sie konnte während der Fahrt lesen oder schlafen. Letzteres sogar ruhigen Gewissens, weil sie im Bus umweltfreundlicher unterwegs ist. Die Schwiegermutter blieb ihr erspart, wodurch sie sogar schneller unten und wieder oben war – ja, fragen Sie nicht, natürlich mussten wir am Heimweg wieder stehen bleiben. Sie brauchte keinen Parkplatz zu suchen. Sie musste nicht einmal ein kleines Vermögen dafür ausgeben, dass sie nicht zu ihrem Auto konnte.

Man muss also schon ein bisserl suchen, um einen einzigen lausigen Vorteil zu finden, warum man selbst mit dem Auto nach Triest fahren muss. Aber wenn dir der Erste im Sitz hinter dir die Knie ins Kreuz getreten, der Erste in deine Richtung geniest hat, zögerst du. Wenn dir der Typ vor dir die Lehne ins Gesicht gerammt hat, weil du dich gerade in dem Moment gebückt hast, um etwas aus dem Rucksack zu holen, in dem er sich in seinem Sitz entspannt zurücklehnte, dann ist ein rostiger Datsun Sunny ein Premiumfahrzeug. Doch je länger ich darüber nachdenke, umso sicherer bin ich mir: Das nächste Mal probier ich das mit dem Bus. Nur fahr ich damit nicht nach Triest, sondern zum Heurigen in den Nachbarort. (Guido Gluschitsch, 13.10.2018)