Der Merkur in einer Falschfarbenaufnahme, die Oberflächenstrukturen gut sichtbar macht.

Foto: NASA/Johns Hopkins University

Die Raumsonden Mercury Planetary Orbiter (rechts vorn) und Mercury Magnetospheric Orbiter sollen neue Daten liefern.

Illustration: Esa/ATG medialab

Die europäische Weltraumorganisation Esa spricht von einer ihrer schwierigsten Unternehmungen: Nach fast zwei Jahrzehnten der Planung und Vorbereitung soll am 20. Oktober die Mission Bepicolombo endlich ihre lange Reise zum Merkur antreten. Gemeinsam mit der japanischen Weltraumbehörde Jaxa sollen dabei zwei Raumsonden gemeinsam zum kleinsten und sonnennächsten Planeten des Sonnensystems gebracht werden und ihn aus verschiedenen Umlaufbahnen untersuchen.

Der Merkur ist nach wie vor wenig erforscht, erst zweimal hatte er Besuch von der Erde: in den 1970er-Jahren von der Nasa-Raumsonde Mariner 10 sowie von 2011 bis 2015 von der Sonde Messenger. Die Schwierigkeit bei Missionen zum Merkur liegt nicht in der Entfernung: "Nur" 92 Millionen Kilometer liegen im Schnitt zwischen dem Erdorbit und jenem des Merkur. Ein Direktflug ist aber unmöglich. Es ist die Sonne, die Reisen zum Merkur technisch so herausfordernd machen.

Vorbeischwungmanöver

Nicht nur müssen Raumsonden sehr hohe Temperaturen überstehen, auch die Gravitation der Sonne macht sich stark bemerkbar. Will man in eine Merkur-Umlaufbahn einschwenken, sind starke Bremsmanöver nötig – und das kostet viel Energie. Das ist auch der Grund, warum die Reisezeit von Bepicolombo mit ganzen sieben Jahren veranschlagt wird: Die Mission fliegt einmal dicht an der Erde, zweimal an der Venus und gleich sechsmal an Merkur selbst vorbei, um die Geschwindigkeit anzupassen und Treibstoff zu sparen. Erst im Dezember 2025 ist die Ankunft in einer Merkur-Umlaufbahn vorgesehen.

Animation der Reise zum Merkur.
European Space Agency, ESA

Dort wartet eine Vielzahl an wissenschaftlichen Aufgaben. Der europäische Part der Doppelmission, genannt Mercury Planetary Orbiter (MPO), ist für die Oberfläche des Planeten zuständig: Die Sonde soll auf einer polaren, elliptischen Umlaufbahn in einem Abstand von 400 bis 1500 Kilometern um den Himmelskörper kreisen. Die Umlaufzeit wird 2,3 Stunden betragen.

Ausgestattet mit elf wissenschaftlichen Instrumenten soll der MPO den Merkur genau kartieren, die Zusammensetzung der Oberfläche bestimmen und Rückschlüsse auf den Sonneneinfluss und die Entstehungsbedingungen des Planeten erlauben. Auch die ausgesprochen dünne Exosphäre, die Merkur umgibt, soll untersucht werden.

Rätselhaftes Magnetfeld

Die japanische Sonde Mercury Magnetospheric Orbiter (MMO) verfügt über fünf Instrumente und hat den Auftrag, Merkurs Magnetosphäre zu erforschen, also die Region um den Himmelskörper, die unter dem Einfluss des Merkur-Magnetfelds steht. Dieses gibt Wissenschaftern viele Rätsel auf: Das Magnetfeld der Erde wird vorwiegend vom flüssigen Eisenkern unseres Planeten erzeugt.

Merkur, der im Vergleich zu seinem geringen Durchmesser einen sehr großen Eisenkern besitzt, weist aber ein viel schwächeres Magnetfeld auf – warum, ist unklar. Die japanische Sonde, die sich Merkur auf 590 bis 11.600 Kilometer annähern wird, soll außerdem mehr über den Einfluss des Sonnenwinds auf Merkurs Magnetosphäre herausfinden.

Laufzeit: Vier Merkurjahre

Während des Fluges sind die beiden Raumsonden übereinander auf ein Transportmodul montiert und von einem schützenden Sonnenschild umgeben. Erst knapp vor dem Ziel werden sie abgetrennt und einzeln gesteuert. Die Manöver werden zunächst ausschließlich vom Raumkontrollzentrum der Esa in Darmstadt ausgeführt, die Jaxa übernimmt nach Ankunft beim Merkur die Operation ihrer Sonde.

Die Laufzeit der wissenschaftlichen Mission beträgt ein Erdenjahr (in Merkurjahren sind das vier), eine Verlängerung ist aber möglich. Benannt ist die ambitionierte Mission übrigens nach dem 1984 verstorbenen italienischen Mathematiker Giuseppe Colombo. Seine Berechnungen hatten den ersten Flug einer Sonde zum Merkur 1974 ermöglicht. (David Rennert, 11.10.2018)