Drei Volksabstimmungen endeten am Montagabend.

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Die direkte Demokratie hat in Österreich einen guten Stand. Das zeigt nicht nur die rege Beteiligung an den jüngsten drei Volksbegehren. In der Autnes-Nachwahlbefragung 2017 stimmten 43 Prozent der Befragten der Aussage "Das Volk sollte unsere wichtigsten politischen Entscheidungen treffen, nicht die Politiker" sehr oder eher zu. Ein Viertel sprach sich eher oder sehr dagegen aus, während 28 eine Mittelposition ("teils-teils") einnahmen (drei Prozent machten keine Angabe).

Nun kann man zu einem möglichen Ausbau der direkten Demokratie legitimerweise die unterschiedlichsten Positionen vertreten. Viele Wähler werden also begrüßen, dass die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsabkommen auch eine Aufwertung von Volksbegehren geplant haben. Ab 900.000 Unterschriften soll automatisch eine Volksabstimmung stattfinden (sofern internationale Verpflichtungen, Europarecht und Grundrechte nicht berührt sind).

Interessant ist aber, dass just bei jenen, die besonders dazu neigen, sich abseits von Wahlen politisch zu betätigen, die Skepsis gegenüber der direkten Demokratie am stärksten ausgeprägt ist. Wenn wir die Befragten im Autnes-Survey anhand der oben zitierten Frage in Befürworter (sehr oder eher für Volksentscheide), Skeptiker (sehr oder eher dagegen) und Unentschiedene (teils-teils) einteilen, dann können wir vergleichen, in welchem Ausmaß diese Gruppen angeben, schon einmal folgenden politischen Aktivitäten nachgegangen zu sein:

  • Unterzeichnung einer Unterschriftenaktion
  • Mitarbeit in einer Bürgerinitiative
  • Teilnahme an einer Demonstration
  • Kontaktaufnahme mit einem Politiker

Eigentlich wäre es nicht abwegig anzunehmen, dass diese Formen von Aktivismus bei Leuten, die mehr direkte Demokratie befürworten, stärker ausgeprägt sind. Immerhin geht es in allen Fällen um politische Beteiligung, die über das Ankreuzen eines Stimmzettels am Wahltag hinausgeht.

Die Grafik zeigt allerdings, dass das Gegenteil zutrifft: Direkte Formen politischer Beteiligung sind bei Skeptikern der direkten Demokratie in Summe stärker ausgeprägt. Bei Bürgerinitiativen sind die Unterschiede zwar marginal, bei den anderen Aktivitäten aber zum Teil stark ausgeprägt. Direkte-Demokratie-Skeptiker nehmen etwas stärker an Unterschriftenaktionen teil, gehen deutlich öfter demonstrieren und treten häufiger mit Politikern in Kontakt.

Wie kommt es aber, dass Leute, die für mehr direkte Demokratie eintreten, selbst politisch weniger aktiv sind? Eine mögliche Erklärung wäre, dass die Zustimmung zur direkten Demokratie weniger Zeichen eines aktiven Beteiligungswunsches ist, sondern Ausdruck einer Unzufriedenheit mit den politischen Eliten oder überhaupt einer Entfremdung vom politischen System. Wenn dem tatsächlich so ist, dann stellt sich am Ende die Frage, ob ein Ausbau der direkten Demokratie diesen Teil der Wählerschaft überhaupt dazu bewegen kann, sich stärker zu beteiligen. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 11.10.2018)