Menschen aus ganz Österreich haben sich vergangenen Samstag zum politischen Diskurs im Rahmen von "Österreich spricht" getroffen. Wie das Gespräch erlebt wurde, worüber sie gesprochen haben und was sie für sich mitnehmen, haben Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Aktion verraten.

Wie haben Sie das Gespräch erlebt?

War es eine konstruktive Diskussion? Welche Erwartungen hatten Sie – und wurden diese erfüllt? Hat das Gespräch bei Ihnen mehr Verständnis für politisch Andersdenkende bewirkt? Was nehmen Sie für sich persönlich aus dem Treffen mit?

Zum Thema

Einig in der Diagnose sozialer Probleme waren sich Josef Wukovits und Mika Boros. Bei der Suche nach "erfolgreichen Therapien" gingen die Ansätze dann aber doch noch auseinander.

Foto: Josef Wukovits, Mika Boros

Bei Thema Trump waren sich Hans Knoll und Wilhelm Schenker dann doch nicht so einig wie bei allen anderen Punkten. "Wilhelms Meinung, warum er Trumps politische Methoden positiv sieht, besteht darin, dass er durch seine Politik das derzeit bestehende 'westliche Wertesystem' zerstören würde und dadurch ein neues, menschlicheres und dauerhaftes entwickelt werden wird. Dieser Ideologie konnte ich nicht wirklich folgen", so Hans Knoll über das Gespräch.

Foto: Hans Knoll

Alev Korun hat sich mit Wolfgang Ullram getroffen. "Unser Gespräch war sehr angenehm. Obwohl angekündigt war, dass der Gesprächspartner jemand mit konträren Ansichten sein würde, waren wir uns bei vielen Themen einig und haben auch über unsere Familien und Kinder geredet. Danke für diese Gelegenheit zum Austausch! Mir ist bewusst geworden, wie unterschiedlich das Leben am Land und in der Stadt ist und wie wichtig es ist, offen für andere Meinungen zu bleiben. Das ehrenamtliche Engagement meines Gesprächspartners hat mich sehr beeindruckt. Wir planen, in Kontakt zu bleiben", berichtet Korun vom Treffen.

Foto: Wolfgang Ullram, Alev Korun

"Trotz unterschiedlich gewählter Parteien haben wir eine sehr ähnliche Einstellung zum Leben. Die Unterschiede ergaben sich lediglich durch gegensätzliche Sichtweisen", konnte Carina Hofer bei ihrem Treffen mit Gernot Granitzer feststellen.

Foto: Carina Hofer

Jakob Grasmann und Ernst Steiner unterhielten sich bei ihrem Treffen im Café Prückel unter anderem über die Regierung, Rauchen in Lokalen und Trump.

Foto: Ernst Steiner

"Der Solidarstaat ist mit seinem umfassenden Gemeinwesen mit allen demokratischen Mitteln zu verteidigen", lautet das Fazit des Treffens von Jürgen Weyland und Johanna Berger.

Foto: Jürgen Weyland

Walter Geroldinger und Gerhard Wirth haben sich über die Stärken und Schwächen der Demokratie, Migration und Integration und Europa und den Extremismus unterhalten und manchen Gedanken gemeinsam weiterentwickelt.

Foto: Walter Geroldinger

Heinz Meisnitzer erzählt über sein Gespräch mit Elisabeth Platzer: "Beim Thema Rauchen bin ich überzeugt, dass ein Rauchverbot zwingend ist für unsere Gesellschaft. Meine erste Frau starb an Lungenkrebs, und ich denke, dass Elisabeths Blick auf das Thema durch das Gespräch eine Veränderung bekommen hat. Sie hat ihre Meinung nicht aufgegeben, aber sie konnte durch meine Augen etwas erkennen, was sie vorher nicht so sehen konnte."

Sein Fazit lautet: "Wir sollten viel mehr mit den Menschen reden, die anderer Meinung sind."

Foto: Heinz Meisnitzer

Nicht ganz einig waren sich Alex Samyi und Robert Orieschnig bei der Zuwanderungsfrage – doch es gab Annäherungen. "Jedes Land soll erfassen dürfen, wer hereinkommt. Ja, schon, aber das darf nicht damit einhergehen, dass auch an den Binnengrenzen Europas wieder kontrolliert wird. Ich fahre sehr oft über die aus meiner Sicht als EU-Bürger nicht mehr vorhandenen Grenzen. Ich will das, was sich da vorher abgespielt hat, nicht noch einmal erdulden müssen. Mein Gesprächspartner schien das gut zu finden, dass ich gegenseitigen Respekt einfordere. Die Gesetze eines Landes einzuhalten, egal ob man heimisch ist oder fremd, sollte selbstverständlich sein. Es darf nicht normal werden, dem anderen, der gerade angekommen ist, prinzipiell zu misstrauen", so Samyi.

Austauschen konnten sie sich auch darüber, "dass es sehr förderlich für die Demokratie in Österreich wäre, wenn es regelmäßig solche Gespräche von verschieden denkenden Bürger/-innen miteinander gäbe – vielleicht sogar für alle, einschließlich der Zugewanderten, so etwas wie ein wöchentliches Gemeinde-Jour-fixe. Das dumme Volk, das gibt es nicht mehr, aber immer mehr Menschen, die immer weniger Sinn darin sehen, politisch interessiert zu sein."

Alex Samyi

Johanna Tabernig stellte bei ihrem Gespräch mit Clemens Köfler Folgendes fest: "Sehr interessant fand ich, dass wir bei den meisten Themen eine ähnliche Grundeinstellung hatten, auch wenn wir unterschiedlicher Meinung zu politischen Umsetzungen und Entscheidungen waren. In einem kurzen, oberflächlichen Austausch hätten wir das sicherlich nicht festgestellt. Das war für mich die spannendste und wichtigste Erkenntnis an diesem Nachmittag, und ich habe mir vorgenommen, vor allem bei Personen mit gegenteiliger Meinung genauer nachzufragen."

Foto: Johanna Tabernig

"War schön, einmal zwei Stunden mit einem völlig unbekannten Gegenüber zu diskutieren", so Günter Winterstätter über sein Gespräch mit Ernst Öller.

Foto: Günter Winterstätter

Christian Sonntag fühlte sich mit seinem Gesprächspartner Marques Lobo sehr wohl: "Das war das denkbar beste Gespräch mit einer mir unbekannten Person, das ich je hatte. Ein Drittel der Zeit haben wir gegrinst oder uns gemeinsam blöd gelacht, vielleicht auch ob derselben Generation."

Foto: Christian Sonntag

Ihr "Blind Date" bewerten Norbert Ehrlich und Wolfgang Holzer als sehr positiv. Es ging unter anderem um persönliche bereichernde Begegnungen mit Menschen islamischen Glaubens und die EU.

Foto: Wolfgang Holzer

Marika Altmann berichtet über ihr Treffen mit Christoph Kappler: "Es war ein sehr anregendes Gespräch zwischen zwei Generationen. Wir waren im Großen und Ganzen einer Meinung, aber die Ansätze meines jungen Gesprächspartners waren besonders interessant. Ich habe mir viel mitgenommen, unter anderem, dass es eines neuen Kodexes bedarf (ich nannte es dann "neue Zehn Gebote"), der den Menschen von klein auf mitgegeben wird. Der Inhalt muss noch diskutiert werden. Jedem muss klar sein, dass Herkunft und Geschlecht eines Menschen völlig egal sind. Ich habe das erste Mal verstanden, dass das Gendern sehr wichtig ist und warum. Mein junger Partner ist angetreten, den Kapitalismus abzuschaffen. Ich verstehe und teile die Frustration, und wir haben sehr verschiedene Ansätze."

Foto: Marika Altmann

"Wir hatten eine gute Diskussion und konnten feststellen, dass wir in den meisten Punkten übereinstimmen", erzählt Daniel Bogner. Alfred Mostegl sagt dazu: "Dies war deshalb möglich, weil wir durch Zuhören verstehen konnten, wie der Gesprächspartner einzelne Themen sieht. Im Endeffekt ein sehr interessantes Gespräch."

Foto: Alfred Mostegl

Dass sie die "Welt auch zu zweit nicht retten können", erkannten Verena Oppolzer und Christine Goldberg im Gespräch. "Aber die Politik der kleinen Schritte, die mit anderen, die in die gleiche Richtung gehen, abgestimmt ist, kann zu großen Erfolgen führen; auch und speziell bei den heißen Themen der Gegenwart (zum Beispiel Umweltzerstörung, Klimawandel, Flüchtlingsströme)."

Foto: Verena Oppolzer

Ein "lehrreiches und heiteres" Gespräch hatten Albert Wittwer und Dietmar Steinmair.

Foto: Albert Wittwer

"Die demokratische Öffentlichkeit ist ein 'Garten', den man holistisch betrachten muss und aus dem man nicht Elemente, die einem nicht passen, einfach entfernen kann: 'Wenn man die Schnecken wegmacht, kommt der Igel nicht mehr'", erzählt STANDARD-Datenjournalist Sebastian Kienzl über die interessante Sichtweise seiner Gesprächspartnerin Nina Schnider.

Foto: Sebastian Kienzl

"Interessante, gute Erfahrung, einen unbekannten Menschen kennenzulernen, der dann doch ähnlicher ist als ursprünglich angenommen", fasst Klaudia Dsubanko ihr Treffen mit Jakob Ulrich zusammen.

Foto: Klaudia Dsubanko

Reinhard Scholda hat bei seinem Treffen gelernt, "dass man auch von jemandem, mit dem man grundsätzlich einer Meinung ist, neue Aspekte und Blickwinkel des eigenen Standpunkts lernen kann. Neue Zugänge zu alten Themen – auch das ist ein Blick über den Tellerrand."

Gertrude Rabl berichtet: "Der einzige wirkliche Dissenspunkt war die Frage, ob der Islam mit den europäischen Werten kompatibel ist. Wir haben uns zunächst um die Klärung bemüht, was mit 'der Islam' und was mit 'europäischen Werten' gemeint ist. Wir haben uns allerdings relativ rasch darauf geeinigt, dass der Islam als Wertekanon, so wie man ihn als Nichtmuslim aus den Medien kennt, eher nicht mit den Werten der europäischen Aufklärung vereinbar ist. Weiters waren wir uns aber auch schnell einig, dass es sehr viele Muslime gibt, die auch nach den Werten der Aufklärung leben und somit sehr wohl einen Platz in Europa haben." (17.10.2018)

Foto: Getrude Rabl, Reinhard Scholda