Im saudischen Konsulat in Istanbul wurden offenbar Beweise für die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi gefunden.

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Salman bin Abdulaziz Al Saud empfing Mike Pompeo in Riad.

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Istanbul – Ein hochrangiger türkischer Behördenvertreter hat am Dienstag mitgeteilt, dass die Polizei einen "gewissen Beweis" für die Ermordung des verschwundenen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul bei der Durchsuchung dort gefunden hat. Das twitterte die Agentur AP am Dienstag.

Das saudi-arabische Konsulat in Istanbul war zuvor neun Stunden lang durchsucht worden. Die türkischen Behörden prüfen offenbar auch, ob im Zusammenhang mit dem Verschwinden des Journalisten Gift eingesetzt wurde. Die Ermittler gingen "vielen Dingen nach, wie etwa toxischen Materialen und solchen Materialen, die entfernt wurden, indem sie übermalt wurden", sagte Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Dienstag vor Journalisten.

Die türkische Polizei will noch am Dienstag auch die Residenz des saudischen Konsuls in Istanbul untersuchen. Noch bevor die Behörden eintrafen, hatte sich der Konsul selbst nach Riad abgesetzt, Medienberichten zufolge ist Mohammed al-Otaibi um 17 Uhr mit einer Linienmaschine in die saudische Hauptstadt geflogen. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, hatte zuvor die Aufhebung der Immunität von allen saudischen Diplomaten in der Türkei gefordert, die Ermittler befragen wollen.

Sanfte Töne von Pompeo

Nach dem Verschwinden von Khashoggi wächst international der Druck auf Saudi-Arabien, Licht in den mysteriösen Fall zu bringen. US-Außenminister Mike Pompeo kam am Dienstag in der saudischen Hauptstadt Riad mit König Salman und Kronprinz Mohammed bin Salman zu Krisentreffen zusammen. Pompeo schlug hier aber auffallend sanfte Töne an. Danach hieß es vorerst lediglich, Pompeo und Mohammed bin Salman hätten sich auf "die Wichtigkeit einer gründlichen und transparenten Untersuchung" geeinigt, die Antworten bringen solle.

DER STANDARD

US-Präsident Donald Trump hatte seinen Außenminister in das islamisch-konservative Königreich geschickt, um Licht in den Fall zu bringen. Pompeo wird am Mittwoch in der Türkei erwartet, wo Khashoggi bei einem Besuch des saudischen Konsulats in Istanbul unter ungeklärten Umständen verschwunden ist.

Khashoggi war am 2. Oktober in das saudische Konsulat gegangen, um dort Papiere für seine geplante Hochzeit abzuholen. Seine türkische Verlobte wartete jedoch vor dem Gebäude über Stunden vergeblich darauf, dass der Journalist wieder herauskommt. Khashoggi lebte seit mehr als einem Jahr im selbst gewählten US-Exil und schrieb unter anderem für die Zeitung "Washington Post" regimekritische Artikel über Saudi-Arabien.

Saudi-Arabien bestreitet jede Verwicklung in den Fall. Mehrere US-Medien berichteten jedoch, das Königreich bereite eine Erklärung vor. Darin soll es unter anderem heißen, ein Verhör mit Khashoggi sei schiefgegangen. Dem Sender CNN zufolge soll es einen Plan gegeben haben, den Journalisten zu entführen, aber nicht zu töten. Eine solche Erklärung wäre der Versuch, den Druck von Riad zu nehmen.

Prinz wirft Riad versuchte Verschleppung vor

Ein saudischer Dissident erhebt unterdessen schwere Anschuldigungen gegen das Königreich. Der in Deutschland lebende Prinz Khalid bin Farhan al-Saud sagte der Deutschen Presseagentur, Vertreter der saudischen Regierung hätten ihn erst vor wenigen Wochen in eine Falle locken wollen, um ihn nach Saudi-Arabien zu verschleppen.

"Ein paar Tage vor dem Verschwinden Khashoggis haben sie mit einem Verwandten von mir in Kairo gesprochen und ihm einen Scheck gezeigt." Dem Verwandten sagten sie demnach, sie wollten dem Prinzen wegen seiner angeblichen finanziellen Probleme helfen. "Ich müsste den Scheck nur in der saudischen Botschaft in Ägypten abholen." Wenn er dem Ruf gefolgt wäre, so ist sich Prinz Khalid sicher, wäre er genauso verschwunden wie Khashoggi. Anfragen an die saudischen Behörden zu den Vorwürfen blieben unbeantwortet.

Verschwundene Prinzen

Die BBC dokumentierte vergangenes Jahr drei Fälle, in denen kritische Prinzen des weitverzweigten Königshauses im Exil verschwanden: Prinz Sultan bin Turki befand sich den Recherchen zufolge im Jänner 2016 in Paris, als er seinen Vater in Kairo besuchen wollte. Das saudische Konsulat bot einen Privatjet nach Ägypten an, der jedoch mit dem Prinzen nach Riad flog. Auch zwei weitere Prinzen, Turki bin Bandar und Saud bin Saif al-Nasr, verschwanden in Europa. Hier gibt es ebenfalls Hinweise auf Entführungen. (red, APA, 16.10.2018)