Ende Mai 2019 soll das Spital in Floridsdorf bezogen werden. Die Untersuchungskommission wird zu dem Zeitpunkt schon beendet sein.

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Wien – Richtig spannend wurde es am Dienstag in der Untersuchungskommission zum Krankenhaus Nord erst am Abend. Erstmals sprach ein Zeuge klar aus, dass sich das Stadtratsbüro für Gesundheit stark in das Projekt Krankenhaus Nord eingemischt hatte. Friedrich Prem war von 2000 bis 2006 Leiter der Baurevision des Krankenanstaltenverbundes (KAV), danach leitete er den Bereich Technik, 2015 wurde er in Karenz geschickt – bis 2025 bleibt er Bediensteter der Stadt Wien. Als er gemerkt habe, dass seine Zeit beim KAV abläuft, gründete er ein Unternehmen in Berlin, wo er jetzt arbeitet.

Der Experte für Baumanagement ließ tief in die organisatorischen Probleme im KAV blicken. Wiederholt war der Wechsel in der Führungsriege Thema. "Mit der Einsetzung von Thomas Balázs und Udo Janßen wurden alte Strukturen aufgelöst, aber keine neuen eingesetzt", sagte Prem.

Größter Fehler: Einmischung aus Politik

Mit dem Krankenhaus Nord war Prem zum Zeitpunkt seiner Karenzierung nicht mehr befasst. Anfang Februar 2008 habe er ein ernstes Gespräch über das Projekt mit dem damaligen Generaldirektor Wilhelm Marhold gehabt, mit dem er immer ein sehr konstruktives Verhältnis gehabt habe. Er habe Marhold mitgeteilt, dass das Projekt nicht optimal strukturiert sei. Drei Tage später sei Prem gesagt worden, dass er sich keine Gedanken über das Spital mehr machen müsse – das gehe ihn nichts mehr an. Interessant dabei: "Wortführer" sei Kurt Dullinger gewesen, der letztes Mal Zeuge in der Kommission war. Er sei mehr als ein externer Rechtsberater gewesen, sagte Prem. "Dort wo ich bin, ist das Projekt", sei der Standardspruch von Dullinger gewesen.

"Die starke Vermischung zwischen Stadtratbüro, KAV und Bauprojekt ist sicher eine, die generell ein hohes Risiko bei der Projektdurchführung mit sich bringt", antwortete Prem auf die Frage, was der größte Fehler beim Projekt gewesen sei. Er habe auf eine Trennung zum Stadtratbüro geachtet, aber weit verbreitet gewesen sei das nicht.

Besonders gemerkt habe er den Einfluss beispielsweise im Jahr 2012. Damals sei er mit der baulichen Umsetzung des Wiener Spitalskonzepts beschäftigt gewesen – bis eine Weisung aus dem Stadtratbüro kam, dass dieses Projekt nicht weiter verfolgt werden solle. "Für mich war das schwer nachvollziehbar."

Risiko war bekannt

Am Dienstag waren statt Politpromis wieder fachliche Experten geladen. Unter anderem Andreas Kropik – Professor für Baurecht an der TU Wien und mit einem kleinen Beratungsunternehmen selbstständig. Für den KAV hat er ein Gutachten zur Vergabestrategie erstellt, nachdem klar war, dass das Modell, mit einem Konsortium aus Porr, Siemens und Vamed zu bauen, scheitert. Der KAV ging bekanntlich den Weg, sehr viele Gewerke einzeln auszuschreiben und keinen Generalplaner zu engagieren, stattdessen gab es mit Albert Wimmer einen Teilgeneralplaner.

Diese Mischvariante empfahl auch Kropik in seinem Gutachten – inklusive Hinweis darauf, dass dieser Weg ein hohes Ausmaß an Schnittstellenmanagement erfordere. Ob der KAV diesen Ratschlag komplett ignorierte oder nur unzureichend umsetzte – hier gab es bekanntlich große Probleme, die in Mehrkosten resultierten –, konnte Kropik nicht beurteilen.

Ex-Finanzchef kritisiert Rechnungshof

Apropos Kosten: Geladen war auch der ehemalige Wiener Finanzdirektor Richard Neidinger. Seit Juni 2013 ist er im Ruhestand, zuvor war er beziehungsweise seine Behörde aber natürlich auch mit dem KAV und dem Krankenhaus Nord betraut – "sowie mit jedem größeren Projekt, das in der Stadt gerade ansteht". Von Neidinger erhofften sich die Abgeordneten eine Antwort auf eine weitere maßgebliche Kritik des Rechnungshofs: dass das vorzeitige Abrufen des Darlehens der Europäischen Investitionsbank (EIB) zu Mehrkosten von 30 Millionen Euro geführt hätte. "Ich kann diese Rechnung nicht nachvollziehen", wählte der ehemalige Finanzchef deutliche Worte. Auch die Kritik des Rechnungshofes, bei der Aufnahme des EIB-Kredits seien keine Vergleichsangebote eingeholt worden, wies Neidinger zurück. Auch der Rechnungshof habe eben nicht immer recht.

Thema war auch, wie es um die Unabhängigen des ehemaligen Finanzchefs bestellt war. Neidinger sitzt im Aufsichtsrat der Vamed, die ja Teil des Konsortiums war, das vier Jahre lang mit dem KAV verhandelte. Neidinger sieht darin überhaupt kein Problem, einige Abgeordnete sahen das gänzlich anders und als problematisch an.

Von Angst und Hosenträgern

Mögliche Absprachen waren auch zuvor bei Kropik Thema. Denn er war nicht nur mit dem Gutachten beauftragt worden, sondern auch um sicherzustellen, dass Unternehmen aus dem Konsortium bei den späteren Bieterverfahren für einzelne Gewerke keinen Wissensvorsprung hatten. Den Zuschlag für den Rohbau bekam für 98 Millionen die Porr – schlussendlich wurden aber 160 Millionen Euro in Rechnung gestellt. Ein Wissensvorsprung, etwa bezüglich Zahlungsbereitschaft oder ähnlichem, sei auszuschließen, sagte Kropik. "Rohbau ist kein Gewerk, wo es so viel Internes gibt, das man weitergeben könnte."

Warum beim Projekt in Floridsdorf überhaupt so viel schiefgelaufen war, konnte Kropnig nicht einschätzen. Nur so viel könne er sagen: "Das, was ein Projekt häufig tötet, ist die Angst. Ich glaube, bei dem Projekt hat es schon mehrere Anzeichen gegeben, dass man den Hosenträger zum Gürtel dazugebraucht hat, um die Angst etwas kleiner zu machen." Er habe sich oft wie ein Hosenträger gefühlt.

Abrechnung mit ehemaliger KAV-Führungsriege

Prem kam später auf das Hosenträger-Zitat von Kropik zu sprechen. Der starke Rückgriff auf Gutachter sei ein Indiz für eine schwache Führung. Verteidigt wurde von dem Experten für Baumanagement der Rückgriff auf externe Expertise bei Rechtsfragen. "Es gibt einfache Vergabeverfahren, da kann auch eine unqualifizierte Organisation nicht viel Schaden anrichten. Die liefen im KAV mehr schlecht als recht, aber sie liefen. Anders sieht es mit komplexen Verfahren aus – da war der KAV zu meiner Zeit sicher nicht in der Lage. Das kann man völlig ausschließen. Aus meiner Sicht ist es richtig, eine auf Vergaberecht spezialisierte Kanzlei zu beauftragen."

Wie es mit der Kommission weitergeht

Für die politische Aufklärung ist zwar noch bis ins Frühjahr Zeit, die Zeugenliste ist aber noch lang, und viele Abgeordnete haben die Sorgen, dass man unter Zeitdruck kommen könnte. Nun wurde deswegen geprüft, ob die Kommission auch am Wochenende tagen könnte. Rechtlich gebe es dafür keine Hindernisse. Allerdings würde eine achtstündige Sitzung am Samstag zu Mehrkosten von 13.000 Euro und am Sonntag zu 17.000 Euro führen. Es bleibt also bei Sitzungen unter der Woche. (lhag, 16.10.2018)