"Immerhin ist es jetzt einmal so weit gekommen, dass ein Täter verurteilt wurde", sagt Nicola Werdenigg.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Nicola Werdenigg hat das Urteil gegen den ehemaligen Trainer der Schladminger Ski-Akademie "mit gemischten Gefühlen" zur Kenntnis genommen, sie will das Strafmaß "nicht kommentieren". Der mittlerweile als Lkw-Fahrer tätige Mann war auch in zweiter (und letzter) Instanz wegen Missbrauchs eines 15-jährigen Schülers schuldig gesprochen worden, die Strafe wurde vom Oberlandesgericht Graz allerdings deutlich verringert. Aus zwölf Monaten, davon vier Monate unbedingt, die das Landesgericht Leoben verhängt hatte, sind acht Monate bedingt (plus eine Geldstrafe von 3.600 Euro) geworden.

"Immerhin ist es jetzt einmal so weit gekommen, dass ein Täter verurteilt wurde", sagt Werdenigg dem STANDARD. "Jetzt kann niemand mehr behaupten, dass Missbrauch im Skisport kein aktuelles Thema mehr wäre, sondern ausschließlich Jahrzehnte zurückliegen würde." Die in Wien lebende Tirolerin hat "maßlosen Respekt vor dem Buben und der Familie", die den Trainer vor Gericht gebracht haben. "Der Weg, den sie gehen mussten, war kein leichter. Dieser Bub ist jetzt ein großes Vorbild."

"Sie sind nicht alleine"

Werdenigg hofft, dass sich Missbrauchsopfer künftig vermehrt trauen, Übergriffe zur Anzeige zu bringen. "Sie müssen wissen, dass sie nicht alleine sind, sondern dass es wirklich viele gibt, die hinter ihnen stehen."

Die ehemalige Skirennläuferin, die 1976 Olympiavierte in der Abfahrt war, hatte im November 2017 ihre Vergewaltigung durch einen ÖSV-Teamkollegen sowie sexuellen Missbrauch am Skiinternat Neustift durch einen pädophilen Heimleiter in den 1970er-Jahren öffentlich gemacht hatte. Später gründete Werdenigg gemeinsam mit der Psychologin Chris Karl die Plattform #WeTogether, eine Initiative gegen Machtmissbrauch im Sport. Nicht zuletzt kümmert sie sich um Missbrauchsopfer, auch den ehemaligen Schüler der Ski-Akademie Schladming und dessen Familie hat #WeTogether über Monate beratend begleitet.

Drohendes Ende der Karriere

Wie der STANDARD berichtete, hat der mittlerweile 16-Jährige die Ski-Akademie Schladming, an der sich nach der Anzeige Mobbing ausgesetzt sah, verlassen und vergeblich darauf gehofft, in einer ähnlichen Einrichtung unterzukommen. Er besucht nun eine Schule, die nichts mit Spitzensport zu tun hat, seiner Karriere droht ein frühes Ende. (Fritz Neumann, 19.10.2018)