Ulrike C. Tscharre und Serienpartner Fritz Karl in "Meiberger" auf Servus TV.

Foto: ServusTV / Monafilm / Olaf R. Benold

Nach "Trakehnerblut" ist "Meiberger – Im Kopf des Täters" die zweite fiktionale Serie von Servus TV. Fritz Karl geht als Gerichtspsychologe Thomas Meiberger auf Verbrecherjagd, Ulrike C. Tscharre spielt die Staatsanwältin Barbara Simma. Dabei sind noch Cornelius Obonya, Hilde Dalik oder Otto Schenk. Die achtteilige Serie spielt in St. Gilgen am Wolfgangsee und in der Stadt Salzburg – zu sehen ist sie ab Dienstag um 20.15 Uhr.

STANDARD: Sie nennen in der Serie Fritz Karl, der den Ermittler spielt, "Herr Magister". Sie sind Frau Doppeldoktor. Ist das der österreichischen Titelgeilheit geschuldet? In Deutschland würde man wahrscheinlich auf so eine Anrede verzichten.

Tscharre: Meine Bekannten, die Magister oder Doktoren sind, sagen, dass sie es nur verwenden, wenn sie zum Beispiel auf Wohnungssuche sind. Dieses "Herr Magister" in der Serie benutzt sie mehr als Spiel. Mit einem Augenzwinkern, um sich zu frotzeln.

STANDARD: Typisch österreichisch?

Tscharre: So wie das in Österreich ist, ist das bei uns bestimmt nicht. Die Frau, die mit einem Arzt verheiratet ist, ist nicht automatisch die Frau Doktor. Ich finde das sehr lustig, dass im Vergleich in Österreich die Adelstitel abgeschafft sind, in Deutschland hingegen nicht. Das passt nicht und müsste andersrum sein (lacht).

Malerische Kulisse.
Foto: ServusTV / Monafilm / Olaf R. Benold

STANDARD: Sie sind ja Halb-Österreicherin, haben aber noch nie bei einer österreichischen Produktion mitgewirkt. Warum?

Tscharre: Ich habe zwei Pässe und zwei Staatsbürgerschaften. Für mich war das ein Mitgrund,diese Serie zu machen. Ich fand es so schön, einmal in Österreich arbeiten zu können. Bisher fand mein Berufsleben immer in deutschen Produktionen statt. Jetzt hat es sich so angefühlt, als hätte sich meine österreichische Seite komplettiert. Ich werde als deutsche Schauspielerin wahrgenommen und häufig sind das einfach Zufälle, wo man lebt und wo man sich gerade aufhält. Kollegen in München haben zum Beispiel aufgrund der geografischen Nähe viel häufiger in Österreich zu tun.

STANDARD: Wären Sie gerne regelmäßig in österreichischen Produktionen vertreten?

Tscharre: Da ich den österreichischen Film sehr schätze, wünsche ich mir das definitiv. Es gibt hier so viele ungewöhnliche, kleine Kinoproduktionen.

STANDARD: Was macht den österreichischen Film so charakteristisch?

Tscharre: Im Vergleich zu Deutschland ist er dunkler und skurriler. Österreich hat durch Filmemacher wie David Schalko oder Josef Hader eine eigene Sprache entwickelt, auch wenn die zwei sehr unterschiedlich sind. Im Erzählen, den Bildern und im Zeichnen der Figuren. Sie trauen sich in Österreich mehr. Vielleicht existiert hier eine größere kreative Freiheit und Bereitschaft zu sagen, na gut, dann macht mal. Das führt dazu, dass es viel schrägere Sachen gibt und mehr Ausschläge nach rechts und links.

STANDARD: Ein Beispiel?

Tscharre: Bei einer Geschichte wie "Die wilde Maus" ist alles drinnen. Josef Hader hat sich eine großartige Figur überlegt. Er spielt das wahnsinnig reduziert. Ich sehe das und denke, der Typ könnte neben mir wohnen. Das ist jemand, an dem man immer vorbeisieht. Und jetzt kann ich ein bisschen in sein Leben schauen. Diese Welt, die er da aufmacht, mit diesem unglaublichen tollen Schlussbild, wo er da im Schnee sitzt. Das ist einfach sehr speziell.

Josef Hader in "Die wilde Maus".
Foto: WEGA Film

STANDARD: Ist der österreichische Film auch politisch weniger korrekt?

Tscharre: Das könnte ich nicht unterschreiben, dass man in Deutschland versucht, politisch korrekter zu sein. Vielleicht gibt es aber in Österreich mehr den Wunsch, politisch unkorrekter zu sein, weil die Ausschläge womöglich auch größer sind als bei uns. Was sich in Deutschland jetzt auch eine Bahn bricht: Bei der Unteilbar-Demonstration in Berlin waren 240.000 Leute auf der Straße, um für eine offene, freie Gesellschaft zu demonstrieren und zu sagen: Wir sind mehr, die anders denken. Vielleicht war in Österreich der Wunsch früher da, sich zu artikulieren, auch in der kreativen Szene.

STANDARD: Sie sind ja politisch engagiert. Auf Ihrer Facebook-Seite haben Sie sich zur Hetze in Chemnitz sehr klar geäußert und geschrieben: "Schämt euch! Ihr seid nicht das Volk!"

Tscharre: Nach Chemnitz habe ich überlegt, ob ich mich äußern soll oder nicht. Ich hatte aber das Bedürfnis, nachdem ich die Bilder gesehen und die Schilderungen gehört hatte. Wenn ich in meinem kleinen, bescheidenen Umfeld einen Beitrag leisten kann, dass der eine oder andere Follower denkt: "Hm, stimmt, darüber könnte man nachdenken, ob man blind etwas nachplappert.", würde mich das sehr freuen. Wobei ich selbstverständlich nicht glaube, dass alle Chemnitzer so denken. Es geht mir ganz klar um diese sehr rechten Leute, die solche Veranstaltungen für ihre Zwecke benutzen. Das ihnen leider sehr gut gelingt.

STANDARD: Macht Ihnen diese Entwicklung Angst?

Tscharre: Ja. Man beobachtet plötzlich auch im Freundeskreis, über welche Themen gesprochen wird. Das war vor sechs oder sieben Jahre nicht der Fall. Heute lote ich die Anderen aus und frage mich, wie ist er oder sie denn drauf? Bei den Facebook-Kommentaren merke ich das auch sehr schnell: Jemand wirft seine Angel aus, fischt nach Gleichgesinnten und versucht, seine Tiraden loszuwerden. Einer kommt immer aus der Deckung und schreibt: "Scheiß Flüchtlinge, Merkel muss weg, oder doofe Ausländer." Ich bin sehr rigoros und blockiere diese Leute. Bei manchen kann man ja einhacken, das versuche ich. Aber wird das für stumpfe Hetze missbraucht, will ich das nicht auf meiner Plattform haben.

STANDARD: Verfolgen Sie auch die politische Entwicklung in Österreich? Als österreichische Staatsbürgerin und Wahl-Kärntnerin waren Sie ja bereits früher mit der FPÖ unter Jörg Haider konfrontiert.

Tscharre: Über das, was in Österreich passiert, mache ich mir schon Gedanken. Zum einen denke ich mir, heute passiert das in Österreich, morgen vielleicht schon in Deutschland. Länder sind ja nicht mehr abgekapselt. Diese Brexit-Geschichte hat ja auch sehr stark mit dem Wunsch nach Nationalität zu tun. Ungarn oder Polen sind andere Beispiele. Kärnten steht durch diese Hypo-Alpe-Adria-Geschichte wirtschaftlich nicht so toll da, das ist fast alles FPÖ-gemacht und trotzdem wird diese Partei weiter gewählt. Und die Leute finden das richtig. Ich denke mir, aber sieh mal: Dass du jetzt keine Arbeit hast und dein Kind keinen Ausbildungsplatz finden wird, da hilft dir die FPÖ nicht weiter, sondern hat das wahrscheinlich mitverschuldet. Ich merke schon, dass ich mir hier unter den Blauen keine Freunde mache mit diesem Interview.

STANDARD: Unser Leser sind tendenziell eher FPÖ-kritisch…

Tscharre: … Ehrlich gesagt brauche ich keine blauen Freunde. Womöglich nehmen sie mir meinen Pass weg wie den türkischen Doppelstaatsbürgern? Vielleicht bin ich die Nächste? Ich war immer sehr stolz und froh, zwei Heimaten zu haben. Das war auch als Kind sehr schön, ich habe mich als etwas Besonderes gefühlt und würde ungern auf eine von beiden Staatsbürgerschaften verzichten. Ich habe auch gar nicht das Gefühl, dass ich dem einen Land etwas wegnehme, weil ich noch den Pass eines anderen Landes habe. Ich empfinde das ausschließlich als Bereicherung. Geht ein Spanier, Italiener oder Türke nach Österreich, kann die doppelte Staatsbürgerschaft ein Schlüssel zur Integration sein. Dass man nicht sagt: Du musst dich jetzt entscheiden, sondern sagt: Du bist willkommen, musst aber nicht deine andere Identität aufgeben.

STANDARD: Für eine Rolle als Kripo-Fahnderin in "Im Angesicht des Verbrechens" haben Sie den Umgang mit Schusswaffen trainiert. Wie haben Sie sich auf die Rolle als Staatsanwältin für "Meiberger" vorbereitet? Schnell Jura studiert?

Tscharre: Ich bin wie die Serienfigur ganz schnell Auto gefahren. (lacht) Nein, das Projekt war recht kurzfristig, da konnte ich mich nicht ganz konkret mit Juristen oder Staatsanwälten auseinandersetzen. Ich habe allerdings einen Freund, der Jurist ist, den habe ich sehr gelöchert. Wie wird man Staatsanwalt? Was ist die Motivation nach einem Jura-Studium, in die Staatsanwaltschaft zu gehen?

STANDARD: War das für die Rolle hilfreich?

Tscharre: So ein Backup ist hilfreich. Jede Art von Vorbereitung schwingt mit. Für "Im Angesicht des Verbrechens" musste ich eine sehr toughe Polizistin spielen, mir sind aber Schusswaffen nicht geheuer. Da dachte ich: Wie kann ich überzeugend eine Polizistin verkörpern, wenn ich dieses Ding, das an meinem Gürtel hängt, nur als Fremdkörper sehe? Ich hatte einen Ex-SEKler als Trainer. Irgendwann fand ich den Vorgang des Schießens wahnsinnig interessant, was ich nie gedacht hätte. Das hat so viel mit Konzentration und Atmung zu tun. Ich habe gedacht, man ballert einfach. Gar nicht, man muss sich ganz reduzieren, hat eine spezielle Atemtechnik. Kurz vor dem Abdrücken hält man die Luft an, damit man den Schuss nicht durch die Atmung verzieht.

Ulrike C. Tscharre und Cornelius Obonya, der den Kripo-Chef Nepo Wallner spielt.
Foto: ServusTV / Monafilm / Olaf R. Benold

STANDARD: Und haben Sie dann eine Affinität zu Schusswaffen entwickelt?

Tscharre: Ich habe keine Pistole unter dem Kopfkissen. Ich finde es sehr gut, dass die Waffengesetze in Deutschland sehr streng sind. Verhältnisse wie in Amerika finde ich schlimm, wo man sich im Supermarkt mal eine Waffe kauft. Erschossen hat man jemanden schnell. Das ist keine unmittelbare körperliche Handlung. Wohingegen jemanden zu erstechen oder zu erdrosseln, ist ein ganz anderer Akt, weil die Distanz fehlt.

STANDARD: Rasen Sie privat auch so wie Ihre Serienfigur?

Tscharre: Ich fahre immer den Verkehrsregeln entsprechend. (lacht) Was ich zugeben muss: Ich finde schnelle Autos wirklich schön. Ich würde wahnsinnig gerne einmal bei einer Wüsten-Rallye irgendwo in Afrika mitfahren. Ich bin auf dem Land aufgewachsen und da ist mit das wichtigste Ziel in der kompletten Jugend: Bitte, lass mich 18 sein und den Führerschein haben. Dann kann ich selbstbestimmt von A nach B fahren. Und bin nicht auf den Bus angewiesen, der zweimal am Tag fährt und auf Papa, der sagt, ich bleibe nicht bis Mitternacht auf, sondern hole dich um 22 Uhr ab. Im Hinblick auf Freiheit hat Autofahren für mich schon einen wichtigen Stellenwert.

STANDARD: Sie waren auch in einigen "Tatort"-Folgen in Nebenrollen zu sehen. Welchen Reiz hat der Rang einer Kommissarin?

Tscharre: Ich war bereits häufiger im Gespräch. Mit der "Tatort"-Kommissarin ist es so wie mit jeder anderen Rolle auch: Wenn mich das Format und die Figur interessieren, dann könnte ich mir das auch vorstellen. "Tatort" ist etwas sehr Spezielles, das Lagerfeuerevent am Sonntag mit einer enormen Reichweite. Ich spiele ja derzeit die Ermittlerin Hanna Landauer in der ARD-"Zielfahnder"-Reihe. Diese Figur ist ganz spannend und toll. Als nächstes drehen wir in Uruguay und Argentinien.

STANDARD: Aber den "Tatort" als Format mögen Sie?

Tscharre: Ich mag das Format mit den unterschiedlichen Teams sehr gerne, gerade auch das österreichische. Ich würde sehr gerne einmal Adele Neuhauser kennenlernen. Ich finde es ganz toll, wie die österreichischen Fälle und auch wie Neuhauser und Harald Krassnitzer als Team funktionieren, auch in der Gebrochenheit von ihr. Bibi Fellner hatte von Anfang an immer ihre Handtasche dabei wie so einen Hund. Dieser Erzählstrang mit dem Alkohol fand ich ganz toll.

STANDARD: Sie waren auch bei der "Lindenstraße" als Beimer-Tochter im Einsatz. Wie sehr hat Sie diese Rolle geprägt?

Tscharre: Für mich war die "Lindenstraße" nicht so prägend. Ich hatte ein Casting und es ging nur um acht oder neun Folgen und die Neubesetzung der Tochter Beimer. Ich habe das wie jede andere Arbeit gesehen. Es gab die Folgen. Dann war Pause. Danach war ich für zwei Jahre da und später ab und zu als Gast dabei, wenn es eine entsprechende Geschichte gab. Bei der "Lindenstraße" ist das Drehpensum so hoch, dass an einem Drehtag gleich mehrere Folgen entstehen. Was ich unterschätzt habe, ist dieser "Lindenstraßen"-Kosmos und was es bedeutet, Tochter-Beimer zu sein. Wie wichtig diese Serienfiguren für viele Stammzuseher sind und wie sehr man Teil ihres Lebens wird.

STANDARD: Welche Ausmaße hat das angenommen?

Tscharre: Es gibt Geschichten von Kollegen. Etwa von Irene Fischer, die Anna Ziegler spielt. Als sie schwanger wurde in der Serie und der Hans Beimer sich nicht entscheiden wollte, hat sie wirklich an die Adresse der Lindenstraße Babynahrung- und Kleidung von Zusehern zugeschickt bekommen. Diese Leute haben gedacht, sie müssen diese arme Frau unterstützen. So etwas ist häufig passiert.

Ulrike C. Tscharre (links hinten) als spätere Tochter Beimer in der "Lindenstraße". Hier ist sie in der Folge 1.020 aus dem Jahr 2005 zu sehen, als Anna Ziegler und Hans Beimer ihre Hochzeit mit der Familie feierten.
Foto: WDR

STANDARD: Kürzlich ist ja der Hansemann, Ihr Serien-Vater, gestorben. Hat Sie das bewegt?

Tscharre: Ich verfolge es gar nicht mehr so sehr. Aber ich habe den Joachim Luger vorher getroffen. Da hat er mir das schon im Vertrauen erzählt. Er hat diese Rolle über 30 Jahre lang gespielt. Für einen Schauspieler ist das ein Rieseneinschnitt. Das ist so, als würde jemand sagen, dass er mit 70 Jahren jetzt den Beruf wechselt. Mich hat nicht bewegt, dass Hans Beimer gestorben ist. Jedoch was das für ihn als Schauspieler macht, hat mich beschäftigt.

STANDARD: Sind Sie Netflix-Anhängerin oder noch beim linearen Fernsehen beheimatet?

Tscharre: Weil ich so viel unterwegs bin, schaue ich Fernsehen meist in Mediatheken, also gezielt. Sonst bin ich aber eher zum Streaming abgewandert. Was uns alle in der Branche bewegt, ist das Urheberrechtsthema. Es kann nicht sein, dass ich als Schauspielerin einen Film mache und nur einmal Geld bekomme. Damals habe ich vielleicht gesagt: Na gut, das Budget ist klein, ich arbeite nur für eine ganz kleine Gage. Dann hat dieser Film den Megaerfolg, wird 20 Jahre lang überall verkauft, auch von den Streaminganbietern permanent ausgestrahlt, und ich habe nie etwas davon. Da mahlen die Mühlen wirklich langsam und die Konzerne haben bis jetzt den größeren Einfluss. Gerade auch beim Thema Geoblocking, wer was wann zeigen darf, braucht es dringend eine europäische Lösung. Mit einem freien Datenverkehr, der fair für alle ist.

STANDARD: Und Sie als Schauspielerin fühlen sich nicht fair behandelt?

Tscharre: Die Schauspieler werden nicht fair behandelt. Für uns gibt es nahezu keine Wiederholungshonorare mehr, das wurde praktisch abgeschafft. Es gibt Leute, die sprechen Schauspielern eine Urheberschaft ab und degradieren sie zu Ausübenden. Das finde ich falsch. Stellen Sie sich vor, man nimmt denselben Film, dreht ihn zwei- oder dreimal mit unterschiedlichen Schauspielern. Da kommt hundertprozentig jedes Mal ein unterschiedlicher Film heraus. Selbstverständlich bin ich Urheberin. Ich schaffe eine Figur, ich erwecke sie zum Leben. Das sind politische Dinge, die alle mit Geld zu tun haben.

STANDARD: Mit Geld und Machtmissbrauch hat auch #MeToo zu tun. Die Debatte ist jetzt ein Jahr alt. Haben Sie das Gefühl, dass sich etwas zum Positiven verändert hat?

Tscharre: Ich finde die gesamte MeToo-Diskussion wichtig. Eine Gleichberechtigung haben wir noch lange nicht. Es gibt zum Beispiel den Equal Pay Day, der immer so Anfang oder Mitte März ist. Der markiert den Zeitpunkt bis zu dem Frauen im Vergleich zu Männern umsonst arbeiten. Ich verstehe, dass unterschiedliche Berufsgruppen unterschiedlich bezahlt werden, aber nicht Männer und Frauen. Das ist bei uns auch so. Schauspieler werden in der Regel besser bezahlt.

STANDARD: Lässt sich das in etwa konkretisieren?

Tscharre: Das kann ich Ihnen nicht sagen, denn wir dürfen nicht über unsere Gage sprechen. Das steht ja in jedem Vertrag, um genau so etwas zu verhindern.

STANDARD: Ihr Serienpartner Fritz Karl erhält wahrscheinlich mehr Geld als Sie?

Tscharre: Ich nehme an, dass Fritz Karl mehr bekommt als ich, weil es immer so ist. Als Frau nimmt man das irgendwann so hin. Aber das geht nicht. Es gibt Situationen im privaten, aber auch im beruflichen Umfeld: Ein Mann und eine Frau sprechen über bestimmte Themen und die Frau beginnt, sich unwohl zu fühlen, weil unterschwellige Sachen passieren, die sie nicht so gut einordnen kann. Frauen gelten sehr schnell als schwierig oder als Zicke. Es geht auch um die Sprache: Sie hat eine Rückwirkung auf unser Denken. Sprachlich werden wir schon darauf getrimmt, dass es eine männliche Vorherrschaft gibt. Durch die MeToo-Debatte findet eine größere Sensibilisierung statt. MeToo-Vorfälle gibt es in jeder Branche: Im Handel, bei der Post, in der Filmproduktion und wahrscheinlich sogar bei Ihnen in der Redaktion. Trotzdem müssen sich Frauen von einigen Männern anhören, dass diese ja gar nichts mehr sagen dürfen. Doch, man durfte immer schon alles sagen. Jeder Mann hat immer schon gewusst, was ok ist und was nicht.

STANDARD: Haben Sie auch Übergriffe im Rahmen Ihres Berufs erlebt?

Tscharre: Es gab Situationen, in denen ich mich auch unwohl gefühlt habe, aber wirkliche Übergriffe habe ich zum Glück nicht erlebt. Wenn ich arbeite, habe ich eine distanziertere Ausstrahlung und ziehe mich auch häufig zurück. Aber ich kenne Geschichten, wo es anders war.

STANDARD: Kolleginnen von Ihnen?

Tscharre: Ich weiß, wie schamvoll das für eine Frau ist. Beim Gang in die Öffentlichkeit wird sie doppelt bestraft, weil sie noch einmal eine drauf bekommt. Bei vielen MeToo-Debatten heißt es, ja warum kommen die erst nach zehn Jahren mit den Vorwürfen? Lasst doch die Frau entscheiden, wann sie das will. Es gab ja auch damals Fälle, da haben sie es öffentlich gemacht, wurden aber nicht gehört. Und wie beweise ich etwa eine Vergewaltigung, wenn ich nicht gleich beim Arzt war? Welche intimen Fragen muss ich beantworten? Das ist nicht einfach. (Oliver Mark, 4.11.2018)