Jakob Gregorowicz (Manuel Rubey) sagt den ermittelnden Kommissaren nie mehr als er unbedingt muss.

Foto: ORF/ARD/Alexander Kluge

Lügen haben zurückgekämmte Haare und eine Spießerbrille. Sie können außerdem einen Kriminalfall packend erzählen – und zwar genau andersherum, als man es gewohnt ist.

Den titelgebenden "Mann, der lügt" spielt im aktuellen Tatort aus Stuttgart (Sonntag, 20.15 Uhr, ORF 2) Manuel Rubey. Allein seine zurückhaltende Lippendynamik lässt ihn wie geschaffen wirken für die Rolle des Industriemanagers Jakob Gregorowicz, der zu den ermittelnden Kommissaren nie mehr sagt, als er unbedingt muss – und sich mit dem, was seinen schmalen Mund verlässt, immer weiter in Schwierigkeiten bringt.

Nur anhand von Gregorowicz' Lügen erkunden wir die Geschichte, die Regisseur und Mitautor Martin Eigler so grandios inszeniert, erfahren immer mehr vom Mord an einem Anlageberater – und der Bredouille, in die sich der leicht schmierige, oft armselige Familienvater im Karl-Theodor-zu-Guttenberg-Look zwischen Dienstreisen nach Südafrika und Tennismatches mit befreundeten Mitschnöseln manövriert. Mit jeder dahingenuschelten Unwahrheit zeigt der Fall eine neue Facette.

Die Ermittler Thorsten Lanner (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) spielen nur Nebenrollen, wenn sie mit ihrer wunderbar übertrieben freundlichen Art den Verdächtigen in Bedrängnis bringen. Uneitel gehen sie darin auf.

Zum Zehn-Jahr-Jubiläum schenkt sich der Stuttgarter Tatort die innovativ erzählte Geschichte eines Mannes, der im vermeintlichen Familienidyll Geheimnisse hegt und in herausragender Ungeschicktheit zu deren Lüftung so wie zu einer immer steigenden Spannung beiträgt. Ein Genuss, ungelogen. (Sebastian Fellner, 3.11.2018)