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US-Fahnen und Bilder von Präsident Donald Trump werden vor dem Gebäude der ehemaligen US-Botschaft verbrannt.

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Teheran/Washington – Im Iran sind vor dem Inkrafttreten neuer US-Sanktionen nach amtlichen Angaben am Sonntag landesweit Millionen Menschen zu Protesten gegen die USA auf die Straße gegangen. Das Staatsfernsehen übertrug live den Protestzug Tausender Studenten in Teheran. Dabei wurden US-Fahnen und Bilder von Präsident Donald Trump vor dem Gebäude der ehemaligen US-Botschaft verbrannt, die Menschenmenge skandierte "Tod Amerika."

Die Proteste fielen mit den traditionellen Demonstrationen zum Jahrestag der Erstürmung der US-Botschaft 1979 zusammen. Angesichts der zweiten Sanktionswelle ab Montag griff die iranische Regierung die USA auch verbal an. Die neuen Strafmaßnahmen zielen insbesondere auf die Öl-Industrie, dem zentralen Pfeiler der Wirtschaft des drittgrößten Rohöl-Exporteurs.

Psychologischer Krieg

Der Kommandant der Revolutionsgarden, Mohammed Ali Jafari, rief den Demonstranten in Teheran zu, der Iran werde dem "psychologischen Krieg" der USA trotzen. Die amerikanischen "Komplotte und Sanktionspläne werden durch anhaltenden Widerstand besiegt werden", erklärte er in einer im Fernsehen übertragenen Rede. Am Samstag hatte der oberste Führer, Ayatollah Ali Khamenei, erklärt, die USA hätten ihr Ziel nicht erreicht, den Iran wieder zu dominieren wie vor der Revolution 1979. Vielmehr sei Amerika in den vergangenen 40 Jahren von der Islamischen Republik besiegt worden.

Irans Außenminister Javad Zarif telefonierte nach amtlichen Angaben mit der EU-Außenbeauftragen Federica Mogherini sowie mehreren EU-Außenministern, darunter dem deutschen Außenminister Heiko Maas. Dieser bekräftigte nach Angaben aus dem Auswärtigen Amt bei dem Gespräch am Freitag, die Europäer stünden weiter zum Atomabkommen, solange Iran seine Verpflichtungen vollständig erfülle.

Zweckgesellschaft der EU

Die EU, Deutschland, Frankreich und Großbritannien bedauerten in einer gemeinsamen Stellungnahme, dass die USA ihre Strafmaßnahmen nun erneut greifen lassen wollen. Mogherini sowie die Außen- und Finanzminister der drei europäischen Unterzeichnerstaaten des Atomabkommens erklärten, europäische Firmen mit legitimen Handelsinteressen im Iran sollten geschützt werden. Zudem werde im Sinne des Atomabkommens auch mit Russland und China verstärkt darauf hingearbeitet, dass die Finanzkanäle für den Iran offen gehalten und die Öl- und Gasexporte fortgesetzt werden können. Die EU will mit einer Zweckgesellschaft die US-Sanktionen umgehen.

Trump hatte das Atomabkommen im Mai gekündigt. Erklärtes Ziel seiner Regierung ist es, dem Iran zur Aufgabe seiner Atom- und Raketenprogramme zu bewegen wie auch die Unterstützung für diverse bewaffnete Gruppen im Nahen Osten. Die Strafmaßnahmen traten in zwei Phasen wieder in Kraft: Die ersten nach 90 Tagen Anfang August, die übrigen nun nach 180 Tagen ab Montag. Kernstück der zweiten Runde ist ein Öl-Embargo. "Dieser Teil der Kampagne hat zum Ziel, dem Regime die Gelder zu entziehen, mit denen es Tod und Zerstörung in der Welt verbreitet", sagte US-Außenminister Mike Pompeo am Freitag.

Wertverlust

Die USA wollen acht Staaten erlauben, zunächst weiter Öl aus dem Iran zu beziehen. Darunter sind Indien und der Irak, die anderen Länder waren zunächst nicht bekannt. Zu den Hauptimporteuren von iranischem Öl gehören zudem die Türkei, China, Südkorea, Italien und Japan. Die Türkei erklärte, nach ersten Informationen gehöre auch sie dazu. Sicher wisse man es aber erst am Montag, sagte Handelsminister Ruhsar Pekcan.

Seit der ersten Runde der Sanktionen im August hat die iranische Währung an Wert verloren. Die Preise für Brot und Speiseöl sind merklich angestiegen, der Preis für Reis – ein Grundnahrungsmittel im Iran – hat sich im Vergleich zu vergangenen Jahr mehr als verdreifacht. Iranischen Medienberichten zufolge haben etwa 70 Prozent der kleineren Fabriken und Geschäften in den vergangenen Monaten ihre Produktion gedrosselt. (APA, 4.11.2018)