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19. Jänner 2017: Joaquín "El Chapo" Guzmán kommt in den USA an. Nun steht er in New York vor Gericht.

Foto: AP

Sind es 1,55, 1,61, 1,64 oder doch 1,68 Meter? Die Angaben über die Körpergröße von Joaquín Guzmán variieren, sein Beiname "El Chapo" ("der Kurze") ist aber auf alle Fälle gerechtfertigt. Überhaupt konterkariert sein Auftritt seinen Ruf: Auf vielen Bildern ist der kleingewachsene Mexikaner mit Bauchansatz, Schnurrbart, weißem Hemd und schwarzen Jeans zu sehen – also als jemand, den man leicht übersieht.

Das wird El Chapo ab Montag drei oder vier Monate lang nicht passieren. So lange dürfte der Prozess gegen ihn vor einem Bezirksgericht in Brooklyn dauern. 300.000 Seiten und 117.000 Audioaufnahmen als belastendes Material, und aufgrund der hohen Sicherheitsvorkehrungen und der Schutzprogramme für Zeugen Kosten von wohl mehr als 50 Millionen US-Dollar: Es dürfte der teuerste Prozess in der Geschichte der USA werden.

Vermutlich wird das auch der letzte große Auftritt des einst meistgejagten Drogenbosses Mexikos sein, der sich als Sohn armer Bauern bis an die Spitze des berüchtigten Sinaloa-Drogenkartells – laut US-Staatsanwaltschaft früher die "größte Drogenschmuggelorganisation der Welt" – hinaufgearbeitet hat. Unter anderem werden ihm Schmuggel von mehr als 200 Tonnen Kokain in die USA und 33 Morde zur Last gelegt.

Spektakulär geflüchtet

Es gibt zahllose Geschichten über El Chapo, die berichtenswert wären – seien es die Gewaltakte, mit denen er sich gegen andere Kartelle durchsetzte, seine engen Verbindungen zur Politik oder seine angeblich zahlreichen Geliebten, mit denen er dutzende Kinder haben soll. Am ehesten in Erinnerung bleiben aber seine Fluchtversuche: 2001 floh er in der Schmutzwäsche versteckt aus einem mexikanischen Gefängnis, 2015 durch einen 1,5 Kilometer langen, 1,7 Meter hohen und 80 Zentimeter breiten Tunnel, den er über seine Zellendusche betrat.

Ein Jahr später konnte Guzmán endgültig gefasst werden, 2017 erfolgte die Auslieferung in die USA, wo ihm nun lebenslange Haft droht. Seine dritte Ehefrau, die 29-jährige Ex-Schönheitskönigin Emma Coronel, und die gemeinsamen siebenjährigen Zwillingstöchter drücken vor Ort die Daumen.

El Chapo bekennt sich übrigens nicht schuldig. Er sei nur ein kleiner Zwischenhändler im Kartell gewesen, sagen seine Anwälte. 2016 gab Guzmán, der mit Drogen 14 Milliarden US-Dollar verdient haben soll, noch eine andere Version zu Protokoll: Er sei ein Getreidebauer, der 1500 Dollar verdiene. Jährlich. (Kim Son Hoang, 5.11.2018)