Johanna Mikl-Leitner schaut genau hin – die Landesbürger bekommen aber nicht alles zu sehen.

Foto: matthias cremer

Neos-Chefin Indra Collini meint eine "Politik im Verborgenen" zu erkennen.

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St. Pölten – Im Jänner erklärte Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): "Alles wird sichtbar sein." Sie stand vor ihrer ersten Landtagswahl als Nachfolgerin von Erwin Pröll, der in den letzten Monaten seiner Amtszeit über die geheimen Landesförderungen für seine Privatstiftung gestolpert war. Transparenz sei ihr ein Anliegen, sagte Mikl-Leitner. Dass die Steuerzahler nicht wissen, wie mit ihrem Geld die karitative Stiftung des Landeschefs gefördert wird, das sollte nicht mehr passieren.

Nun wird Mikl-Leitner wohl nicht Prölls Fehler wiederholen und die eigene Privatstiftung fördern lassen. Ausgeschlossen ist es theoretisch aber nicht: Denn entgegen Mikl-Leitners Ankündigung verteilt die Landesregierung immer noch Geld, ohne öffentlich zu machen, wer es bekommt.

Anonyme Firma im Landesbesitz

Zum Beispiel lässt das Land einer anonymen "niederösterreichischen Bildungsinstitution" 400.000 Euro für technische Ausstattung zukommen. Oder es vergibt insgesamt 158.700 Euro für ein "internationales wissenschaftliches Symposion" in Niederösterreich. Für ein Unternehmen haftet Niederösterreich mit 15 Millionen Euro. Die Anonymisierung der Firma ist vor allem erstaunlich, weil sich diese im Besitz des Landes befindet.

Die Neos sehen angesichts des Förderdickichts schon das Steuergeld versickern. Mikl-Leitners Informationspolitik wirke, als ob man "vertuschen und verschleiern möchte, wie mit unserem Steuergeld umgegangen wird", sagt Neos-Chefin Indra Collini: "Mikl-Leitner schreibt die alte Politik von Pröll fort, eine Politik, die im Verborgenen stattfindet." Die Bürger hätten das Recht zu wissen, was mit ihrem Geld passiert. Die pinken Abgeordneten stellten deswegen zehn Anfragen im Landtag, um zu erfahren, wer wofür wie viel Geld bekommen hat.

Amtsgeheimnis und Datenschutz

In der ÖVP-geführten Landesregierung kann man die Geheimhaltung erklären: mit Amtsgeheimnis und Datenschutz. Die Pflicht zur Veröffentlichung bestehe nicht für Beschlüsse, "die der Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen, insbesondere im Hinblick auf den Datenschutz und auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, unterliegen", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme.

Dass selbst ein landeseigenes Unternehmen dabei anonym bleibt, erklärt das Amt so: "In den Berichten werden bei Haftungsübernahmen generell privatrechtliche Rechtsträger nicht genannt."

Datenschutz ist kein Joker

Als Pauschalargument kann der Datenschutz allerdings nicht herhalten, sagt der auf dieses Gebiet spezialisierte Uniprofessor Nikolaus Forgó zum STANDARD: Bei Unternehmen greife dieser in der Regel nur, wenn aus dem Firmennamen eine Privatperson erkennbar sei (also etwa eine Peter Müller Handels-GmbH). Und selbst wenn das Land Fördergeld an Einzelpersonen ausschüttet, heiße das nicht automatisch, dass deren Name etwa im Protokoll der Regierungssitzung nicht genannt werden dürfe – das Land müsse hier zwischen den Interessen des Fördernehmers und jenen des Landes abwägen, sagt Forgó.

Und die roten und blauen Regierungspartner Mikl-Leitners? Niederösterreichs SPÖ, nach eigenen Angaben "seit jeher überzeugt" von Transparenz, sieht die Verantwortung bei der ÖVP: In welcher Form die Regierungsbeschlüsse veröffentlicht werden, "liegt im Bereich der Mehrheitspartei". Von der erwarte man, sich "einerseits streng an den Datenschutz und den Schutz von Personenrechten zu halten und auf der anderen Seite größtmögliche Transparenz zu gewährleisten", sagt Landesrat Franz Schnabl. Auch FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl verweist auf den Datenschutz.

Für Neos-Obfrau Collini versteckt sich die Landesregierung hinter einem "Feigenblatt". Ein Unternehmen, das öffentliche Gelder bekommt, müsse auch Transparenz aushalten. "Das Land könnte schon wesentlich mehr zeigen, wenn es wollte." (Sebastian Fellner, 9.11.2018)