3.000 neue Wohnungen sind in Wiener Neustadt derzeit in Planung.

Foto: Wiener Alpen/Franz Zwickl

Seit 2010 steht das Areal des alten Volksbades leer. Nun kehrt mit 159 Mietwohnungen und ihren Bewohnern im "Cityquartier" wieder Leben ein.

Foto: Haring

Am "Green Point" entstehen Eigentumswohnungen mit Fokus auf alternative Energiequellen. Solarstromanlagen gibt es auf dem Dach und in jeder Loggia.

Foto: Profi Creative Group

Nur 18 Häuser waren am Ende unversehrt. Alle anderen wurden von Bomben zerstört oder beschädigt. Mit dieser Bilanz ist Wiener Neustadt die am stärksten zerstörte Stadt Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg. "Auch deshalb legen wir großen Wert auf unseren historischen Stadtkern", sagt Franz Dinhobl, zuständiger Stadtrat für Bauen und Immobilien.

Historisch gut erhalten und dennoch neu – denn Wiener Neustadt ist zwar bemüht, die alte Bausubstanz zu erhalten, gleichzeitig soll aber auch im Zentrum Wohnraum nachverdichtet werden. Diesen Spagat zu schaffen ist eine Herausforderung. Denn immer wieder gibt es bei Sanierungen Diskussionen mit dem Denkmalamt, erzählt Stadtrat Dinhobl.

Wohnen für Jung und Alt

Wie viele andere Innenstädte auch hat Wiener Neustadt ein Problem mit Leerstand im Zentrum. "Der Handel erlebt einen Paradigmenwechsel. Einkaufen verlagert sich ins Internet. Dem wollen wir gegensteuern", sagt Dinhobl. Seine Hoffnung: Wenn wieder mehr Menschen in der Innenstadt wohnen, gehen sie auch dort einkaufen. Gebaut werden deshalb diverse Wohnformen – für Jung, also für Studenten, denn die FH Wiener Neustadt verlagert aktuell einige Lehrgänge in die Innenstadt –, aber auch für Alt sowie betreute Wohnungen.

Bewohner für die neuen Wohnungen finden sich jedenfalls, denn die 48.900-Einwohner-Stadt wächst. 500 bis 700 neue Bewohner kommen jährlich hinzu, sagt Dinhobl. Wiener, Westösterreicher und Menschen aus den direkt angrenzenden Umlandgemeinden lassen sich in Wiener Neustadt nieder. Vor allem, glaubt Dinhobl, weil man von Wiener Neustadt sehr schnell in Wien ist. Am Zuzug wird sich auch in Zukunft nichts ändern.

Nicht um jeden Preis

Dabei, so der Stadtrat, wolle man nicht um jeden Preis wachsen. "Wir steigen nicht aufs Gas, sondern wollen Wachstum in einem verträglichen Maß. Es darf nicht überbordend werden, denn Wachstum ist nicht nur finanziell, sondern auch operativ für eine Stadt herausfordernd." Aktuell schaue man daher eher, wo gebremst werden kann, denn die Infrastruktur müsse erst aufholen, bevor noch mehr Bürger dazukommen, so Dinhobl.

"Die Bautätigkeit ist zu reduzieren", so lautet auch eine Forderung der Bürger. Sie haben im Zuge eines Beteiligungsverfahrens zum Stadtentwicklungsplan (STEP) 2030 von ihrem Mitspracherecht Gebrauch gemacht. An ihm arbeiten Bürger und Experten derzeit gemeinsam, im Jahr 2020 soll er beschlossen werden. Die größten Anliegen der Wiener Neustädter, so viel ist bisher klar, sind die Belebung der Innenstadt, das Thema Mobilität sowie der Erhalt von Grünflächen.

3.000 Wohnungen

Letzteres ist ein Anliegen, das in einer wachsenden Stadt nicht unbedingt einfach umzusetzen ist. Dinhobl: "Die Leute würden gerne weniger Fläche verbrauchen, dennoch will jeder im Einfamilienhaus leben, beides zusammen ist nicht machbar." Derzeit wird in Baulücken in der Stadt gebaut, aber auch am Stadtrand. Insgesamt sind in Wiener Neustadt aktuell 3.000 Wohnungen in der Pipeline. Das größte Projekt ist das alte Stadionareal mit rund 400 Wohneinheiten, die in den nächsten Jahren nach und nach fertiggestellt werden sollen.

Ein weiteres Projekt ist kurz vor der Fertigstellung. Auf dem Areal des ehemaligen Volksbades bauen Haring Group und Bank Austria Real Invest unter dem Namen "Cityquartier" 159 Mietwohnungen mit Größen zwischen 39 und 88 Quadratmetern. Drei Kilometer nördlich, in der Pottendorfer Straße 62, wird ebenfalls ein Wohn- bau errichtet. Die WRN FMZ Vermietung macht dort unter dem Namen "Green Point" aus einem ehemaligen Betten-Reiter-Fachmarktzentrum 84 Eigentumswohnungen und 3.000 Quadratmeter Gewerbefläche. Auch Solarenergie, ein Tesla-Carsharing und eine Schnellladestation für E-Autos sind vorgesehen. Die Ein- bis Drei-Zimmer-Wohnungen kosten zwischen 96.000 und 250.000 Euro.

Temporäres Wohnen

In der Nova City, dem Wiener Neustädter Wirtschaftspark, wurden Anfang des Jahres zudem 52 Mikro-Apartments unter dem Namen "Civitas Noba" eröffnet. Die Kleinstwohnungen auf Mietbasis – Anbieter ist die Noba-Gruppe – können für einen kurzen Zeitraum angemietet werden. Dazu gehören ein Serviceangebot inklusive Reinigung sowie die Buchung über eine spezielle Plattform.

Neben Wohnbauten fließt in Wiener Neustadt auch viel Geld in ein anderes Großprojekt. 24 Millionen Euro werden in Bauprojekte im Vorfeld der 2019 in Wiener Neustadt stattfindenden Niederösterreichischen Landesausstellung investiert. Dafür wurden bereits zwei Fußgängerzonen erneuert. Die zwei großen Veranstaltungsorte sind die Kasematten, das alte Wehrgebäude der Stadt, und der Bürgermeistergarten mit Museum und der Kirche St. Peter an der Sperr, an denen aktuell noch gearbeitet wird. "Die Bauarbeiten stehen unter einem enormen Zeitdruck, aber es muss sich alles ausgehen", so Dinhobl.

Mit dem Rad erreichbar

Thema der Ausstellung ist "Mobilität" – ein Bereich, auf den sich auch Wiener Neustadt besonders konzentrieren will. Zwar wächst das Radwegenetz – allein zwischen 1994 und 2006 von 29 auf 70 Kilometer, also um 141 Prozent –, dennoch nehmen auch Autofahrten in der Stadt weiter zu. Und das, obwohl 90 Prozent aller Standorte in der Stadt in zehn Minuten mit dem Rad erreichbar sind, sagt Dinhobl. Um den Radverkehr anzukurbeln, wurden bisher die Fußgängerzonen für Radfahrer geöffnet. Auch ein Bikesharing-Projekt wird aktuell forciert. Elektrofahrräder sollen auch für ältere Bewohner Anreize setzten, aufs Rad umzusteigen. Dinhobl dazu: "Unser Modal Split ist zwar gut, aber immer noch verbesserungswürdig." (Bernadette Redl, 15.11.2018)