Die Angeklagten Peter Hochegger (links) und Rudolf Fischer (rechts) bekennen sich teilweise schuldig. Walter Meischberger tut das nicht, ihm wird Geldwäsche vorgeworfen.

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Fünf Tage wurde bisher verhandelt in der Causa Telekom/Parteienfinanzierung. Und eines lässt sich jetzt schon sagen: Die Aussagen der Hauptangeklagten, Rudolf Fischer (Ex-Telekom-Vorstand) und Peter Hochegger (Exlobbyist), lassen tiefe Blicke in die Untiefen der österreichischen Politik und Realverfassung zu – jedenfalls in den Jahren 2004 bis 2008, in denen die Handlung spielt. Beide Angeklagte legten zu einzelnen Vorwürfen Geständnisse ab.

"Die Telekom war ein Selbstbedienungsladen", beschrieb es einer von ihnen am Rande der Verhandlung einmal, und Fischer sagte in seiner Befragung durch Richterin Marion Hohenecker so: "Bettelbriefe" seien von überall gekommen, er als Manager habe entscheiden müssen, wen er unterstützt und wen nicht. Das teilstaatliche Unternehmen sei schließlich von der Politik abhängig gewesen damals, als sich der teilstaatliche Exmonopolist Telekom Austria (TA) nach der Marktliberalisierung mit Konkurrenz konfrontiert sah. "Ein Geben und Nehmen, das ist Österreich", fasste Fischer seine Erfahrungen zusammen.

Schwarze Kassen

Neben ihm und Hochegger sitzen Exlobbyist Walter Meischberger und zwei Exmitarbeiter der TA auf der Anklagebank. Einer davon, Franz K., ist schon wieder weg, er hat ein Diversionsangebot angenommen.

Die Angeklagten sollen Parteien bzw. ihnen nahestehende Institutionen finanziert haben, ohne Gegenleistungen zu erhalten, der Schaden betrage fast zehn Millionen Euro. Das Geld stamme aus "schwarzen Kassen", die die TA bei Hocheggers Valora gebildet habe. Fischer spricht lieber von einer "Liquiditätsreserve" der TA, Hochegger sei Treuhänder gewesen.

Investitionen, die sich lohnten

Laut den Angeklagten hätten sich viele über diesen diskreten Umweg bezahlten "Investitionen" gelohnt, man habe damit "politische Landschaftspflege" (Fischer) betrieben. Auch das Wirken Meischbergers (bekam 10.000 Euro netto im Monat und bestreitet die Vorwürfe) habe sich zunächst dank dessen Kontakten in die FPÖ rentiert. Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung. Politiker sind nicht angeklagt.


Hühnerweitflug: abgelehnt

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So richtig herzlich lachen sah man Buwog- und Telekom-Richterin Marion Hohenecker im Prozess bisher noch nicht. Am Dienstag war es aber so weit. Ex-TA-Manager Rudolf Fischer schilderte gerade das Sponsoring, mit dem man Parteien und Politiker weich zu streicheln pflegte; ständig seien Anträge gekommen. "Was haben Sie abgelehnt?", wollte die Richterin schließlich wissen. Fischer: "Den Hühnerweitflug-Wettbewerb."

Während sich Hohenecker schier zerkugelte, schilderte er, "ein Minister" habe Unterstützung gewünscht. Gemeint war Landwirtschaftsminister Mathias Reichhold (FPÖ), der Wettbewerb fand 2002 in Kärnten statt. Reichhold erklärte es in einer Stellungnahme an die APA nun so: Es habe sich um eine "Wohltätigkeitsveranstaltung zugunsten der Opfer der Flutkatastrophe" gehandelt, man habe Spenden gesammelt.

Apropos: Reichholds Firma bekam 72.000 Euro von der TA. Fischer gestand nun, es habe keine Gegenleistung gegeben. Im U-Ausschuss 2012 hatte der Exminister von mündlich erbrachten Leistungen gesprochen.


Tausche Golfschläger gegen Fitnessgerät

Ein Tausch brachte laut Rudolf Fischer ein Fitnessgerät in die Anklageschrift. Es geht um rund 11.000 Euro, die die TA via Valora für Fischers Designturngerät bezahlt hat. Laut dem Exmanager sah Meischberger bei ihm japanische Golfschläger, die er unbedingt haben wollte, Fischer sah beim Lobbyisten besagtes Sportgerät. Also habe man beides bestellt, um dann zu tauschen. Dass die TA letztlich fürs Turngerät aufkam, müsse ein Irrtum gewesen sein. Sich so etwas von der Telekom bezahlen zu lassen, "bitte, das war sicher nicht meins".


Telekom zahlte Umfragen über Grasser

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Die TA zahlte auch Umfragen, die den damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser versöhnen sollten. Sieben Rechnungen à 5000 bis 6000 Euro verrechnete die Marktforschungsgesellschaft Market der Valora. Der Zweck lautete etwa "Privatleben von Karl-Heinz Grasser", "Mehrwert von KH Grasser"oder "KH Grasser als Finanzminister einer Großen Koalition". Die Ergebnisse landeten beim Minister. Laut Fischer diente auch das der politischen Landschaftspflege. Davor habe die Telekom den Minister schwer verärgert.


Telekom spielte gegen Telekom

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Auch mit dem Sponsoring von Eishockeyklubs pflegte die Telekom die (Eis-)Landschaft. Ohne viel Umschweife erbat laut Fischer ein Bregenzer Bürgermeister Geld für seine Mannschaft. Allerdings förderte die TA schon den Kärntner Konkurrenten KAC, "und da hätte ja die Telekom gegen die Telekom gespielt", schilderte Fischer sein Dilemma. Er habe befürchtet, dass bei einem Nein politische Probleme beim Netzausbau im Ländle entstehen. Die Lösung: Die Vorarlberger bekamen Geld; aber von der TA-Mobilfunktochter.


Personalvertreter bekam Zuwaage statt Zulage

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Für Verwunderung sorgte im Prozess der einstige schwarze TA-Personalvertreter, der eine Diversion bekam. Er hatte 138.000 Euro via Valora kassiert (zahlt er nun zurück), als Ausgleich für die in seinen Augen erlittene Besoldungsungerechtigkeit. Zudem erzählte er, er habe das angebotene Dienstauto (Golf) abgelehnt, weil sein Vorgänger einen viel größeren hatte. Seine Diversion (12.000 Euro) kommentierte er so: "Ich muss meinen Steuerberater fragen, ob ich das absetzen kann." Ist gemäß Einkommenssteuergesetz nicht möglich.


100.000 Euro waren einfach: weg

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Neben grundsätzlich "bodenorientierten" Hühnern, die aber ein paar Meter weit zu fliegen vermögen (nach: Wikipedia), können auch 100.000 Euro Flügel bekommen. Jedenfalls hat solches Fischer ausgesagt – und zwar im Zusammenhang mit Zahlungen rund um die SPÖ.

2007, kurz vor der Aids-Life-Charity-Gala in Wien habe ihn ein SPÖ-naher Berater angerufen und ein Sponsorpaket für einen VIP-Tisch angeboten, Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) wünsche sich das. Kostenpunkt: 150.000 Euro. Die Telekom sponserte das Event in Schönbrunn, zu dem dann auch Ex-US-Präsident Bill Clinton anreiste. Die Verrechnung erfolgte über die Agentur Valora von Hochegger, der für jede derartige TA-Transaktion zehn Prozent kassierte.

Erst bei seiner Einvernahme sei er draufgekommen, dass die Veranstalter der Gala nur 50.000 Euro verrechnet hatten, so Fischer. "Wo ist der Rest?", fragte die Richterin. Die 100.000 Euro seien "verschwunden", müssten wohl in der Sphäre des Beraters gelandet sein, mutmaßte der Angeklagte. Und "Es ist mir ein Rätsel." (Renate Graber, 17.11.2018)