2008 kam der "Die Welle" mit Jürgen Vogel in der Hauptrolle in die Kinos. Zehn Jahre später sorgte das Nachspielen von Filmszenen im Burgenland für eine Geldstrafe.

Foto: Constantin Film

Eisenstadt – Die Welle – so heißen ein Film und ein Buch über ein tatsächlich stattgefundenes pädagogisches Experiment zur Anfälligkeit junger Menschen für strenge Disziplin, wohliges Gemeinschaftsgefühl und beißende Ausgrenzung – kurz: den Faschismus.

Film und Buch werden – unterfüttert mit allerlei Begleithilfen – ausdrücklich als Unterrichtsmaterial empfohlen. In der neuen Mittelschule im burgenländischen Zurndorf ist das zum Gedenkjahr 1938 denn auch im Frühjahr herangezogen worden.

Eine Gruppe Schüler hat in der Pause Die Welle nachgespielt. Ein paar waren SSler, ein paar Juden, ein paar handyfilmten.

Juristische Schritte

Als die Lehrer nach wenigen Tagen draufgekommen waren, nahmen sie das nicht zum Anlass, die solcherart sperrangelweit aufgemachte Tür pädagogisch einzurennen. Sondern gleich juristisch.

Der burgenländische Bildungsdirektor Heinz Zitz: "Die Lehrer waren anzeigepflichtig, sonst wäre das ja Amtsmissbrauch gewesen." Erwartungsgemäß legte die Staatsanwaltschaft die Anzeige gegen elf Schüler wegen nationalsozialistische Wiederbetätigung (sic!) Ende Oktober zurück.

"Öffentliches Ärgernis"

Daraufhin hat aber die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See die Verfolgung der fünf verbliebenen Strafmündigen übernommen und unlängst eine Verwaltungsstrafe verhängt: 218 Euro. Die "erhebliche Untat" einer Wiederbetätigung hatte sich von der Staatsanwalt- zur Bezirkshauptmannschaft aber zum "öffentlichen Ärgernis" eingedampft.

Der Anwalt der Schüler, Andreas Schweitzer, ist entsprechend erbost darüber, dass hier offenbar jemand "größtes Interesse hat, die Kinder zu stigmatisieren". Denn ihm scheint, dass dies ein eklatanter Verstoß gegen das Doppelbestrafungs- und Verfolgungsverbot ist. Was freilich so klar nicht ist, weil im Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen ausdrücklich vorgesehen in Artikel 3, Absatz 1, Ziffer 4.

Pädagogenpflicht

Es erhebt sich aber – und Anwalt Schweitzer wird erheben – die Frage, wie weit der "grobe Unfug", der zu seiner Strafwürdigkeit eben einer Öffentlichkeit bedarf, diese in der Schule überhaupt gehabt hat. Immerhin sei die inkriminierte Sache ja Unterrichtsgegenstand gewesen. Darum könne auch von einer Anzeigepflicht nicht die Rede sein. Sondern, eher im Gegenteil, von einer Pädagogenpflicht.

Die Eisenstädter Bildungsdirektion hat die Verwendung von Die Welle seit Sommer untersagt. Zitz: "Wir werden das in dieser Woche analysieren und dann eine Empfehlung aussprechen."

Andreas Schweitzer will notfalls bis zum Verfassungsgericht gehen. Jetzt aber einmal Einspruch gegen das Strafmaß erheben. "Es gibt auch das Instrument der Rüge ohne Strafe." Und zwar nicht nur für die Verwaltungsstrafbehörde. (Wolfgang Weisgram, 19.11.2018)