Man kann die Regierung schätzen oder verachten, bewundern oder gegen sie auf die Straße gehen – doch eines muss jeder zugeben: Sie kann Kommunikation. Jede Woche aufs Neue schmieden die türkisen und blauen PR-Strategen gemeinsam einen Plan – für die kommenden sieben Tage und insbesondere für die Zeit rund um den nächsten Ministerrat, nach dem die Ressortchefs jeden Mittwoch die neusten Vorhaben verkünden.

Aktuell auf der Agenda von ÖVP und FPÖ: das Kopftuchverbot in Volksschulen, das Heinz-Christian Strache am Samstag über den Boulevard streuen durfte. Das war mit dem Koalitionspartner freilich so ausgemacht. Und es war der perfekte Zeitpunkt – mal wieder.

Denn eigentlich hieß es, diese Woche werde die Neuordnung der Mindestsicherung präsentiert. Da gibt es aber offenkundig noch keine Einigung. Es wird auch kein Zufall sein, dass ausgerechnet vor dem Bundesparteitag der SPÖ am Wochenende ein Thema ausgerollt wurde, bei dem sich die Sozialdemokraten argumentativ so schwertun: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner ist zwar dagegen, dass Mädchen ein Kopftuch aufgezwungen bekommen. Als Einzelmaßnahme lehnt sie ein Verbot an Volksschulen trotzdem ab und fordert ein Integrationspaket. Das ist inhaltlich nachvollziehbar, aber deutlich komplizierter zu erklären.

Die Regierung punktet hingegen laufend mit einfach vermittelbaren Pseudomaßnahmen, über die alle wochenlang diskutieren: sieben geschlossene Moscheen, die inzwischen alle wieder geöffnet sind, ein paar ausgewiesene Imame oder eben das Kopftuchverbot, das in Kindergärten schon demnächst gelten wird, obwohl niemand beantworten kann, ob es eine irgendwie relevante Anzahl an Kleinkindern gibt, die ein Kopftuch tragen.

Neuer Stil

Schaut man auf die Umfragen, macht die Regierung alles richtig. Der neue Stil der partnerschaftlichen Zusammenarbeit und klaren Botschaften ist populär. Vorwerfen kann man ÖVP und FPÖ eigentlich nur eines: Ihre Argumentation ist unehrlich.

Das Kopftuchverbot sei notwendig, um kleine Mädchen zu schützen und deren Integration zu fördern, behaupten die Koalitionäre. Gleichzeitig haben sie das Integrationsbudget gestutzt und bei Sprachkursen gespart. Viele Migrantenkinder werden seit diesem Schuljahr in Sonderklassen unterrichtet. Auch als feministische Vorkämpfer sind die Regierungsparteien völlig unglaubwürdig.

Bildungsminister Heinz Faßmann gab kürzlich einen Hinweis auf das wahre Motiv. Ihm würde man ein Gesamtkonzept zur Integration im Bildungsbereich zutrauen, ausgerechnet er muss aber – zähneknirschend – das migrationspolitische Klein-Klein von Türkis-Blau in Gesetze gießen. Faßmann bekannte: Beim Kopftuchverbot gehe es um gesellschaftspolitische Normsetzung und nicht um "eine Frage von Wissenschaft".

Sprich: Es geht nur um Symbolpolitik. Denn die Regierung weiß: Der Kampf gegen den Islam kommt gut an. (Katharina Mittelstaedt, 20.11.2018)