Wenn schwarze, türkise oder blaue Politiker über Flüchtlinge reden, dann geht es seit einigen Jahren nur um Abwehr und drohende Kosten. Die Botschaft lautet: Alle wollen nur nach Österreich, um hierzulande Mindestsicherung zu beziehen. Der heimische Sozialstaat steht in der Welt der Apokalyptiker kurz vor dem Zusammenbruch. Als Antwort darauf wurden die Spielregeln für die Mindestsicherung verschärft.

Die Höchstgerichte spielen dabei aber nicht mit. Zuerst haute der Verfassungsgerichtshof der ÖVP Niederösterreich das von ihr konzipierte Modell um die Ohren. Die dortigen Schwarzen wollten, dass Großfamilien, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, keinesfalls mehr als 1500 Euro im Monat bekommen. Zudem sollten Menschen, die in den vergangenen sechs Jahren nicht zumindest fünf Jahre in Österreich gelebt haben, nichts bekommen. Experten hatten auf die Rechtswidrigkeit hingewiesen. Ihre Appelle verhallten. Die Richter sind nicht bereit, Diskriminierungen zu akzeptieren, und können es auch nicht nachvollziehen, warum man mit fünf Kindern gleich viel Geld brauchen soll wie mit drei Kindern.

Rechtswidrigkeiten

Jetzt hat der Europäische Gerichtshof der schwarz-blauen Landesregierung in Oberösterreich das dortige Modell um die Ohren gehauen. Flüchtlinge, die nur einen befristeten Aufenthaltstitel haben, dürfen nicht schlechtergestellt werden als Österreicher. Experten hatten auch hier auf Rechtswidrigkeiten hingewiesen. Ihre Appelle verhallten. Die Richter sind aber nicht bereit, Diskriminierungen zu akzeptieren, und können nicht nachvollziehen, warum ein Syrer, der auf Hilfe angewiesen ist, mit weniger Geld auskommen soll als ein Linzer.

Den zuständigen Politikern war natürlich bewusst, dass ihre Gesetze mit großer Wahrscheinlichkeit gekippt werden. Das war ihnen aber egal. Es ging ja nur darum, Ressentiments zu schüren und finanzielle Belastungen aufzubauschen. Von den großen Einsparungen – die Rede war von 70 Millionen – ist in Oberösterreich bis heute nichts zu sehen. Gerade einmal 383 befristet Asylberechtigte sind von den Kürzungen betroffen. Das Land erspart sich damit nicht viel, für jeden Einzelnen stellen ein paar Hundert Euro mehr oder weniger aber einen großen Unterschied dar.

Als Nächstes macht sich die Bundesregierung nun daran, ein neues Modell für die Mindestsicherung zu erarbeiten, das dann österreichweit gelten soll und ebenfalls Kürzungen als Ziel hat. Die Schlechterstellung von Flüchtlingen will man erreichen, indem die Zahlungen bei Sprachdefiziten reduziert werden. Experten weisen bereits darauf hin, dass auch das rechtswidrig wäre. Wahrscheinlich werden die Appelle wieder verhallen. Die Richter werden sich wieder nicht beeindrucken lassen. Liegt eine Diskriminierung vor, wird sie von ihnen beseitigt. So weit funktioniert der Rechtsstaat. Das Bedenkliche ist, dass bei den Politikern der vermutete Volkswille oder das eigene Gerechtigkeitsgefühl mittlerweile weit über rechtsstaatlichen Prinzipien steht. (Günther Oswald, 21.11.2018)