Koalitionsklubchefs Wöginger und Rosenkranz: auf der Suche nach einer Verfassungsmehrheit ohne Junktime.

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Wien – ÖVP und FPÖ haben ihren angekündigten Antrag zum "Kopftuchverbot" in Volksschulen am Donnerstag im Nationalrat eingebracht. Das haben die Klubchefs August Wöginger (ÖVP) und Walter Rosenkranz (FPÖ) bei einer Pressekonferenz verkündet und die SPÖ zur Zustimmung aufgefordert. Laut Rosenkranz soll das Verbot auch für den Turban der Sikhs gelten, nicht aber für die jüdische Kippa.

Das Verbot "weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist", soll nach dem Willen von ÖVP und FPÖ als Verfassungsbestimmung verankert werden und ab dem Schuljahr 2019/20 gelten. Sowohl SPÖ als auch Neos fordern allerdings weitere Integrationsmaßnahmen über das bloße Verbot hinaus. Auf die Stimmen einer der beiden Parteien ist die Koalition angewiesen, weil der Nationalrat Verfassungsbestimmungen nur mit Zweidrittelmehrheit beschließen kann.

Keine Junktime

Wöginger deponierte am Donnerstag allerdings, dass man keine "Junktimiererei" möchte und nur über Maßnahmen verhandeln wolle, die mit dem Thema Integration zusammenhängen. Unzufrieden zeigten sich die Koalitionsklubchefs mit dem Vorschlag der Neos, weil der vor allem Überschriften enthalte, wie Rosenkranz meinte. Wöginger forderte SP-Chefin Pamela Rendi-Wagner auf, nun ihre Vorschläge vorzulegen. Dann werde man Gesetzestexte und Kosten besprechen.

Sollten weder SPÖ noch Neos mitgehen, würde Rosenkranz das Gesetz auch mit Koalitionsmehrheit beschließen. Sollten die anderen Parteien aus taktischen Gründen nicht zustimmen, "dann müssen wir das alleine machen", so Rosenkranz.

Verfassungsbedenken

Er persönlich glaube nämlich nicht, dass das Kopftuchverbot der Religionsfreiheit widerspreche, meinte der FP-Klubchef – räumte aber ein, dass eine Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof im Fall einer einfachgesetzlichen Regelung durchaus möglich wäre. VfGH-Präsidentin Brigitte Bierlein hatte die entsprechenden Absichtserklärungen der Koalition bereits im April als "problematisch" bezeichnet. Damals lag aber noch kein konkreter Entwurf vor.

"Frühsexualisierung" von Mädchen

Begründet wird das Kopftuchverbot von Wöginger und Rosenkranz damit, dass das Kopftuch Geschlechtsreife signalisiere und man der "Frühsexualisierung" von Mädchen entgegenwirken wolle. Außerdem wolle man vermeiden, dass muslimische Volksschülerinnen aufgrund eines Kleidungsstückes diskriminiert werden, das signalisiere, dass sie nicht dazugehören. "Bei der Diskriminierung darf es kein Pardon geben", befand Wöginger.

Kopftuch nicht explizit erwähnt

Allerdings ist im Antrag der Koalition nicht explizit von einem Kopftuchverbot die Rede, sondern neutral von einem Verbot der Verhüllung des Hauptes aus weltanschaulichen oder religiösen Gründen. Dieses Verbot könnte laut Rosenkranz daher auch den Turban der Sikhs erfassen, sollte der in diesem Alter bereits getragen werden. Nicht gelten würde das Verbot aus seiner Sicht für die jüdische Kippa, weil diese für die Religionsausübung tatsächlich notwendig sei und keine Geschlechtsreife signalisiere.

Dass es keine verlässlichen Zahlen darüber gibt, wie viele Mädchen im Volksschulalter überhaupt Kopftuch tragen, ficht Rosenkranz nicht an. Jeder einzelne Fall sei einer zu viel, meinte der FP-Klubchef dazu. (APA, 22.11.2018)