Kiew – Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine eskaliert. Russische Truppen haben brachten drei Schiffe der ukrainischen Marine unter ihre Kontrolle. Russische "Spezialkräfte" hätten sich die Schiffe am Sonntag in der Straße von Kertsch vor der von Russland annektierten Halbinsel Krim angeeignet, erklärte das Kommando der ukrainischen Marine.

Zuvor hatten die ukrainischen Seestreitkräfte erklärt, das Schiff "Don" des russischen Grenzschutzes habe Marineschlepper der Ukraine gerammt . Ein Motor und der Rumpf des Schiffes seien dabei beschädigt worden.

Von russischer Seite hieß es, die ukrainischen Schiffe hätten die Grenze zwischen der Ukraine und Russland illegal überquert und auch Stopp-Aufforderungen ignoriert. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB erklärte, drei ukrainische Seemänner hätten Verletzungen erlitten, die aber nicht lebensbedrohlich seien.

Russland sperrte die Durchfahrt "aus Sicherheitsgründen" ab, der ukrainische Präsident Petro Poroschenko berief sein "Kriegskabinett" – also die hohen Militärvertreter des Landes – zu einem Krisentreffen ein. Dort wurde besprochen werden, ob das Kriegsrecht ausgerufen werden soll.

Moskau spricht von Provokation

Die ukrainische Schiffe wollten die Meerenge passieren, was Russland als Provokation deutete. Das Nachbarland wolle eine "Konfliktsituation" schaffen, indem man die Zwölf-Meilen-Zone vor der russischen Küste verletze, zitierten Medien eine Stellungnahme der russischen Behörden.

Kampfjets im Tiefflug.
Керчь ИНФО

Russland warf demnach der ukrainischen Marine vor, die russische Grenze ohne Erlaubnis passiert zu haben. Kiew dementierte. Die Russen sprachen von "gefährlichen Manövern", Nato- Sprecherin Oana Lungescu rief beide Seiten zur Zurückhaltung auf.

EU-Kommissionssprecherin Maja Kocijanic erklärte am Sonntagabend in Brüssel, man erwarte von Russland, die freie Passage der Straße von Kertsch wiederherzustellen.

Von russischer Seite wurde dieses Foto veröffentlicht, das drei ukrainische Schiffe in der Straße von Kertsch zeigen soll.
Foto: imago/ITAR-TASS

In Kiew hieß es den Angaben nach, Moskau verstoße gegen das UNO-Seerechtsübereinkommen und den Vertrag zwischen der Ukraine und Russland zur Nutzung des Asowschen Meers und der Straße von Kertsch.

Die Straße von Kertsch verbindet das Schwarze Meer mit dem Asowschen Meer.

Der Schlepper "Yani Kapu" und seine Begleitschiffe "Berdyansk" und "Nikopol" waren in der Nacht zum Sonntag auf dem Weg von der ukrainischen Hafenstadt Odessa nach Mariupol am Asowschen Meer.

Dieses Video soll den Zusammenstoß zeigen.

Das Asowsche Meer nordöstlich der Halbinsel Krim entwickelt sich seit Monaten zu einem weiteren Schauplatz des Konflikts der Nachbarländer. Das Verhältnis ist wegen der 2014 von Russland annektierten Krim und der Ostukraine, wo Moskau aus westlicher Sicht die prorussischen Separatisten militärisch unterstützt, zerrüttet.

Fischkutter festgesetzt

Kiew hatte angekündigt, die Präsenz der Marine im Asowschen Meer zu erhöhen. In den vergangenen Monaten hatten beide Seiten Fischkutter in dem Meer festgesetzt und beschlagnahmt. Am Sonntag überflogen auch russische Kampfhubschrauber und Militärflugzeuge die Brücke.

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Su-25-Kampfflugzeuge und Ka-52-Hubschrauber über der Brücke.
Foto: REUTERS/Pavel Rebrov

Die Agentur Interfax berichtete, es sollten russische Kampfflugzeuge auf der Krim stationiert werden. Auf Bildern war zu sehen, dass ein großes Frachtschiff direkt unter der Brücke zur Halbinsel quer im Wasser stand und so die Durchfahrt blockierte.

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Die Durchfahrt unter der im Mai eröffneten Brücke ist blockiert.
Foto: REUTERS/Pavel Rebrov

Im Oktober erklärte der ukrainische Flottenchef Igor Bondarenko die Absicht, einen Flottenstützpunkt im Asowschen Meer aufzubauen. Dies sei als Gegengewicht zur Militärpräsenz der Russen gedacht.

Zugleich klagte er, dass Russland mit Fertigstellung der Krim-Brücke den Verkehr ukrainischer Schiffe durch die Meerenge von Kertsch zunehmend blockiere. Innerhalb weniger Monate wurden rund 150 ukrainische Schiffe von Russland gestoppt und kontrolliert.

Moskau rechtfertigt das als Reaktion auf die Festsetzung eines russischen Schiffs im Asowschen Meer. Im Kreml sieht man die anstehende ukrainische Präsidentenwahl als Katalysator der Eskalation: Petro Poroschenko wolle durch den Konflikt sein Rating anheben oder den Ausnahmezustand verhängen, um die Wahl abzusagen, behauptete der Leiter des Außenausschusses im Föderationsrat, Wladimir Dschabarow. (André Ballin aus Moskau, red, APA, 25.11.2018)