Die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz fordert klare Regeln: Ärzte sollen über die Unwirksamkeit von Homöopathie aufklären.

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"Laut Krankenanstaltengesetz dürfen nur medizinisch anerkannte Verfahren angeboten werden – das ist bei Homöopathie definitiv nicht der Fall", sagt der niederösterreichische Patientenanwalt Gerald Bachinger.

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Globuli auf Rezept gibt es in Österreich nicht, homöopathische Therapien und andere komplementärmedizinische Verfahren werden dennoch im öffentlichen Gesundheitssystem angeboten. Markus Müller, Rektor der Med-Uni Wien, hat das Wahlfach Homöopathie aus dem Lehrangebot seiner Hochschule gestrichen (DER STANDARD berichtete), die Ambulanz für komplementärwissenschaftliche Methoden am Wiener Allgemeinen Krankenhaus wird mit der Pensionierung des betreibenden Arztes Michael Frass im nächsten Jahr nicht weitergeführt. Doch auch an Spitälern des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV) können komplementärmedizinische Therapien in Anspruch genommen werden, eine Tatsache, die Kopfschütteln bei den österreichischen Patientenanwälten auslöst.

Auf der Homepage der Österreichischen Gesellschaft für Homöopathie sind sogar vier homöopathische Ambulanzen in KAV-Spitälern angeführt. Sie lassen sich zwar teils über die Seite des KAV finden, werden aber nicht mehr als solche geführt, erklärt ein Sprecher auf STANDARD-Nachfrage. Es gebe "vereinzelt komplementärmedizinische Angebote". Diese Therapien richten sich an Patienten, "die eine solche Ergänzung zu medizinischen Behandlungen im Spital wünschen, weil alternative Behandlungsformen bei meist komplexer Krankheitsstruktur zusätzlich das Wohlbefinden erhöhen können".

Klare Abgrenzung gefordert

Für die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz ist diese Haltung unbefriedigend. Sie verlangt im STANDARD-Gespräch eine klare Abgrenzung seitens des KAV. Denn der Unwissenheit der Patienten dürfe man nicht nachgeben. "Die Ärzte, die homöopathische Therapien anbieten, müssen ihre Patienten darauf aufmerksam machen, dass es keine wissenschaftliche Evidenz für Homöopathie gibt und damit auch keine Wirksamkeit erwiesen ist." Diese Meinung teilt ihr niederösterreichischer Kollege Gerald Bachinger. Die niederösterreichischen Landeskliniken würden etwa nur evidenzbasierte Verfahren erlauben, diese Haltung würde er sich auch für Wien wünschen. Seiner Ansicht nach ist das bloße Angebot komplementärmedizinischer Verfahren in öffentlichen Krankenhäusern rechtlich problematisch: "Laut Krankenanstaltengesetz dürfen nur medizinisch anerkannte Verfahren angeboten werden – das ist bei Homöopathie definitiv nicht der Fall."

Strengere Regeln seien genauso für niedergelassene Ärzte notwendig. Handlungsbedarf sieht Bachinger bei der Österreichischen Ärztekammer, die über ihre "Akademie der Ärzte" ein Diplom für Homöopathie anbietet: "Das ist problematisch", die Kammer solle nur Fortbildungen anbieten dürfen, deren Anwendung wissenschaftlich fundiert sei. Über dieses Diplom verfügen österreichweit derzeit 748 Ärzte, der Großteil davon sind Allgemeinmediziner.

Ergänzender Aufdruck über Unwirksamkeit

Aus der Standesvertretung heißt es dazu, dass Fortbildungen, die über die Akademie der Ärzte angeboten werden, genauestens überprüft werden – etwa im Hinblick auf die Vortragenden. Laut Kammer kann dadurch gewährleistet werden, "dass Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten für definierte ärztliche Tätigkeiten in strukturierten, qualitätsgesicherten Fortbildungen vermittelt werden und dass nur Methoden behandelt werden, die die Schulmedizin ergänzen".

Doch wie kann man Patienten unterstützen, wenn zwar Ärzte Aufklärung leisten sollen, aber in Apotheken Globuli ohne Erklärung über den Ladentisch gehen? Auch dafür hat Pilz einen Vorschlag: Die Patientenanwältin fordert ein Verkaufsverbot für unwirksame Präparate. Denkbar ist für sie auch ein ergänzender Aufdruck, dass Globuli oder Bachblüten keine Medikamente seien und ihre Wirksamkeit nicht belegt sei. (Marie-Theres Egyed, 28.11.2018)