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Google hatte China aus Protest gegen "Totalitarismus" 2010 verlassen.

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"Wir sind Google-Angestellte. Google muss das Projekt ‚Dragonfly‘ fallenlassen". Mit diesem dringlichen Appell richten sich Mitarbeiter des IT-Riesen in einem offenen Brief an ihren Arbeitgeber. 332 Personen (Stand: Mittwochmorgen) haben sich dem Appell bisher namentlich angeschlossen.

"Dragonfly" ist Googles Anlauf für eine Rückkehr in den chinesischen Markt. Es handelt sich um eine Suchmaschine, die den strengen Auflagen der Zensurbehörden gerecht werden und entsprechend zensierte Ergebnisse liefern sollte. Die Mitarbeiter berufen sich in ihrem Brief auch auf Amnesty International. Auch die Menschenrechtsorganisation forderte Google auf, seine China-Pläne fallen zu lassen.

Kehrtwende

2010 hatte der Konzern seine Aktivitäten in der Volksrepublik eingestellt, nachdem man immer wieder mit der Regierung aufgrund der Zensurvorgaben aneinander geraten war. Firmen-Mitgründer Sergej Brin, heute Co-Chef bei Googles Mutterkonzern Alphabet, begründete den damaligen Schritt mit einer "Ablehnung des Totalitarismus".

Vor zwei Jahren sickerte schließlich erstmals durch, dass der Konzern seine Haltung wohl überdenkt. Dafür gibt es auch handfeste geschäftliche Gründe. China ist einer der letzten Wachstumsmärkte im Smartphone-Geschäft und anderen Bereichen. Googles Android ist das dominierende Betriebssystem auf Handys, aber abseits der Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao ist der Zugriff auf die Dienste des Unternehmens nicht möglich.

Darunter fällt neben dem Suchdienst vor allem auch der Play Store für Apps, bei dem Google auf Provisionsbasis mitverdient. Die Hersteller der Telefone installieren auf den Geräten stattdessen alternative App-Kataloge. Konkurrent Apple ist schon seit einigen Jahren offiziell in China tätig.

"Gefährlicher Präzedenzfall"

Die protestierenden Google-Mitarbeiter erklären in ihrem Schreiben, dass ihr Protest sich nicht gegen China an sich richte, sondern gegen die Bereitstellung von Technologie für die Unterdrückung "verwundbarer" Menschen auf der ganzen Welt. "Dragonfly" wäre ein "gefährlicher Präzedenzfall", der es Google schwer machen würde, sich in anderen Ländern gegen Zensur zu stellen. Man verweist außerdem auf die zunehmende Überwachung der Bevölkerung in China und die Unterdrückung von Menschenrechtsaktivisten oder ganzen Volksgruppen wie den Uiguren.

Man habe "nach einem Jahr voller Enttäuschungen" nicht mehr das Gefühl, Google würde seine Werte über seinen Gewinn stellen. Google arbeitete etwa mit dem Pentagon an einem Drohnenprojekt, das aber auf Druck der Mitarbeiter nicht mehr verlängert wird. Unmut sorgte auch der jahrelang inkonsequente Umgang mit Managern, die weibliche Mitarbeiter sexuell belästigt hatten.

"Verdienen Recht auf Mitsprache"

"Google ist zu mächtig, um nicht zur Verantwortung gezogen zu werden", heißt es abschließend. "Wir verdienen es, zu wissen, was wir erschaffen und wir verdienen ein Recht auf Mitsprache bei so wichtigen Entscheidungen." Eine Reaktion Seitens des Konzerns gibt es noch nicht. (gpi, 28.11.2018)