Hinter Stacheldraht und von Securitys bewacht sollen die Asylwerber in Drasenhofen gelebt haben. Zu ihrer Sicherheit, wie Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) betont.

Foto: Christian Fischer

Drasenhofen – Die umstrittene Asylunterkunft im niederösterreichischen Drasenhofen hat am Freitag für Chaos und einen Konflikt innerhalb der Landesregierung gesorgt. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft kam nach einem Lokalaugenschein zu dem Schluss, dass der dortige Zustand – etwa Stacheldraht rund um den ehemaligen Grenzposten – mit Jugendrechten nicht vereinbar sei. Sie empfahl, die Jugendlichen umzusiedeln oder das Konzept der Einrichtung zu überarbeiten.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sprach am Nachmittag ein Machtwort. Sie ordnete die umgehende Umsetzung der Empfehlungen an, worauf die Jugendlichen noch am Freitagabend verlegt wurden.

Die Burschen sind damit nicht mehr im Kompetenzbereich des eigentlich zuständigen Landesrats Gottfried Waldhäusl (FPÖ). Der verteidigte in der ZiB 2 sein Vorgehen und relativierte die im Bericht vorgebrachten Mängel der Einrichtung. Waldhäusl betonte, dass es sich nicht um "lauter liebe kleine Kinder" handle, und zitierte aus dem Jugendstrafregister der Betroffenen.

Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) verteidigt die Unterkunft.
ORF

Außerdem sollen die Flüchtlinge aus der Grundversorgung fallen, weil sie nicht mehr im Quartier sind, erklärte Waldhäusl. Es wäre besser gewesen, sie in Drasenhofen zu lassen, sagte der Landesrat, der seinen Rücktritt ausschloss.

Wie es mit Drasenhofen weitergeht, ist unklar. Der FPÖ-Politiker wollte im Gespräch mit dem STANDARD weder die Auflösung des Quartiers ausschließen noch dass in Zukunft andere Asylwerber dort einziehen könnten.

Die Flüchtlinge werden nun verlegt.
ORF

Die Grünen Niederösterreich kündigten an, in der nächsten Landtagssitzung einen Misstrauensantrag gegen Waldhäusl zu stellen. Eine Absetzung aber gilt als unwahrscheinlich: Auch wenn Mikl-Leitner und die ÖVP in Niederösterreich die absolute Mehrheit haben, könnte sie diese dank des Proporzsystems nicht einfach durchführen. Was sie allerdings könnte, und zwar mit einfacher Mehrheit, wäre eine Neuverteilung der Ressortzuständigkeiten. Waldhäusl könnte damit Landesrat bleiben, allerdings nicht mehr für die Asylagenden zuständig sein.

Mögliche Konsequenzen

Die NGO Asylkoordination Österreich kündigte an, eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft einzubringen. Fraglich ist jedoch, welchen Straftatbestand die Unterkunft und der dortige Umgang mit Asylwerbern erfüllt. Andreas Scheil vom Institut für Strafrecht der Universität Innsbruck sagt, die persönliche Freiheit gelte nur dann als entzogen, wenn jemand in einem "begrenzen Raum festgehalten wird, den er nicht oder nur mit großen Schwierigkeiten verlassen kann". Ob der Stacheldraht in Drasenhofen ein so gravierendes Hindernis darstellt, sei erst zu klären. Sollte aber der Security-Dienst die Anweisung haben, Asylwerber, die hinaus möchten, länger als zehn Minuten festzuhalten, dann sei der Straftatbestand erfüllt, so Scheil.

Sollte diese Anweisung von Waldhäusl gekommen sein, wäre dies möglicherweise ein Amtsmissbrauchsdelikt und mit sechs Monaten bis zu fünf Jahren Haft zu strafen. Es gilt die Unschuldsvermutung. Justizminister Josef Moser enthielt sich vorerst einer Beurteilung, er kenne den Sachverhalt nicht ausreichend. Die NGO Asylkoordination Österreich kündigte an, eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft einzubringen. (Gabriele Scherndl, 30.11.2018)