Am besten lassen sich Keime durch die feuchte Reinigung mit Brillenputztüchern reduzieren.

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Die Brille ist ein Alltagsgegenstand, den diejenigen, die ihn brauchen, immer dabei haben. In der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren tragen rund 44,2 Millionen Personen ständig oder gelegentlich eine Brille. Bisher gibt es zwar Untersuchungen über die Keimbelastung von Brillen für Chirurgen oder für 3D-Brillen, die in Kinos verliehen werden, doch zu ganz regulären Brillen fehlten bislang wissenschaftliche Daten.

Das hat nun der Mikrobiologe Markus Egert von der Hochschule Furtwangen nachgeholt. Er ist bekannt für seine Untersuchungen zur Keimbelastung von Gebrauchsgegenständen. Zuletzt hat er sich etwa Küchenschwämme vorgenommen. Sein Buch "Ein Keim kommt selten allein" ist im August im Ullstein-Verlag erschienen.

In seiner aktuellen Arbeit hat er nun erstmals die Mikroflora von Brillen untersucht. Für die Studie wurden insgesamt 31 Brillen an je sieben Stellen (Rahmen, Nasenpolster, Gläser) mit Tupfern beprobt und nach der Anzucht auf Nährmedien die vorhandenen Bakterien untersucht. 21 Brillen stammten von Studierenden und Mitarbeitern der Hochschule Furtwangen, zehn von Bewohnern eines Seniorenheims. "Alle untersuchten Brillen waren bakteriell besiedelt", sagt Egert. "Am stärksten an Stellen mit direktem Hautkontakt wie Ohrbügel und Nasenpolster. Die geringste Keimdichte fand sich auf den Gläsern." Gemessener Spitzenwert waren 660.000 Bakterien pro Quadratzentimeter auf einem Nasenpolster.

Deutlich mehr Bakterien

Im Mittel über alle Stellen waren die Hochschulbrillen nicht stärker besiedelt als die Seniorenheimbrillen. Auf den Gläsern der Seniorenheimbrillen wurden aber deutlich mehr Bakterien als auf den Hochschülerbrillen nachgewiesen (230 versus 40 Bakterien pro Quadratzentimeter).

Eine mögliche Erklärung dafür: Die altersbedingte Sehschwäche der Seniorenheimbewohner fördert die Verkeimung der Gläser, weil sie diese seltener reinigen, denn Fingerabdrücke oder ähnliche Verschmutzungen auf den Gläsern fallen ihnen weniger auf. Auf den Seniorenheimbrillen zeigte sich zudem eine höhere Vielfalt an Bakterien (zehn Gattungen im Gegensatz zu zwei Gattungen auf den Hochschulbrillen). Dazu passt: Auch die Hautflora wird mit zunehmendem Alter vielfältiger.

Identifiziert wurden vor allem typische Haut- und Schleimhautbakterien, vor allem der Gattung Staphylococcus. Der Anteil an potenziell pathogenen, also potenziell gesundheitsschädlichen Bakterienarten lag bei rund 60 Prozent. Diese Bakterien können vor allem bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem Krankheiten auslösen. Es wurden auch Auslöser von Augenerkrankungen wie Bindehautentzündung oder Endophthalmitis gefunden, etwa Staphylococcus epidermidis, Staphylococcus hominis und Staphylococcus aureus. Von diesen Arten sind auch Antibiotika-resistente Varianten bekannt.

Besser feucht reinigen

Mit standardisierten Reinigungstests wurde schließlich gezeigt, dass sich durch Abreiben von Gläsern und kompletten Brillen mit feuchten Brillenreinigungstüchern eine Keimreduktion um 94 bis 99 Prozent erreichen lässt. Dabei wurden auch Reinigungstücher mit einer alkoholfreien Reinigungslösung getestet, die schonender zu Gestellen aus Kunststoff ist. Eine trockene Reinigung war weniger effektiv beim Entfernen von Keimen und erzielte 85 bis 90 Prozent Reduktion.

"Die Studie zeigt deutlich, dass Brillen als Keimträger fungieren", so Egert. In weiteren Studien soll gezeigt werden, ob Zusammenhänge zwischen der Brillenflora und wiederkehrenden Augeninfektionen bestehen können, also ob eine Brille als eine Art Erregerreservoir fungieren kann. Weiterhin soll untersucht werden, ob Brillen auch Verstecke für Antibiotika-resistente Keime wie MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) sein können, insbesondere im klinischen Umfeld.

"Für gesunde Menschen stellt ihre Brille sicher kein besonderes Infektionsrisiko dar", beruhigt Egert. "Bei häufig wiederkehrenden Augeninfekten oder einer nötigen MRSA-Sanierung sollte aber auch an eine Desinfektion der Brille gedacht werden." (red, 6.12.2018)