Keine Entwarnung in Oberösterreich: Schmiererei auf dem jüdischen Friedhof in Linz.

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In der oberösterreichischen Gemeinde Gallneukirchen wurde am vergangenen Donnerstag die massive Kürzung der Förderung für das örtliche Mauthausen-Komitee beschlossen. Antragsteller war der FPÖ-Gemeinderat Joe Mitterhuber, der schon die Rede des Schriftstellers Thomas Baum bei der Gedenkkundgebung beim "Mahnmal für den Frieden" in Gallneukirchen im Februar kritisierte. Baum hatte in seiner Gedenkrede an den kritischen, widerständigen Priester und Pädagoge Johann Gruber, der von den Nazis gefoltert und ermordet wurde, erinnert und dann zur aktuellen politischen Situation Österreichs gesprochen. Dabei listete er bekannte rechtsextreme "Einzelfälle" aus dem Umfeld der FPÖ auf.

Eine Rede, die nicht sein darf

Wie Rupert Huber, Vorsitzender des Mauthausen-Komitees Gallneukirchen und SPÖ-Gemeinderat in einem Sitzungsprotokoll, das dem STANDARD vorliegt, festhält, habe Antragsteller Mitterhuber im Dialog mit Vizebürgermeister Sepp Wall-Strasser (SPÖ) angegeben, dass eine Rede wie jene Baums nicht mehr sein dürfe und dass die Kürzung auch im Sinne des Vizelandeshauptmanns von Oberösterreich, Manfred Haimbuchner (FPÖ), sei. Mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ wurde die Förderung schließlich von 4.000 auf 2.500 Euro gekürzt. Alle Mandatare von SPÖ und Grünen hatten den Saal verlassen.

"Ich bin entsetzt über die Vorgehensweise von FPÖ und ÖVP in Gallneukirchen. Es ist erschreckend, wenn dem Mauthausen-Komitee die Förderung gekürzt wird – gerade im Gedenkjahr 2018 –, weil bei einer Gedenkveranstaltung kritische Worte fallen", zeigte sich am Sonntag die Mühlviertler Abgeordnete und SPÖ-Sprecherin für Gedenkkultur, Sabine Schatz, empört.

Die Vorgangsweise in Gallneukirchen vor wenigen Tagen ist aber auch vor dem Hintergrund der Probleme, die Oberösterreich mit Rechtsextremismus und Rassismus hat, bemerkenswert. Schon das dritte Jahr in Folge besetzte Oberösterreich im Bereich der rassistischen und rechtsextremen Taten in den Verfassungsschutzberichten bundesweit den ersten Platz.

Schändungen, Brandstiftungen

2017 gab es in ganz Österreich 1063 Straftaten mit rechtsextremem und menschenfeindlichem Hintergrund. Die Fälle gingen in Oberösterreich von 2016 auf 2017 zwar von 242 auf 192 zurück, jedoch schnellten die Zahlen in den Jahren zuvor massiv in die Höhe: 2017 wurden zum Beispiel in ganz Österreich mehr als fünfmal so viele rechtsextreme Straftaten verübt wie 2005 (von 209 auf 1063), in Oberösterreich war die Zahl 2017 um 76 Prozent höher als noch 2014 (von 109 auf 192).

Um nur wenige Vorfälle in Erinnerung zu rufen: Allein die KZ-Gedenkstätte Mauthausen wurde 2009, 2010 und 2014 das Ziel von Schändungen, die alle bis heute nicht aufgeklärt wurden. 2013 gab es Verhaftungen im Neonazi-Netzwerk Objekt 21, und auch die Verantwortlichen für den Brandanschlag auf das Flüchtlingsheim in Altenfelden 2016 wurden noch nicht gefunden.

Nach Letzterem kündigte der damalige Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) einen "Nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus" an – sehr zur Freude des Mauthausen-Komitees Österreich und des oberösterreichischen Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus, dem 83 politische, gewerkschaftliche, kirchliche, kulturelle und humanitäre Organisationen angehören.

"Cyklon B"

Ein Antrag, den der Grüne Rudi Anschober Ende November mit Unterstützung der SPÖ in der Landesregierung eingebracht hatte, wurde niedergestimmt und nicht einmal dem Landessicherheitsrat zugewiesen. Darin forderte man etwa eine gemeinsame Stellungnahme der Landesregierung "zur Bekämpfung rechtsextremer Straftaten", die Einberufung eines runden Tisches mit Sicherheitsbehörden, Justiz, Schulen, Zivilgesellschaft und Landesregierung sowie die Prüfung "regionaler Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus in den Bezirken".

Erst Anfang November hatte jemand auf eine Tafel am Eingang des jüdischen Friedhofes in Linz "Cyklon B" geschrieben. Eine orthografisch falsche, aber klare Anspielung auf das Gift Zyklon B, mit dem die Nationalsozialisten ihre Massenmorde in KZs begingen. (Colette M. Schmidt, 17.12.2018)