Der türkische Botschafter in Wien, Mehmet Ferden Çarıkçı, kommentiert den Fall Zirngast nicht. Das sei Sache der unabhängigen Justiz, lautet die Haltung der türkischen Regierung.

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Ankara/Wien – Der türkische Botschafter in Österreich, Mehmet Ferden Çarıkçı, sieht eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Wien und Ankara. "Die zuvor beschädigten Verbindungen sind größtenteils wiederhergestellt worden", sagte Çarıkçı laut türkischen Medienberichten am Dienstag. Er hob dabei das Treffen der beiden Präsidenten Alexander Van der Bellen und Recep Tayyip Erdoğan bei der UN-Generalversammlung hervor.

Das Präsidententreffen habe eine "wichtige Rolle" in diesem Prozess gespielt, sagte Çarıkçı der Nachrichtenagentur Anadolu. "In den fünf Jahren davor hatte es keine Treffen dieser Art gegeben. Der Dialog wurde auf höchster Ebene der beiden Länder geführt." Van der Bellen und Erdoğan waren im September in New York zusammengekommen.

Gemeinsames Kulturjahr

Hintergrund des Treffens waren Bemühungen zur Freilassung des Österreichers Max Zirngast, der wenige Tage davor in Ankara unter Terrorverdacht festgenommen worden war. Zu Weihnachten wurde er gegen Auflagen entlassen. Çarıkçı äußerte sich laut der Zeitung "Daily Sabah" nicht zum Fall Zirngast, in dem die türkische Regierung immer auf die Unabhängigkeit der Justiz verweist.

Österreich und die Türkei würden "bald" ein gemeinsames Kulturjahr ankündigen, sagte Çarıkçı. In Österreich gebe es ein auf Vorurteilen und fehlendem Wissen beruhendes "falsches Bild" der Türkei, gegen das unter anderem mit Kulturveranstaltungen angekämpft werden solle.

Çarıkçı verwies auch auf die engen wirtschaftlichen Beziehungen. "Österreich ist der drittgrößte ausländische Investor in der Türkei. In den ersten neun Monaten des Jahres 2018 war es der zweitgrößte mit 418 Millionen in Investitionen." Im Tourismus sei die Türkei nach Spanien das zweitliebste Urlaubsziel der Österreicher. Çarıkçı kündigte auch einen Österreich-Besuch von Handelsministerin Ruhsar Pekcan im Jänner auf Einladung von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) an.

Verbotene Wahlkampfauftritte

Die Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei hatten sich Mitte 2016 massiv verschlechtert, weil Ankara auf den Putschversuch des Militärs mit massiven Angriffen auf Oppositionelle und Journalisten sowie Massenentlassungen aus dem Staatsdienst reagierte. Die beiden damaligen Regierungsparteien SPÖ und ÖVP schienen sich einen Wettlauf darin zu liefern, wer die härtere Haltung gegenüber dem Erdoğan-Regime einnimmt.

Für Verstimmung sorgte neben dem Verbot türkischer Wahlkampfauftritte in Österreich insbesondere die Forderung der rot-schwarzen Regierung, die EU-Beitrittsverhandlungen abzubrechen. Die Türkei reagierte, indem sie österreichischen Archäologen in Ephesos die Lizenz entzog und die Nato-Kooperation mit Österreich blockierte.

Die Ende 2017 gebildete türkis-blaue Koalition nahm den Abbruch der UE-Beitrittsverhandlungen in ihr Regierungsabkommen auf. Mit dem Wechsel an der Spitze des Außenministeriums schien sich aber die Gelegenheit für eine Verbesserung der Beziehungen zu ergeben, nachdem der bisherige Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) wegen seiner harten Haltung von türkischen Regierungsmitgliedern massiv attackiert worden war.

Seine Nachfolgerin Karin Kneissl (FPÖ) reiste bereits Ende Jänner nach Istanbul, um mit ihrem Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu ein "neues Kapitel" in den Beziehungen aufzuschlagen. Dieser kündigte an, dass die Grabungen in Ephesos wieder aufgenommen werden dürfen. Im März kam er zu einem Besuch nach Wien, Ende August nahm er an einem EU-Außenministertreffen im Rahmen des österreichischen Ratsvorsitzes in Wien teil. (APA, 27.12.2018)