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Wien/Luxemburg – Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker will für den Karfreitag als gesetzlichen Feiertag der Protestanten kämpfen. Sollte die Prüfung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) negativ ausgehen, würde er ihn zum Feiertag für alle machen wollen, sagte er im APA-Interview – eventuell im Abtausch mit dem Pfingstmontag. Persönlich ist Bünker für die Trauung homosexueller Paare in seiner Kirche.

Hintergrund des Rechtsstreits, der derzeit beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) anhängig ist, ist die Regelung, wonach der Karfreitag nur für Angehörige der evangelischen Kirchen A.B. und H.B., der Altkatholischen und der evangelisch-methodistischen Kirche ein gesetzlicher Feiertag ist. Nur Angehörige dieser Kirchen haben Anspruch auf ein Feiertagsentgelt, worin der EuGH-Generalanwalt zuletzt Diskriminierung sah.

Bünker ab August im Ruhestand

Für Bünker wäre der Wegfall der Feiertagsregelung ein "massiver Einschnitt, weil für uns der Karfreitag von einer besonderen Bedeutung ist". Im Fall einer Entscheidung zuungunsten der Protestanten "würde ich mich dafür einsetzen, dass er zum allgemeinen Feiertag für alle wird", so der Bischof und weiter: "Wenn es notwendig ist, müsste man noch einmal auf die Gesamtzahl der Feiertage schauen. Eventuell kann man überlegen, einen anderen dafür zu streichen."

Der römisch-katholischen Kirche will Bünker, der 2019 als Bischof den Ruhestand antritt, nichts wegnehmen, wie er beteuert. Der einzige Feiertag, der nicht via Konkordat geregelt ist, sei aber der Pfingstmontag. "Das wird man nicht von heute auf morgen machen können", ist Bünker bewusst. Neben den anderen Kirchen würden bei diesem Thema auch Vertreter der Wirtschaft und der Sozialpartner mitreden. Nachsatz: "Aber darum wird sich mein Nachfolger kümmern."

"Wir nehmen der traditionellen heterosexuellen Ehe nichts weg"

Mit Ende August gibt Bünker sein Amt an einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin ab. Gewählt werden soll er oder sie bei einer Synode am 4. Mai. Der gebürtige Leobener, der in Kärnten aufgewachsen ist, ist seit 2008 Oberhaupt der Lutheraner in Österreich und zeigt sich glücklich, dies auch im Jubiläumsjahr zu 500 Jahren Reformation gewesen zu sein. Auch eine Frau kann er sich als Nachfolgerin vorstellen, es gebe viele Pfarrerinnen, "die hervorragend qualifiziert sind".

Noch in seine Amtszeit dürfte eine Grundsatzentscheidung seiner Kirche fallen: Bei einer Synode am 9. März soll die Entscheidung fallen, ob künftig auch homosexuelle Paare in den Gemeinden getraut werden. Wobei jede Pfarre für sich entscheiden soll. "Wir wollen keine Gemeinde zwingen, es machen zu müssen. Wir wollen jene ermutigen, die sagen: Ja, das ist für uns ein Weg, den wir uns vorstellen können", meint der Bischof.

Ein Problem stellt für Bünker dabei die "Untätigkeit des Gesetzgebers" bei der Umsetzung des Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisses dar, weswegen man selbst auch "so spät dran" sei. Persönlich meint er zur kirchlichen Trauung Homosexueller: "Ich wünsche es mir, dass diese Öffnung gelingt. Wir nehmen damit der traditionellen heterosexuellen Ehe nichts weg. Wir stärken verlässliche, auf Treue angelegte, lebenslange Partnerschaften, und da setze ich mich auch gerne dafür ein."

Kritik an staatlicher Asyl-Rechtsberatung

Die Pläne der Regierung, die unabhängige Rechtsberatung für Asylsuchende einer Bundesagentur im Innenministerium zu übertragen, stoßen auf kirchlichen Widerstand.

"Wenn es stimmt, dass die Agentur kommt, dann ist die Unabhängigkeit natürlich schon sehr infrage gestellt", kritisiert Bünker, dessen evangelische Diakonie bisher die Rechtsberatung angeboten hat. Eine staatliche Rechtsberatung wäre zudem eine europaweite Ausnahme, so der Bischof. "Das wäre eine Zäsur und eine neuerliche Bestätigung, dass wir uns hier in diesem gesamten Bereich menschenrechtlich gesehen auf dünnem Eis befinden."

Hilfsbereitschaft nicht gesunken

Kritik übt der Bischof auch am Umgang mit zum Christentum konvertierten Flüchtlingen: "Menschen werden trotz Taufe abgeschoben, auch wenn man vermuten muss, dass sie in Gefahr kommen." Generell werde oft der Eindruck vermittelt, die Konversion wäre vorgetäuscht, "als würde sich die Kirche und ihre Pfarrer und Pfarrerinnen über den Tisch ziehen lassen". Bünker: "Wir sind da sehr sorgfältig und gewissenhaft in der Vorbereitung, wenn sich ein Asylwerber taufen lassen will."

Die Hilfsbereitschaft der Österreicher für Flüchtlinge sei nicht gesunken, findet Bünker dennoch, aber: "Die Rahmenbedingungen haben sich verschärft, das allgemeine Klima ist einfach ein anderes geworden. Das, was wir jetzt hier politisch erleben, ist natürlich auch oft eine Beschleunigung dieses Weges. Wenn es plötzlich zu politischen Zielen wird, dass man Asylwerbenden möglichst schwer macht, dann steckt da natürlich auch eine Absicht dahinter."

"Antisemitismus ist eine Krankheit"

Absicht vermutet Bünker auch beim Umgang der Regierung mit Muslimen, etwa beim Kopftuchverbot. "Es geht so ein bisschen um kulturelle Homogenität, die es nie gegeben hat." Mehrere Gruppen seien in der österreichischen Geschichte von derartigen Bestrebungen betroffen gewesen. "In erster Linie Jüdinnen und Juden. Aber auch andere, und da gehören die Evangelischen auch dazu. Und heute sind es die Muslime. Ohne dass ich da irgendwas vergleichen möchte."

Antisemitismus habe es auch in den eigenen Reihen gegeben, merkt der Bischof an, auch wenn dieser abebbe. "Aber man darf sich nicht täuschen", so der Bischof, denn: "Der Antisemitismus ist eine Krankheit. Die ist nicht in einer Generation geheilt, sondern sie ist eine ständige Herausforderung." Zur von der FPÖ eingesetzten Historikerkommission meint er: "Die Aufarbeitung beginnt erst dort zu wirken, wo sie wehtut."

Bedenken hat der evangelisch-lutherische Bischof auch, was den Umgang mancher Politiker mit Journalisten betrifft. "Ich glaube, dass wir ganz generell auf eine Zeit hingehen, in der die uneingeschränkte Geltung der Menschenrechte da und dort infrage gestellt wird. Und das betrifft auch Presse- und Meinungsfreiheit." Darum müssten Medien auch unabhängig bleiben. Bünker: "Aus diesem Grund bin ich auch für die ORF-Gebühren. Der ORF gehört uns, nicht der Regierung." (APA, 30.12.2018)