Thiruvananthapuram – Mit mehreren Demonstrationen und einem "Hartal" gegen den Zutritt von Frauen zum Tempel Sabarimala haben Hindu-Fundamentalisten am Donnerstag das öffentliche Leben in dem indischen Bundesstaat Kerala weitgehend lahmgelegt. Medienberichten zufolge blieben Märkte und Schulen im Staat am Donnerstag geschlossen, zahlreiche Straßen waren blockiert.

Der Begriff "Hartal" bezeichnet einen Tag der Trauer oder des Protests, an dem alle Läden geschlossen bleiben und nicht gearbeitet wird. Die Aktionen, bei denen es mancherorts zu Ausschreitungen kam, wurden laut örtlichen Medienberichten von der regierenden Indischen Volkspartei (BJP) von Premierminister Narendra Modi mitorganisiert.

Die Polizei verhaftet einen Demonstranten, der aus Protest ein Bild des Regierungschefs von Kerala verbrennen wollte.
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Bei einer BJP-Kundgebung ist laut Angaben der örtlichen Polizei ein Mann durch Steinwürfe getötet worden. Über 100 Menschen, darunter knapp 40 Polizisten, wurden verletzt, berichtete die indische Tageszeitung "Hindustan Times" online.

Die oppositionelle Kongresspartei rief in Kerala zu Gegendemonstrationen für die Rechte von Frauen auf.

Zutritt unter Polizeischutz

Die Proteste waren am Mittwoch ausgebrochen, nachdem die Behörden der linksgerichteten kommunistischen Regionalregierung Keralas zwei Frauen den Zugang zum Tempel Sabarimala ermöglicht hatten. Damit wurde ein Urteil des Obersten Gerichts Indiens vom September durchgesetzt.

Damals hatte das Gericht das bisherige Besuchsverbot für Frauen im menstruationsfähigen Alter zwischen 10 und 50 Jahren mit Verweis auf den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung gekippt. Ihnen war der Zutritt zu den Heiligtümern des Sabarimala Tempels bis dahin verwehrt worden, da ihre Anwesenheit nach Ansicht konservativer Hindus das Zölibat der Tempelgottheit Ayappa gefährden würde.

Am Donnerstag fanden im gesamten Bundesstaat Kerala Protestaktionen und Streiks statt.
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Die beiden Frauen sind nun die ersten seit dem umstrittenen Richterspruch, denen es tatsächlich gelang, das Heiligtum zu betreten. Die beiden betraten kurz vor Sonnenaufgang heimlich den Tempel.

Der Tempel wurde anschließend einem "Reinigungsritual" unterzogen. Die Aktion sorgte in ganz Kerala für heftige Proteste. Vor dem Parlament in Keralas Hauptstadt Thiruvananthapuram lieferten sich gegnerische Gruppierungen gewalttätige Auseinandersetzungen. Die Polizei setzte Tränengas, Wasserwerfer und Blendgranaten gegen die Demonstranten ein.

Über 100 Menschen, darunter knapp 40 Polizisten, wurden verletzt.
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Jahrelanger Rechtsstreit

Der Sabarimala-Tempel ist einer der heiligsten Tempel der Hindus. Frauenaktivistinnen versuchten immer wieder vergeblich, zu dem auf einem Berg gelegenen Schrein für den Gott Ayyappa zu gelangen. Sie wurden jedoch stets von Hindu-Traditionalisten abgehalten. Dabei kam es bereits im Oktober zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei, mehr als 2.000 Menschen wurden festgenommen.

Am Dienstag hatten hunderttausende Frauen eine kilometerlange Menschenkette durch Kerala gebildet, um der Forderung nach Zutritt zu dem Tempel Nachdruck zu verleihen. (APA, red, 3.1.2019)