Gerald Fleischmann, der sehr mächtige Kommunikationschef des Bundeskanzlers, hat auf Twitter folgende Einschätzung der Caritas abgegeben: "Die Caritas ist einer der Top-50-Konzerne Österreichs mit 14.000 Angestellten, knapp einer Milliarde Jahresbudget und professionellem Marketing für eine konzernfreundliche Öffentlichkeit."

Darauf antwortete der Tweeter Christian Horner ("zahlendes Mitglied der katholischen Kirche"): "Und müsste die Kurz-Regierung die Leistungen von Caritas, Volkshilfe, Rotem Kreuz, Feuerwehren organisieren, würde sie 1. grandios scheitern und 2. mindestens doppelt so viel Geld verbrauchen. Wetten?"

Worauf sich wieder Fleischmann einsichtig zeigte: "Gebe Ihnen recht. Würde wohl scheitern, weil es dann staatlich organisiert werden müsste und folglich auch sicher mehr kosten würde. Halte alle von Ihnen genannten Organisationen für unersetzlich. Über das Marketing kann man streiten."

Ja, Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz, Volkshilfe und Co sind teilweise große, professionell gemanagte Organisationen. Keine alten Damen, die freundlich Klostersüppchen verteilen, sondern Profis, die binnen kurzem ganze Hilfszüge bei internationalen und nationalen Katastrophen aufstellen können und sich jahrein, jahraus um (inländische) Benachteiligte und/oder Behinderte und natürlich auch um Flüchtlinge kümmern. Was Fleischmann vergessen hat: Zusätzlich zu den 16.000 (nicht 14.000) Angestellten hat die Caritas 50.000 ehrenamtliche Helfer.

Staatspersonal ist teuer

Wenn das der Staat durch eigenes Personal erledigen wollte, wie nicht wenige Poster auch in den Internetforen fordern, müsste die Republik zehntausende öffentlich Bedienstete aufnehmen und nach Öffentlicher-Dienst-Schema bezahlen, das mit Sicherheit besser ist als das der privaten Humanitären (ganz zu schweigen von den Ehrenamtlichen). Staatspersonal ist teuer (warum wohl wird etwa die Bewachung des Parlaments an private Security-Firmen ausgesourct?).

Selbstverständlich werden der Caritas und den anderen NGOs Dienstleistungen wie etwa die Betreuung von Flüchtlingen und Behinderten teilweise abgegolten. Da wird dann im rechtsextremen, FP-nahen "Wochenblick" völlig faltenfrei behauptet, die Caritas mache 300 Millionen Gewinn. Daran knüpfen dann die Vorwürfe der FPÖ, die Caritas sei "profitgierig" (Klubobmann Gudenus) oder "sorge sich um den Anteil am Kuchen an der Asylindustrie" (Generalsekretär Hafenecker).

Aber will da vielleicht wer am Kuchen mitnaschen? In Niederösterreich, wo der FPÖ-"Asyl-Superstar" Gottfried Waldhäusl das Asylwesen überhat, beauftragte das Land die Sicherheitsfirma NSA mit "Rückkehrberatung" für Flüchtlinge, obwohl dies schon vom Verein Menschenrechte Österreich (VMÖ) im Auftrag des Bundesministeriums seit 2003 erledigt wird.

Sind die Angriffe der FPÖ vielleicht schon vorsorgliches Zermürbungsfeuer, wenn es künftig darum geht, wer in der zu gründenden Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) Posten besetzt und Aufträge vergibt?

Wie der ÖVP-Teil der Regierung Mühe hat, das zu bewältigen, zeigt sich am Samstag, da die VP-Staatssekretärin im Innenministerium, Karoline Edtstadler, dazu aufrief, "beide Seiten", Caritas wie FPÖ, sollten "sich mäßigen". Dem war, wie gesagt, vorausgegangen, dass Caritas-Chef Michael Landau bei der Regierung "ein Empathiedefizit" geortet hatte, aber FPÖ-Politiker wie Gudenus und Hafenecker der Caritas "Profitgier" und Mitschneiden am "Kuchen der Asylindustrie" vorgeworfen hatten. Michael Landau solle nicht "parteipolitische Debatten führen", Hafenecker die ehrenamtliche Arbeit der Caritas würdigen, sagte Edtstadler.

Dazu twitterte Claus Pándi von der Krone (!): " Welche parteipolitischen Debatten führt @mlcaritas denn genau?"

Tatsächlich ist angesichts des grotesken Missverhältnisses zwischen der Besorgnis der Caritas und der wüsten Aggression der FPÖ dieses "Beide-Seiten"-Geschwurbel völlig unangebracht. (Hans Rauscher, 4.1.2019)