Bild nicht mehr verfügbar.

Die USA haben die Kurdenmiliz YPG im Kampf gegen den IS unterstützt. Nach dem US-Abzug sollen sie vor türkischen Angriffen verschon bleiben, fordert Washington.

Foto: AP / Hussein Malla

Die anfängliche Euphorie über den Abzug der amerikanischen Truppen dürfte in Ankara verflogen sein. Am Montagabend sollte der Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, John Bolton, in Ankara eintreffen, um mit dem türkischen Präsidenten Tayyip Erdogan einen Deal für die syrischen Kurden zu vereinbaren. Die Verhandlungen sind wohl schwierig.

Denn Bolton hatte bereits am vergangenen Sonntag in Jerusalem den Zeitplan für den Rückzug der US-Truppen aus Syrien an Bedingungen geknüpft und Ankara vor vorschnellen militärischen Aktionen gewarnt: "Wir denken nicht, dass die Türken eine Militäroperation vornehmen sollten, ohne dass sie das Einverständnis der USA haben und sich vollständig mit uns abgestimmt haben."

Bereits zwei Tage zuvor hatte sich US-Außenminister Mike Pompeo ähnlich, wenn auch etwas grober geäußert: Er sagte zu Newsmax, man müsse sicherstellen, "dass die Türken die Kurden nicht abschlachten". Das hatte für Empörung in Ankara gesorgt. Schließlich geht es Ankara in erster Linie um eine Schwächung der kurdischen Miliz YPG. Pompeo würde diese mit der kurdischen Bevölkerung gleichsetzen. Der Sprecher des Präsidenten, Ibrahim Kalin, sagte der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu, man wolle die Kurden "vor der Grausamkeit und Unterdrückung einer Terrororganisation retten".

Verzögerte Offensive

Der Rückzug der US-Truppen hätte der türkischen Armee freie Bahn gegeben, um gegen die YPG vorzugehen, ohne dabei Gefahr zu laufen, mit dem Nato-Partner zusammenzustoßen. Bisher hatten US-Truppen gemeinsam mit der YPG patrouilliert.

In der Türkei hatte man sich deswegen in den vergangenen Tagen bereits auf eine Offensive vorbereitet. Truppen wurden auf der türkischen Seite der Grenze zusammengezogen. Als erstes Ziel gilt die Stadt Manbij, die westlich des Euphrats liegt und von der YPG kontrolliert wird. Als Reaktion auf die angekündigte Offensive hatte die YPG sogar Truppen des verhassten Machthabers Bashar al-Assad zu Hilfe gerufen. Angeblich sollen syrische Regierungstruppen dort auch schon eingetroffen sein.

Trump hatte Ende Dezember überraschend angekündigt, die 2000 US-Soldaten aus Syrien abziehen zu wollen. Ursprünglich waren dafür 30 Tage vorgesehen, was Experten ohnehin für sehr ambitioniert gehalten hatten. Bereits zuvor hatte der türkische Präsident eine Offensive auf syrisches Territorium östlich des Euphrats angekündigt. Die Türkei will dort seit Jahren eine zirka 30 Kilometer breite Sicherheitszone einrichten. Denn ein unabhängiger kurdischer Staat im Norden Syriens könnte – so die Befürchtungen Ankaras – Unabhängigkeitsbestrebung der Kurden in der Türkei fördern und zudem die PKK stärken. Ankara sieht die syrische YPG als Ableger der Terrororganisation PKK.

Die Entscheidung Trumps war auch innerhalb der US-amerikanischen Regierung kritisiert worden. So hieß es, man würde die Kurden im Stich lassen, auf deren Truppen man jahrelang im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischen Staat" (IS) angewiesen war. Am Montag erklärte Trump auf Twitter, der Abzug solle "vorsichtig" und im "angemessenen Tempo" geschehen. (Philipp Mattheis aus Istanbul, 7.1.2019)