Innenminister Herbert Kickl (links) hat die Umsetzung seiner durchgreifenden Pläne in die Hände Peter Webingers (rechts) gelegt, der seit heuer im Ministerium eine Super-Sektion führt.

foto: apa/punz

Wien – Bei der Reform der Rechtsberatung für Asylwerber drückt die Bundesregierung heftig aufs Tempo. Bis März werde man die rechtlichen Grundlagen für das neue Modell, das statt der bisherigen Beratung durch NGOs entsprechende Leistungen einer neuen Bundesagentur für Betreuung und Unterstützungsleistungen vorsieht, "vorbereiten und beschließen", verkündeten die Regierungskoordinatoren Gernot Blümel (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) am Montag in einer Aussendung.

So stehe es im Regierungsprogramm, so werde man es umsetzen.

Wirklich zu arbeiten anfangen werden die staatlich bestellten Berater dann aber erst viel später. Konkret könnte sich dies bis mindestens Anfang 2021 verzögern. Grund dafür: Der von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) ursprünglich angepeilte Zeitplan für die unter Menschenrechtsexperten wegen Bedenken in Sachen Berater-Unabhängigkeit höchst umstrittene Umstellung ist ins Stocken geraten.

Diakonie berät weiter

Erst wurde bekannt, dass Justizminister Josef Moser (ÖVP) darauf verzichtet hat, die Verträge mit Diakonie und Volkshilfe über die in den gerichtlichen Asylberufungsverfahren zu leistende Rechtsberatung mit Jahresende 2018 zu kündigen. Das Innenministerium habe weder eine Wirkungsfolgenabschätzung, noch eine Kostennutzenanalyse seiner Planungen vorgelegt und sich auch zu Fragen der künftigen Trägerschaft bedeckt gehalten, begründete er seine Zurückhaltung.

Diese jedoch ist nicht auf das Justizressort beschränkt. Auch das Innenministerium selbst hat bisher keine Schritte in Richtung Vertragsauflösung in seinem Bereich gesetzt: Die Übereinkunft mit der evangelischen Diakonie für Rechtsberatung im Asyl-Zulassungsverfahren gilt im neuen Jahr 2019 weiter wie bisher.

Erfreuliche Überraschung

"Das hat uns schon überrascht, denn wir hatten fest mit einer Kündigung zum 31. Dezember 2018 gerechnet", sagt dazu eine Diakonie-Sprecherin. Eine Vertragsauflösung mit Jahresende hätte eine zwölfmonatige Kündigungsfrist zur Folge gehabt, sodass die Diakonie ihre Tätigkeit im Jänner 2020 hätte beenden müssen. Das dürfte sich nun um ein weiteres Jahr auf Jänner 2021 verschieben.

Unabsehbar ist derzeit aber auch der Zeitpunkt für eine weitere von der Bundesregierung angepeilte tief greifende Änderung im Umgang mit Asylwerbern: dem Ende ihrer Unterbringung und Betreuung in privatwirtschaftlich geführten Quartieren in den Bundesländern und dem Übergehen dieser Aufgaben an die noch zu gründende Bundesagentur.

Laut Minister Kickl bei einer Pressekonferenz am Montag soll dies "Mitte 2020 geschehen". Doch die bis dahin zu bewältigenden Hindernisse sind beträchtlich.

Länderunterbringung läuft aus

Was etwa soll mit der der aktuellen Länderunterbringung zugrunde liegenden Bund-Länder-Vereinbarung aus dem Jahr 2004 passieren? Kündigen werde man diese nicht, sagte der von Kickl mit heurigem Jahresbeginn zum Leiter der neuen, alle Asyl- und Migrationsagenden umfassenden Sektion V im Innenministerium bestellte Peter Webinger. Auch werde kein einziger Asylwerber aus seinem derzeitigen Länderquartier in eine Bundeseinrichtung übersiedeln müssen.

Neu hinzukommende Flüchtlinge jedoch würden direkt in ein Bundesquartier kommen, in dem dann auch die Betreuung staatlich organisiert werde. Mit der Firma ORS, die diese Betreuung derzeit flächendeckend in allen Bundesquartieren ausübt, peile man eine "einvernehmliche Lösung" an. Letzteres bestätigte ein Sprecher der ORS am Montag. Die diesbezüglichen Verhandlungen stünden jedoch erst am Beginn, nachdem die ersten Termine Ende November stattgefunden hätten, sagte er. (Irene Brickner, 7.1.2019)

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