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Ursprünglich in Wien gegründet, treibt die Onlinebank N26 längst von Berlin aus ihren Angriff auf herkömmliche Geldhäuser der Finanzhochburg Frankfurt voran.

Foto: Reuters / Kai Pfaffenbach

Es bläst mit Slogans wie "Nicht die Bank deines Opas" zum Angriff auf klassische Finanzinstitute – und es springen nicht nur hauptsächlich junge Kunden an, sondern auch Geldgeber. Diese verpassten dem Berliner Finanz-Start-up N26, im Grunde eine Onlinebank ohne eigenes Filialnetz, nun eine Finanzierungsrunde von 300 Millionen Dollar. Insgesamt wird N26 dabei mit 2,7 Milliarden Dollar bewertet, was es zum ersten deutschen "Unicorn" im Finanzbereich macht – das sind Start-ups mit einem Wert von mehr als einer Milliarde Dollar. Insgesamt gibt es derzeit zehn solcher Einhörner in Europa.

Rund vier Jahre nach dem Marktstart betreut N26 laut eigenem Bekunden mit mehr als 700 Mitarbeitern 2,3 Millionen Kunden in 24 Ländern. Damit sieht sich das Unternehmen als Marktführer im mobilen Banking in Europa, mit der jüngsten Geldspritze im Rücken soll heuer die Expansion auf den US-Bankenmarkt vorangetrieben werden.

Von zwei Wienern gegründet

Bitter ist diese rasante Entwicklung insofern, da N26 ursprünglich 2013 von zwei Wienern, Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal, gegründet wurde – und zwar in ihrer Heimatstadt. Rund ein Monat später wurde aber der Sitz des Fintechs, wie Finanz-Start-ups auch genannt werden, nach Berlin verlegt. Aus mehreren Gründen, wie Tayenthal im Vorjahr erklärte: Berlin habe damals die etabliertere Start-up-Szene gehabt, was die Finanzierung des Unternehmens und das Recruiting von Mitarbeitern erleichtere.

Bei der Standortwahl war für die N26-Gründer übrigens auch die deutsche Finanzhochburg Frankfurt nie ein ernsthaftes Thema, denn: Man verstehe sich nicht als Bank, sondern als Technologieunternehmen.

Start-up-Standort Wien

Wohl hat sich laut Barbara Edelmann, Partnerin bei der Beraterfirma Deloitte, auch in Wien als Standort viel getan. Den Anschluss habe die Stadt aber noch nicht gefunden, da sich auch Start-up-Hochburgen wie London oder Berlin weiterentwickelt hätten. Das erklärt die Expertin für Technologie-Start-ups mit einem "Schwarmeffekt": Es gebe viele Gründer, qualifizierte Mitarbeiter und Investoren, was zu einer positiven Spirale führe. "Das befruchtet sich immer weiter", sagt Edelmann.

Zudem habe Berlin den Ruf, jung und dynamisch zu sein, was technologielastigen Start-ups wie N26 helfe, einem Fachkräftemangel wie bei Softwareentwicklern durch internationales Recruiting entgegenzuwirken. "Es ist leichter, Leute dazu zu motivieren, nach Berlin zu gehen, als nach Wien", sagt Edelmann. Im Vorjahr gab übrigens N26 bekannt, dass am Firmensitz bloß zehn Prozent der Mitarbeiter Berliner und im Team 35 Nationen vertreten seien.

Business Angels, aber wenig Risikokapital

Auch in Sachen Finanzierung sieht sie in Österreich Nachholbedarf: Zwar habe sich eine Szene von Business Angels etabliert – das sind Privatpersonen, die Start-ups mit Geld, Rat und Tat zur Seite stehen –, das Angebot an institutionellem Risikokapital, auch Venture Capital genannt, liegt Edelmann zufolge aber fast brach.

An kurzfristigen Maßnahmen für den Start-up-Standort Österreich empfiehlt Edelmann, auf Investitionsseite die schon lange geforderten Steueranreize für Risikokapital umzusetzen. Um bei der Verfügbarkeit von qualifizierten Mitarbeitern aufzuholen, braucht es laut der Deloitte-Expertin Investitionen ins Bildungssystem – und somit einen langen Atem.

Eine Handvoll heimischer Start-ups hat es trotz aller Widrigkeiten bis zu Exits im zumindest hohen zweistelligen Millionenbereich gebracht. Etwa die Fitness-App Runtastic, das Diabetes-Paket Mysugr und der Online-Flohmarkt Shpock kamen auf diese Weise zu neuen, ausländischen Eigentümern. (Alexander Hahn, 10.1.2019)