In der Neuen Burg ringt das HdGÖ um mehr Platz. Experten sollen bis Sommer eine Lösung finden.

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Bei seiner Nebentätigkeit als Dirigent braucht Wolfgang Sobotka vor allem eines: Furor. In seiner Funktion als Nationalratspräsident kam dem ÖVP-Politiker die forsche Herangehensweise in kulturellen Dingen zuletzt aber etwas in die Quere: Überraschend und wohl auch übereilt grätschten er und ÖVP-Kulturminister Gernot Blümel im Oktober vergangenen Jahres in das SPÖ-initiierte Projekt Haus der Geschichte Österreich (HdGÖ) hinein und präsentierten den Medien kurz vor Eröffnung der Ausstellung ihre eigenen Zukunftspläne für die Einrichtung.

Das HdGÖ, das vorerst auf allzu engem Raum in der Neuen Burg am Heldenplatz eröffnet wurde und strukturell als eine Unterabteilung der Nationalbibliothek besteht, sollte nach Wunsch Sobotkas aus dieser herausgelöst und an das Parlament angeschlossen werden. Zudem äußerte man das Ansinnen, die Einrichtung in "Haus der Republik" umzubenennen. Was nach beschlossener Sache klang und sogleich Sorgen um die politische Unabhängigkeit des Hauses nährte, stellt sich gut zwei Monate später etwas anders dar: "Es ist alles offen", heißt es aktuell vonseiten Sobotkas, der lediglich Vorschläge gemacht und nichts beschlossen haben will.

Rüge für den Präsidenten

Grund für die nunmehrige Zurückhaltung ist, dass Sobotka in der Parlamentsdirektion für seinen unabgesprochenen Alleingang von den anderen Fraktionen eine Rüge kassiert haben soll. "Alles offen" heißt aber nicht, dass die Parlamentsanbindung vom Tisch wäre, im Gegenteil: Auch Fachleute äußern Sympathien dafür.

Hannah Lessing etwa, Präsidentin des Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus, meint auf Anfrage, dass sich die Anbindung ihrer Einrichtung an das Parlament seit 23 Jahren bewährt habe. In welcher Form das fürs HdGÖ angewendet werden könnte, werde man erst sehen. Lessing ist eines der fünf Mitglieder einer Expertenkommission, die bereits im Oktober angekündigt und vor einer Woche von Kulturminister Blümel beauftragt wurde, das HdGÖ zu "evaluieren". Mitte Jänner wird das Gremium erstmals zusammentreten, bis zum Sommer soll es Empfehlungen für die offenen Fragen zu Struktur, Namensgebung, Budgetierung und Standort des Museums erarbeitet haben.

Neben Lessing gehören zu der Gruppe Barbara Glück (Leiterin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen), Constanze Itzel (Chefin des Hauses der Geschichte in Brüssel), Hans Walter Hütter (Präsident der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des HdGÖ) sowie Leopold-Museum-Direktor Hans-Peter Wipplinger.

Rathkolb: Experten "gute Wahl"

Obwohl Letzterem gute Verbindungen zur ÖVP Niederösterreich nachgesagt werden, aus der Sobotka kommt, ist die Sorge unberechtigt, das Gremium könne parteipolitisch motiviert an eine Umgestaltung des Projekts herangehen. Auch Zeithistoriker Oliver Rathkolb lässt im Gespräch mit dem STANDARD über die "ausgesprochen gute Wahl" nichts kommen: "Es gibt bei allen eine klare Expertise ohne politische Ausrichtung." Rathkolb, selbst als SPÖ-nahe geltend, ist Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats des HdGÖ und hat die Grundlagen des Projekts federführend erarbeitet.

Eine strukturelle Anbindung ans Parlament sieht er "dann positiv, wenn die wissenschaftliche Unabhängigkeit gewahrt bleibt, das Haus mehr Budget als bisher bekäme und eine breite politische Verankerung hergestellt würde". Bewährt habe sich die Parlamentsanbindung etwa beim Haus der Europäischen Geschichte in Brüssel. Ideal fände Rathkolb aber eine ähnliche Lösung wie beim Deutschen Historischen Museum in Berlin. Als Stiftung im Eigentum der Bundesrepublik verfüge dieses über äußert demokratisch und föderal beschickte Gremien. Als besten Standort für das HdGÖ sieht der Zeithistoriker weiterhin das Areal Heldenplatz.

Namensänderung umstritten

Die Idee einer Umbennung in "Haus der Republik" stößt bei Rathkolb sowie beim gesamten HdGÖ-Beirat auf Ablehnung. Zwar wird im bestehenden Haus tatsächlich nur Geschichte ab 1918 bis heute gezeigt, die diktatorischen Brüche aber seien nur im aktuellen Namen beinhaltet. Außerdem sei in die Marke HdGÖ bereits viel Arbeit und Geld geflossen. Sobotka und Blümel sprechen mittlerweile auch nur noch von einem "Arbeitstitel Haus der Republik". Hat die Namensdebatte womöglich mit dem 2017 eröffneten Konkurrenzprojekt Haus der Geschichte Niederösterreich in St. Pölten zu tun? Etwa um dessen Alleinstellung zu stärken?

In Sobotkas Büro verneint man das auf Nachfrage. Sobald der Evaluierungsbericht der Expertengruppe vorliegt, wolle man ihn im Parlament zur Debatte stellen.

(Stefan Weiss, 11.1.2019)