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Im Europaparlament ist massive Kritik an der Rolle des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) bei der Neuzulassung des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat laut geworden. Mehrere Abgeordnete warfen der Behörde am Dienstag vor, sie habe in ihrem EU-Glyphosat-Bericht wesentliche Angaben von Herstellern wörtlich übernommen.

Die Europaparlamentarier stützten sich dabei auf eine Untersuchung des Wiener Plagiatforschers Stefan Weber und des Wiener Global-2000-Biochemikers Helmut Burtscher-Schaden für eine Gruppe von Europaabgeordneten. Das in Berlin ansässige BfR habe ganze Passagen aus einem Antrag des Herstellers Monsanto (Bayer) für die Neuzulassung von Glyphosat "wortwörtlich abgeschrieben" und als eigene Feststellung ausgegeben, erläuterte Weber am Dienstag vor Journalisten in Straßburg. Dieses Vorgehen sei "eindeutig als Plagiat" zu werten. Weber und Burtscher-Schaden engagieren sich im Rahmen der Umweltorganisation Global 2000 für die Kampagne "Stop Glyphosate".

Institut weist Vorwürfe zurück

Das BfR wies "alle Vorwürfe von absichtlicher Täuschung" zurück. In Bewertungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln sei es "üblich und anerkannt", dass Behörden "nach kritischer Prüfung" relevante Passagen aus den Dokumenten der Antragsteller in ihre Berichte integrieren, soweit diese fachlich zutreffen, erklärte das deutsche Institut in einer Stellungnahme. Die EU-Kommission hatte im November 2017 die Neuzulassung von Glyphosat für weitere fünf Jahre beschlossen.

Der Einsatz von Glyphosat ist in Europa sehr umstritten: Während die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) das Herbizid als "wahrscheinlich" krebserregend einstuften, kamen das BfR und die EU-Behörde für Lebensmittel EFSA (Parma) zu einem anderen Schluss. "Falls es überhaupt noch einen weiteren Beweis für die Fehler im europäischen Zulassungsverfahren von Pestiziden gebraucht hat, dann haben wir ihn heute erhalten", kommentiert SPÖ-Europaabgeordnete Karin Kadenbach die Ergebnisse der Plagiats-Analyse. Das neue Papier bestätige erste Verdachtsmomente, die sich bereits im September 2007 ergeben hätten, stellte Global 2000 fest. Glyphosat steht vor allem unter Verdacht, Non-Hodgkin-Lymphome, eine Art von Blutkrebs, hervorzurufen.

Rückschlag in Frankreich

Eine Schlappe gab es für Bayer überdies in Frankreich: Das Verwaltungsgericht in Lyon entzog am Dienstag dem glyphosathaltigen Unkrautvernichtungsmittel Roundup Pro 360 die Zulassung. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die staatliche Agentur für Lebensmittelsicherheit ANSES einen Fehler begangen habe, als sie dem Produkt im März 2017 die Zulassung erteilte.

Auch wenn Glyphosat von der Europäischen Union freigegeben sei, hätten wissenschaftliche Studie und Tierversuche gezeigt, dass Roundup Pro 360 aufgrund seiner Zusammensetzung giftiger als Glyphosat sei. Das Produkt sei möglicherweise krebserregend für Menschen und schädige die Umwelt. Bei der staatlichen Agentur ANSES und bei Bayer war zunächst keine Stellungnahme erhältlich.

Auswirkungen überschaubar

Da es nur um die Zulassung dieses einen speziellen Produkts gehe, dürften die Auswirkungen für Bayer marginal sein, urteilten die Analysten von Bernstein. Glyphosat wurde von Monsanto entwickelt und von den Amerikanern und nun auch von Bayer unter dem Markennamen Roundup vertrieben. Das Herbizid wird aber auch von anderen Firmen hergestellt, da das Patent seit Jahren abgelaufen ist. Bayer sieht sich wegen des Unkrautvernichters in den USA mit rund 9.300 Klägern konfrontiert, da Glyphosat im Verdacht steht, krebserregend zu sein.

Der Konzern hat immer wieder beteuert, dass Glyphosat bei sachgemäßer Anwendung sicher sei, und sich dabei auf mehr als 800 wissenschaftliche Studien berufen. Die EU-Kommission hatte Ende 2017 die Zulassung von Glyphosat um fünf Jahre verlängert. (red, AFP, Reuters, 15.1.2019)