Eingeschneit: Mancherorts gehört das Schneeschaufeln derzeit zum Alltag.

Foto: APA/HARALD SCHNEIDER

Der Winter hat weite Teile des Landes fest im Griff. Vielerorts ist in den letzten Tagen so viel Neuschnee gefallen wie seit 100 Jahren nicht. Das große Gewicht des Schnees kann für Dächer zur Herausforderung werden – und zu gefährlichen Dachlawinen führen.

In solchen Situationen greifen manche Hausbesitzer beherzt selbst zu Leiter und Schneeschaufel. Das kann allerdings sehr gefährlich sein, wie Experten nicht müde werden zu betonen: Vor wenigen Tagen erst stürzte in Ramsau in der Steiermark ein Mann beim Schneeräumen vom Dach seines Einfamilienhauses, ebenso wie drei Männer, die vor wenigen Tagen in Salzburg von ihren Hausdächern fielen.

Nur bei Extremwetterlagen

Die AUVA betonte vor wenigen Tagen in einer Aussendung, dass das Schneeräumen auf Dächern nur bei Extremwetterlagen notwendig ist, weil die Bauwerke für überdurchschnittliche Schneemassen konzipiert sind. Welche Schneelast ein Dach aushalten muss, ist in Österreich aber von Region zu Region unterschiedlich geregelt.

"Man sollte wissen, was die Konstruktion aushält und wie der Wetterverlauf ist", sagt Othmar Berner, Bundesinnungsmeister der Dachdecker, Glaser und Spengler. Er rät dringend dazu, mit dem Befreien des Daches ausschließlich Profis zu beauftragen. Gesichert werden diese auf dem Dach entweder durch einen Kollegen oder durch ein Krangerät, das sie auch aufs Dach hievt.

Der heurige Winter bringt Dachdecker allerdings vielerorts an ihre Grenzen: "Unsere Mitarbeiter sind im Dauereinsatz, das ist fast nicht mehr handlebar", berichtet Innungsmeister Berner, dessen Betrieb in Strobl am Wolfgangsee angesiedelt ist, im Gespräch mit dem Standard: "Wir hatten Schneemassen auf den Dächern, die fast zwei Meter hoch waren", erzählt er, elf Mitarbeiter seien am Werk gewesen. "Und am nächsten Tag stand der Schnee am Dach schon wieder so hoch."

Gefahr von Dachlawinen

Besonders gefährlich ist laut Experten derzeit, dass die auf den Dächern angebrachten Schneefangsysteme – das sind in der Regel etwa 20 Zentimeter hohe Schneerechen, die am unteren Ende des Daches befestigt sind – die untere Schneeschicht zwar halten, die Schichten darüber aber ungebremst und wie Lawinen in die Tiefe donnern. "Es nützt der beste Schneeschutz nichts, wenn die darüber liegenden Schichten abfahren", sagt Berner.

Und wer von einer Dachlawine getroffen wird, der werde von "ein paar hundert Kilo Schnee in freiem Flug" getroffen. "Das hat eine Wucht, das kann man nicht erklären." Diese Gefahr von oben sei Hausbesitzern allerdings oft nicht bewusst.

Gefährlich kann es auch werden, wenn bereits 70 bis 80 Zentimeter Schnee auf dem Dach liegen – und Regen vorhergesagt wird, mit dem sich der Schnee ansaugt und dann sehr schwer wird. Besondere Vorsicht ist auch bei Flachdächern geboten.

Eispanzer auf dem Dach

An vielen Dächern bilden sich bei kalten Temperaturen Eiszapfen. "Im Traufenbereich ist das meist ein Zeichen, dass das Gebäude thermisch nicht gut isoliert ist", sagt Berner. "Da kann sich ein Eispanzer über das ganze Dach hinweg bilden, und die Eiszapfen hängen bis zum Boden." In solchen Fällen würde auch eine Traufenheizung nichts mehr bringen.

Wichtig bei der Schneeräumung auf dem Dach sei, dass etwa 20 Zentimeter des Schnees übrig bleiben, das Dach also nicht vollständig vom Schnee befreit wird – dadurch könne man sich auf dem Dach nämlich sicherer bewegen, außerdem ist das Dach selbst so besser geschützt, erklärt der Fachmann.

Auch wenn der Winter wohl noch andauern wird: Panik sei fehl am Platz. "50 Zentimeter Schnee auf einem Dach sind in der Regel kein Problem", sagt Berner. Und einen positiven Nebeneffekt habe die weiße Pracht auf den Dächern immerhin: "Schnee ist eine gute Wärmedämmung." (Franziska Zoidl, 17.1.2019)