Auf dem Lebenscampus Wolfganggasse in Wien-Meidling soll kooperierendes Wohnen gefördert werden – mit einem besonderen Schwerpunkt auf Allein- und Getrennterziehende.

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Viele Stunden Erwerbsarbeit, fast keine Unterstützung bei der Kinderbetreuung abseits von Schule und Kindergarten und wenig Zeit für sich selbst – das ist der Alltag vieler alleinerziehender oder getrennt lebender Eltern in der Großstadt. Familiäre und nachbarschaftliche Strukturen, die Hilfe bieten könnten, sind so gut wie nicht vorhanden. Darauf reagieren zunehmend auch Bauträger. Sie planen und bauen in Wien derzeit gleich mehrere Wohnprojekte, die auf diese Situation Rücksicht nehmen und die Betroffenen in puncto Wohnsituation unterstützen.

Kooperation und leistbarer Rückzug

Ein Teil der Projekte entsteht in Zusammenarbeit mit dem Verein Juno (Zentrum für Getrennt- und Alleinerziehende). Die Idee dahinter: bezahlbarer Wohnraum mit nachbarschaftlicher Unterstützung ohne Verpflichtung, aber mit Rückzugsmöglichkeiten. "Obwohl der soziale Wohnbau in Wien gut ist, ist der Zugang zu leistbaren unbefristeten Wohnungen für Alleinerziehende oft schwierig. Sie haben zu wenig Ressourcen, eine geförderte Wohnung zu finden", so Sarah Zeller, Gründerin des Vereins.

Sie meint damit auch die zeitliche Komponente, denn neben Kinderbetreuung, Job und oft nicht vorhandenem zweiten Elternteil verlangt die Wohnungssuche auch die Bewältigung von Bürokratie und aufwendige Recherchen. Dabei hilft der Verein, indem er zwischen Genossenschaften und Wohnungssuchenden vermittelt. Auch beim gemeinschaftlichen Miteinander wird professionelle Begleitung angeboten.

Mitarbeit bei Grundrissen

Jeweils zwischen drei und 20 Wohnungen sind in Projekten wie wohn.syn.21, Neu Leopoldau, Ich-Du-Wir plus (alle im 21. Bezirk) und kolok-as (22. Bezirk, Seestadt) für Juno reserviert. In Zusammenarbeit mit Architekten und Bauträgern entwickelt der Verein passende Grundrisse und berät hinsichtlich der Kriterien. Wichtig sind geringe Eigenmittel und geringe Mietkosten, weil schon kleine finanzielle Unsicherheiten Familien aus der Bahn werfen können. Daher nimmt man ganz bewusst sehr kleine kompakte Zimmerlösungen in Kauf.

Synergien schaffen

Beim Projekt Leo.Part der Wohnbaugenossenschaft Heimbau in Neu Leopoldau, das im Herbst fertig sein soll, ist etwa eine Vierzimmerwohnung mit nur 67 Quadratmetern dabei. Der Quadratmeterpreis beträgt 7,50 Euro, der Finanzierungsbeitrag 60 Euro pro Quadratmeter. Einen Ausgleich zu den kleinen Zimmern schafft ein großer wohnungsnaher Raum mit Terrasse, in dem gemeinsam gekocht, gespielt, Hausaufgaben gemacht werden können.

"In so kleine Wohnungen ist es schwer, Freunde einzuladen. Das wollen wir damit ausgleichen", so die ausführende Architektin Cornelia Schindler von SS Plus Architektur. Aus der Zusammenarbeit mit Juno wisse man, dass die Klienten am normalen Wohnungsmarkt oft gar keine Chance hätten und ihnen kleine Räumen lieber seien als gar keine Rückzugsmöglichkeiten. Um optimale Synergien herzustellen, will man generationenübergreifend bauen. Anders gesagt: Menschen zusammenbringen, die einander unterstützen wollen.

Abtrennbare Räume

Ähnliches wird bis 2022 auf dem Areal der Remise der Wiener Lokalbahnen in Wien-Meidling realisiert: Mit dem Siegerprojekt eines vom Wiener Wohnfonds ausgelobten Bauträgerwettbewerbs werden zum Schwerpunktthema "Wohnformen für allein und getrennt lebende Erziehende" spezielle Wohnlösungen errichtet. Flexibel abtrennbare und doppelt nutzbare Räume kommen dem Leben mit Kindern entgegen.

Laut den Bauträgern WBV-GPA und Neues Leben sind auch Cluster aus mehreren Apartments mit Gemeinschaftsraum, Küche und eigenem Freiraum geplant sowie Flure mit Spielräumen als zusätzliche Treffpunkte. Das Ziel: gegenseitige Hilfe im Alltag. Im Zuge der Erstvermietung sollen kleine Nachbarschaften von Getrennt- und Alleinerziehenden mit ähnlichen Alltagsinteressen gebildet werden und so ein Stück weit gewachsene Netzwerke ersetzen. (Marietta Adenberger, 19.1.2019)