Wer die Spanische Hofreitschule führen darf, wurde zum Politikum. Fraglich ist, ob Entscheidungen fachlich oder politisch getroffen werden.

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Nicht einmal einen halben Tag hat es gedauert, bis der Beirat der Spanischen Hofreitschule geschlossen zurücktrat, nachdem Sonja Klima zur neuen Leiterin der Wiener Kulturinstitution gewählt worden war. Denn die Entscheidung, den Posten mit der Ex-Ehefrau von Ex-Kanzler Viktor Klima und Ex-Präsidentin der Ronald-McDonald-Kinderstiftung zu besetzen, sei eine politische, wie er in einer Erklärung schreibt. Sie wurde am Freitagvormittag an das Nachhaltigkeitsministerium geschickt – da die Hofreitschule Republikeigentum ist, ist Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) dafür zuständig.

Am Freitagabend dann verließ Martin Bartenstein, der frühere ÖVP-Wirtschaftsminister, den Aufsichtsrat der Hofreitschule. "Im Hinblick auf die jüngsten Vorgänge kann ich die Entscheidung nicht mittragen und lege mein Aufsichtsratsmandat mit sofortiger Wirkung zurück", wurde der Pharmaunternehmer in der "Kleinen Zeitung" zitiert.

Keine fachliche Eignung

"Sonja Klima fehlt der fachliche Background leider vollständig", heißt es in dem Schreiben, das dem STANDARD vorliegt, das unabhängige Beratungsgremium wolle so einen "Postenschacher" nicht mittragen. Der Beirat besteht aus Dressur-Olympiasiegerin Elisabeth Max-Theurer, dem Präsident des Tiroler Pferdesportverbandes, Klaus Haim, dem Präsidenten der Rechtsanwaltskammer Wien, Michael Enzinger, und dem Olympiarichter Thomas Lang.

Die vier übten in der Vergangenheit eine ehrenamtliche beratende Funktion aus, hatten Gesprächsrunden mit dem Ministerium und der Geschäftsführung und standen "sachlich und fachlich bei", wie Enzinger es formuliert.

Auszüge aus dem Bewerbungsschreiben

Klima sieht ihre Eignung naturgemäß anders: Sie würde es geradezu als "Kulturfrevel" empfinden, nicht alles dafür zu tun, damit die klassische Reitkunst "bewahrt und weitergepflegt wird". Ihr Leben sei, solange sie sich zurückerinnern könne, "stets mit einer großen Leidenschaft für Pferde und Pferdesport geprägt".

In den Bewerbungsunterlagen heißt es außerdem: "Die Kunst des Reitsports, die in der Tradition der Wiener Spanischen Hofreitschule gepflegt wird, wo Pferd und Reiter ineinander aufgehen und ästhetische Bilderwelten kreieren, ist, um Mitscherlich zu zitieren, die Schau gewordene Kritik der maschinellen und motorisierten Zivilisation, in der der Reiter vom Ross gestiegen ist und in der Kabine seiner Fahrzeuge verschwunden ist." In Summe sei Klimas "ganzer Werdegang" Beweis, dass sie in der Spanischen Hofreitschule "aufgehen würde und es eine Erfüllung eines Lebenstraumes wäre, dieser Institution vorzustehen".

Bisher gute Zusammenarbeit

Bisher, so sagen die Beiräte, habe die Zusammenarbeit gut funktioniert. "Ich habe in meiner Zeit bei der Hofreitschule vier Landwirtschaftsminister erlebt, das war immer positiv und entspannt", sagt die Beiratsvorsitzende Max-Theurer. Dass der Beirat schon in den vergangenen Tagen warnte, Klima sei fachlich nicht für den Posten geeignet, wurde ignoriert. Der Beirat vermutet eine politische Einflussnahme auf den Aufsichtsrat, dieser wählte die neue Leitung und besteht aus sechs Mitgliedern. Zwei davon werden vom Eigentümer, also dem Ministerium, entsandt, so Daniel Kosak, Sprecher von Köstinger. Er weist den Vorwurf der politischen Einflussnahme erneut zurück, der Aufsichtsrat sei weisungsfrei und habe sich am Donnerstag selbst ein Bild von den drei Kandidaten gemacht.

"Frau Klima deckt mit ihrem Persönlichkeitsprofil die Bereiche Marketing und Verkauf sowie Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising sehr gut ab", erklärt Aufsichtsratschef Johann Marihart am Freitag via Aussendung, näher will er sich vorerst nicht zur Entscheidung äußern. Der Aufsichtsrat wird in Kürze Vertragsverhandlungen mit Klima auf nehmen.

Sonja Klima soll bald die Hofreitschule leiten.
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Neuer Beirat unklar

Schon am 7. Jänner stellten sich Klima und ihre zwei Mitbewerber, die Ex-Miss-World und ehemalige Nationalratsabgeordnete für das Team Stronach Ulla Weigerstorfer, und der langjähriger Mitarbeiter und Bereiter der Hofreitschule, Herwig Radnetter, einem Hearing. In dem wurden sie auf Fachkompetenz und Auftreten geprüft.

Dabei schnitt Radnetter am besten ab, er bekam 164, Klima 145 und Weigerstorfer 143 Punkte. Klima wurde, das zeigen die dem STANDARD vorliegenden Auswertungsergebnisse, von den zwei Vertretern aus dem Ministerium am besten bewertet. Ob und wie der Beirat neu besetzt werde, sei, so Köstingers Sprecher, noch unklar. Im nunmehr ehemaligen Beirat aber fürchtet man eine weitere Umfärbung der Hofreitschule und eine politische Besetzung, "sofern es weiterhin einen Beirat geben wird", sagt Max-Theurer.

Hofreitschule wartet ab

In der Spanischen Hofreitschule ist man indes um einen normalen Tagesablauf bemüht. Die Bereiter, und mit ihnen Radnetter, würden auf den Pferden sitzen, die Geschäfte weiterlaufen, so eine Sprecherin. "Es ist eine Entscheidung gefallen, mit der wir leben werden, so wie wir es gelernt haben. Wir arbeiten im Sinn der Pferde, unabhängig davon, wer im Chefbüro sitzt", sagt sie. (Gabriele Scherndl, 18.1.2019)