Budapest – Landesweit kam es am Samstag in Ungarn zu Demonstrationen und Straßensperren gegen die rechtskonservative Regierung von Premier Viktor Orbán. Die Forderungen der von Gewerkschaften organisierten Protestaktionen richteten sich vorrangig auf die Rücknahme des sogenannten "Sklavengesetzes", das eine massive Ausweitung der Überstunden vorsieht, sowie auf anständige Löhne für anständige Arbeit.

Laut Medienberichten fanden Demonstrationen in 60 Ortschaften statt, auch in der Stadt Esztergom. Hier deklarierte der Parlamentsabgeordnete Zsolt Gréczy von der Demokratischen Koalition (DK) das Jahr 2019 als das "Jahr des Widerstandes und der Rebellion", und bezeichnete es zugleich als beispiellos, dass zur gleichen Zeit eine solche Demonstrationswelle durch Ungarn rollte. Den Protestaktionen hatten sich zahlreiche Parteien angeschlossen, wie die Sozialisten (MSZP), die rechtsradikale Jobbik-Partei, die Demokratische Koalition (DK), die Grünen LMP und die liberale Momentum-Bewegung.

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Budapester Kettenbrücke ist Schauplatz eines Protestzuges.
Foto: Marton Monus/MTI via AP

"Wir lange lassen wir uns das noch gefallen"

Unter dem Motto "Budapest-Blockade" versammelten sich laut Medienberichten rund tausend Demonstranten am zentralen Clark-Adam-Platz, nachdem sie mit ungarischen und EU-Fahnen und dem Transparent "Wir haben genug" durch die Hauptstadt gezogen waren. Auf der von der Zivilorganisation "Jugend für Demokratie" sowie der Jugendsparte des Ungarischen Gewerkschaftsbundes organisierten Veranstaltung riefen Redner die Menge auf zum Widerstand gegen die Orbán-Regierung und stellten die Frage, "Wie lange lassen wir uns das noch gefallen?"

Straßenblockaden auch in der Provinz.
Foto: Gregor Mayer

Die 18-jährige Schülerin Blanka Nagy kritisierte Orbán und seine Fidesz-Partei. Diese seien durchgefallen in den Bereichen "Anstand, Menschlichkeit und Ehrlichkeit". Nagy beanstandete weiters die "Schmutzkampagne", die die Orbán-Regierung gegen sie führe, "nur weil ich sie kritisierte".

Bild nicht mehr verfügbar.

Wie einst dient die ungarische Trikolore auch 2019 als Sinnbild für den politischen Wandel – jedenfalls für diesen Ungarn hier.
Foto: REUTERS/Bernadett Szabo

Die Protestbewegung hatte im Dezember 2018 begonnen, nachdem das Parlament ein Arbeitsgesetz beschlossen hatte, das Arbeitgebern die Anordnung von bis zu 400 Überstunden jährlich erlaubt. Was von der Regierung als Maßnahme zur Bekämpfung des Arbeitskräfteengpasses im Land verteidigt wird, bezeichnen Gewerkschaften und Opposition als "Sklavengesetz". Seither gab es landesweite Demonstrationen, bei denen es auch zu tätlichen Auseinandersetzungen mit der Polizei kam. Diese Proteste hatte Orbán als "hysterisches Gekreische" bezeichnet. Die linke und die rechte Opposition traten bei den Protestaktionen zum ersten Mal vereint auf. (red, APA, 19.1.2018)