Das letzte Wort haben die Wähler, bei der ÖVP ganz besonders: Parteichef Sebastian Kurz hat sich zwar das Recht ausbedungen, die Bundesliste alleine erstellen zu können, er hat aber auch ein internes Vorzugsstimmensystem durchgesetzt, das am Wahltag über die endgültige Reihung jener Kandidaten entscheidet, die ins EU-Parlament einziehen werden. Vorerst ist Othmar Karas auf Platz eins, hinter ihm die Staatssekretärin im Innenministerium, Karoline Edtstadler, auf Platz zwei. Die ÖVP-Liste für die EU-Wahl am 26. Mai soll bei einem Parteivorstand am Montag fixiert werden.

Sebastian Kurz hat trotz aller Differenzen auf Othmar Karas gesetzt.
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Dass Karas kandidiert, hatte er am Samstag in einem Youtube-Video kundgetan. Kurz hatte daraufhin getwittert, dass Karas Spitzenkandidat sei. Dann hatte Edtstadler getwittert, sei werde auf Platz zwei kandidieren. Diese Nachricht hatte Kurz retweetet, damit war es offiziell. So läuft politische Kommunikation im Jahr 2019. Klassische Medien spielen da eine nachgeordnete Rolle.

Die Nachricht von Karas' Kandidatur wurde bekannt, als die FPÖ in Wien gerade ihr Neujahrstreffen abhielt – und dort auch ihren EU-Wahlkampf eröffnete. Karas hatte erklärt, er wolle im Wahlkampf "gegen die Anti-EU-Populisten, die Europa zerstören wollen", kämpfen und für mehr Zusammenhalt statt Nationalismus auftreten. Im Übrigen sei Europa nicht nur Vernunft. Karas: "Ich habe Europa gern."

"Problem der ÖVP"

Bei aller zur Schau gestellten Harmonie zwischen ÖVP und FPÖ: Bei EU-Themen und erst recht bei Othmar Karas hört diese auf. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatte bereits erklärt, dass er sich Karas als EU-Kommissar nur schwer vorstellen könne. Am Samstag, beim Neujahrstreffen der FPÖ, blieb Strache kurz angebunden: "Der Herr Karas ist das Problem der ÖVP und nicht unser Problem."

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Harald Vilimsky und FP-Chef Heinz-Christian Strache nehmen die Herausforderung dankbar an.
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Harald Vilimsky, als Spitzenkandidat der FPÖ der direkte Konkurrent von Karas, holte dagegen schon etwas weiter aus: "So sehr ich auch Freund, Anhänger und Unterstützer dieser türkis-blauen Allianz bin, so sehr bin ich auch Feind dieser alten und uralten Schwarzen, die mehr eine grüne Politik machen als eine konservative Politik – und die sich am liebsten mit den Sozialisten ins Bett legen wollen." Genau ein solcher Vertreter sei Karas, erklärte Vilimsky. Dann rief er von der Bühne: "Lieber Othmar Karas, ich werfe Ihnen heute den blauen Fehdehandschuh ins Gesicht, in politischer Art." Er freue sich schon auf die Auseinandersetzung.

"Mehr Not als Lösung"

Was die Freiheitlichen von den anderen Kandidaten halten? Ist ihr Neujahrstreffen dafür Gradmesser, sind die Kleineren wie Neos, Liste Jetzt und Grüne kein Thema. Auf die SPÖ wird hingehackt, deren Spitzenkandidat Andreas Schieder als Jausengegner dargestellt. Schieder sei bisher überall gescheitert, halten Strache wie auch Vilimsky fest. Er sei eine "reine Notlösung" oder "mehr Not als Lösung", findet Strache. Erklärtes Wahlziel: über 20 Prozent kommen und die "Sozialisten auf den dritten Platz verweisen".

Vilimsky soll am 25. Februar in den Parteigremien auch offiziell zum Spitzenkandidaten gekürt werden. Dann soll auch der Rest der Liste stehen.

Die SPÖ könnte in einer inszenierten Auseinandersetzung zwischen ÖVP und FPÖ im Wahlkampf an die Seite gedrängt werden. Gegen Othmar Karas, der sich immer sehr deutlich als Kritiker der FPÖ positioniert hat, lässt sich schwer etwas sagen. Also nimmt die SPÖ den Kanzler ins Visier. Der rote Spitzenkandidat Andreas Schieder bezeichnete Karas als seriösen und proeuropäischen Kandidaten, allerdings drohe dieser ein "proeuropäisches Feigenblatt für die antieuropäische Politik von Sebastian Kurz zu werden". Schieder: "Wenn sich Karas hier nicht klar distanziert und emanzipiert, dann ist leider jetzt schon absehbar: Wer Karas wählt, wählt Kurz!" (Peter Mayr, Michael Völker, 21.1.2019)

Spitzenkandidaten und ihre Wahlziele – Wer aller ins EU-Parlament will:

ÖVP

ÖVP will ersten Platz verteidigen: Die Spitzenkandidatur von Othmar Karas bestätigte ÖVP-Chef Sebastian Kurz am Samstag auf Twitter. Dort gab auch Staatssekretärin Karoline Edtstadler bekannt, dass sie auf Platz zwei antreten werde. Fixiert werden soll die Liste am Montag bei einem Bundesparteivorstand.

Der ÖVP-Seniorenbund will den früheren ORF-Moderator Wolfram Pirchner für die EU-Wahl aufstellen. Weitere Kandidaten sind der Niederösterreicher Lukas Mandl, die Oberösterreicherin Angelika Winzig und die steirische Bürgermeisterin Simone Schmiedtbauer. Erstellt werden soll die Liste nach dem Reißverschlussprinzip. Kurz hat bei der Bundesliste freie Hand, über die endgültige Reihung soll am Wahltag ein internes Vorzugsstimmensystem entscheiden. (völ)

SPÖ

SPÖ will ein Mandat dazugewinnen: Die SPÖ hat als Erste schon im Oktober des Vorjahrs ihre Liste fixiert: Der frühere Klubchef Andreas Schieder ist Spitzenkandidat, auf dem zweiten Listenplatz kandidiert die EU-Parlamentarierin Evelyn Regner. Dahinter landeten der Niederösterreicher Günther Sidl und die Steirerin Bettina Vollath. Derzeit hält man bei fünf Sitzen, ein sechster soll dazukommen. (pm)

Neos

Neos wollen zwei Mandate erreichen: Bei den Neos stellt sich Nationalratsabgeordnete Claudia Gamon der Mitgliederversammlung am 26. Jänner zur Wahl. Dort wird auch der Rest der Liste fixiert. Die Kandidaten wurden mit einer Vorstellungsrunde und durch ein Onlinevoting (18. bis 24. Jänner) bestimmt. Wahlziel sind zwei Mandate. Bisher gab es mit Angelika Mlinar nur eine pinke EU-Parlamentarierin. (pm)

Grüne

Grüne wollen nicht aus nächstem Parlament fliegen: Die Grünen haben es seit dem Rauswurf aus dem Parlament schwer, die Finanzmittel sind knapp. Klar ist, dass Parteichef Werner Kogler als Spitzenkandidat ins Rennen geht. Auf Platz vier will der EU-Mandatar Tom Waitz (derzeit: drei Sitze) kandidieren. Die Liste wird am 16. März bei einem Bundeskongress festgelegt, das Ziel lautet: drinnen bleiben. (pm)