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Es wird gegraben, es wird gebohrt in Totalán – weiterhin ohne Durchbruch.

Foto: REUTERS/Jon Nazca

Kurz nach Mittag kam am Dienstag der Rückschlag bei der Suche nach dem zweijährigen Julen, der am Sonntag vor einer Woche im südspanischen Totalán in einen über 100 Meter tiefen und 25 Zentimeter breiten Brunnenschacht gefallen sein soll. Die Parallelbohrung, mit deren Hilfe die Retter zu einem Hohlraum direkt unterhalb einer Verschüttung, 75 Meter von der Oberfläche entfernt, vorstoßen wollen, bereitet Probleme. Nach 40 Metern läuft die Bohrung wohl aus dem Lot. Dadurch können die Rohre, die das Loch stützen, nicht komplett eingeführt werden, ohne sie zu beschädigen. Und ohne Stützwände können die Bergleute, die per Handarbeit die Parallelbohrung mit dem Brunnen verbinden sollen, nicht hinabsteigen. Die Gefahr eines Einsturzes ist zu groß.

Nach einer Krisensitzung der Einsatzleitung kam dann die Entscheidung: Die Bohrung wird bis zur Problemstelle wieder zugeschüttet, um sie dann mit etwas größerem Durchmesser erneut zu öffnen. Vor Mittwochabend werden die Retter so wohl kaum dorthin vorstoßen, wo Julen vermutet wird.

Es ist nicht der erste Rückschlag, den die hunderten Helfer hinnehmen müssen. Wäre alles optimal gelaufen, wäre die Verbindung zum Brunnenschacht direkt unter der Verschüttung, wo Julen vermutet wird, bereits am Montag fertiggestellt worden. Doch das 75 Tonnen schwere Bohrfahrzeug, das eigens aus der über 500 Kilometer entfernten Hauptstadt Madrid herbeigeschafft wurde, stieß immer wieder auf harte Gesteinsschichten.

Erstmals so eine tiefe Bohrung

Das verzögerte die Arbeiten um viele Stunden. Dass die Bohrung aus dem Lot lief, dürfte zum einen am Untergrund liegen, wo sich lockeres Gestein und Schiefer- und Quarzschichten abwechseln. Außerdem ist es das erste Mal, dass in Spanien mit der benutzten Technik tiefer als 40 Meter gebohrt wird.

Sobald das Loch erneut fertiggestellt und die Stützrohre eingeführt worden sind, werden Bergleute der Minenrettung aus Hunosa im nordwestspanischen Asturien paarweise in einem Förderkorb hinabfahren. Sie werden in Handarbeit in Schichten von 30 bis 45 Minuten Bohrung und Brunnen miteinander verbinden. Falls sie auf hartes Gestein stoßen, bekommen sie von Sprengstoffexperten der paramilitärischen Polizeieinheit Guardia Civil Unterstützung. Sie haben Mikrosprengsätze vorbereitet.

Die Bergleute werden mit Atemschutzmasken und Sauerstoffmessgeräten ausgerüstet sein. Telefonleitungen werden die Kommunikation mit der Oberfläche ermöglichen. Der rund vier Meter lange Quertunnel wird mit Deckenplatten und Stützen aus Holz abgesichert werden. "Der enge Raum ist für meine Leute kein Problem", erklärt der Chef der Bergleute, Santiago Suárez. Bei Grubenunglücken hätten sie unter weitaus schwierigeren Bedingungen gearbeitet.

Abhängig vom Gestein

Wie lange die Arbeiten am Quertunnel dauern werden, darüber will Suárez keine endgültigen Angaben machen. Denn niemand weiß zu sagen, auf welches Gestein die Bergleute stoßen. Die spanischen Medien gehen von 20 bis 24 Stunden aus.

Von Julen gibt es keinerlei Lebenszeichen. Nur der Vater José Roselló will den Buben im Schacht weinen gehört haben. Eine Kamera fand Haare und ein Säckchen mit Süßigkeiten des Buben im Schacht. Das ist alles. Durch die Verschüttung auf 75 Metern Tiefe konnte die Kamera nicht weiter eingeführt werden. Schwedische Spezialisten stellten mit einem Georadar den Hohlraum jenseits der Verschüttung fest. "Mein Sohn ist hier im Schacht in Totalán. Daran darf niemand zweifeln", erklärte der Vater gegenüber den Medien. Er und seine Frau Vicky García werden vom psychologischen Hilfsdienst betreut. (Reiner Wandler aus Madrid, 22.1.2019)