Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz muss über die Nachfolge von Karoline Edtstadler als Staatssekretärin im Innenministerium entscheiden – und könnte dabei auch gleich weiter ausholen.

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Hermann Schützenhöfer könnte früher wählen lassen.

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Sebastian Kurz wird den Posten Karoline Edtstadlers nachbesetzen, wenn es so weit ist. Soll heißen: wenn die EU-Wahl geschlagen ist. Das ist aus österreichischer Sicht in den Tagen nach dem 26. Mai der Fall.

Dass Edtstadler, die auf dem zweiten Listenplatz der ÖVP-Liste hinter Spitzenkandidat Othmar Karas gereiht ist, bis dahin in ihrem Amt als Staatssekretärin im Innenministerium bleibt, sei ein ganz normaler Vorgang, heißt es aus dem Kanzleramt. Wer Edtstadler folgen könnte, ist noch offen. Kurz will sich dazu nicht äußern.

Kleine Rochade?

Spekuliert wird aber bereits, ob Kurz die notwendig gewordene Nachbesetzung zu einer kleinen Rochade in seinem Regierungsteam nützen könnte. Genannt wird immer wieder Justizminister Josef Moser. Der Parteifreie, der einst aus dem FPÖ-Klub kam, dann auf dem FPÖ-Ticket im Rechnungshof war und schließlich von Kurz in die Regierung geholt wurde, gilt als Schwachstelle in der Regierungsmannschaft.

Moser wird in regelmäßigen Abständen vom freiheitlichen Koalitionspartner attackiert, vor allem deshalb, weil er die Reformen im Justizbereich schuldig geblieben sei. Von ÖVP-Seite wird Moser dagegen vorgehalten, im eigentlich wichtigeren Bereich Verfassung und Deregulierung nichts zu liefern und wichtige Reformen nicht anzugehen. Die an sich nachvollziehbare Erklärung, dass für ernsthafte Reformen in der Verwaltung das Einverständnis mit den Bundesländern hergestellt werden muss, was sich in der Vergangenheit als Ding der Unmöglichkeit herausgestellt hat, lässt Bundeskanzler Kurz so nicht gelten. Moser solle Reformansätze liefern, dann werde er auch die dafür notwendige Rückendeckung von seiner Seite erhalten.

Sparpotenzial schwer zu heben

Die Bundesregierung sieht in einer groß angelegten Struktur- und Föderalismusreform enormes Sparpotenzial für die Republik. Das sahen aber auch die Regierungen vor dieser schon so, konnten das Potenzial aber nicht heben.

Was Moser noch hoffen lässt: Offiziell heißt es, Kurz wolle an seinem Team festhalten, nur Edtstadler werde ersetzt.

Das Staatssekretariat soll jedenfalls weiterhin im Innenministerium angesiedelt bleiben. Dort brauche der blaue Ressortchef Herbert Kickl unbedingt eine türkise Aufsichtsperson. Auch die noch weitgehend schwarze oder türkise Beamtenschaft drängt darauf, im Ressort nicht allein dem freiheitlichen Innenminister und seinen Machtgelüsten ausgeliefert zu sein. Man bestehe auf einer Vertrauensperson der eigenen Couleur.

Koalitionsbruch

Innerhalb der SPÖ kursieren jetzt sogar Gerüchte, Bundeskanzler Kurz könnte noch im Herbst Neuwahlen ansetzen. Das klingt einigermaßen konstruiert und würde einen Bruch der Koalition mit der FPÖ voraussetzen, der sich derzeit nicht abzeichnet. Fakt ist aber, dass Kurz und die ÖVP in allen Umfragen mit einem komfortablen Vorsprung auf dem ersten Platz rangieren. Bei einer allfälligen Wahl könnte Kurz seine Position als Erster wohl noch deutlicher absichern. Die FPÖ täte sich mit einem solchen Wahltermin wohl am schwersten, aber auch für die SPÖ kann das im derzeitigen Zustand kein Wunschtermin sein.

Über eine Vorverlegung der Wahlen wird auch in der Steiermark spekuliert, dort scheint dieses Gerücht allerdings mehr Substanz zu haben. Die Steiermark dürfte den offiziellen Frühsommertermin 2020 zumindest auf den Jänner 2020 vorziehen – das wird in den Zentralen der ÖVP und SPÖ auf STANDARD-Nachfrage durchaus als Variante bestätigt. Womöglich – und auch das wird nicht ganz ausgeschlossen – könnte die Steiermark sogar schon im Herbst dieses Jahres wählen.

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, der, so wird kolportiert, schon länger von Bundesparteichef Sebastian Kurz zu vorgezogenen Wahlen gedrängt wird, hat tatsächlich einige gute Gründe, früher wählen zu lassen. Dabei spielt auch die Bundespartei eine wesentliche Rolle. Es wird intern damit gerechnet, dass der momentane Umfragehype im Bund für die ÖVP an Schwung verliert, was Schützenhöfer im wichtigen ÖVP-Bundesland, je länger die Periode dauert, schaden könnte.

Kunasek in Stellung

Zudem könnte der 66-jährige ÖVP-Landeshauptmann mit einer früheren Wahl die leidige Nachfolgefrage vorerst aufschieben und elegant auf die Zeit kurz nach der Wahl verlegen. Mit einer vorgezogenen Wahl würde, so die Überlegung, auch ein Erstarken der FPÖ, die im Bundesland über eigene gute Umfragen jubelt und bereits Verteidigungsminister Mario Kunasek in Stellung bringt, einbremsen.

Auch die SPÖ spielt Schützenhöfer in die Hände: Sie schwächelt nach wie vor und droht in die missliche Lage zu geraten, hinter die FPÖ auf den dritten Platz zurückzufallen und damit aus der Regierung zu fliegen, sollte auch in der Steiermark Schwarz-Blau installiert werden.

Alter Pakt

SPÖ-Chef Michael Schickhofer hoffe aber auf die Einhaltung des alten Paktes zwischen dem ehemaligen SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves und Schützenhöfer, die eine rot-schwarze Koalition für zwei Perioden ausgemacht haben.

Für frühere Wahlen gewappnet haben sich jetzt bereits die Grünen. Landessprecher und Klubobmann Lambert Schönleitner zieht sich zurück und überlässt die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl der grünen Abgeordneten Sandra Krautwaschl. Mit der Verjüngung an der Spitze hoffen die Grünen, einen Absturz bei den Landtagswahlen zu verhindern. (Walter Müller, Michael Völker, 23.1.2019)