Bundespräsident Alexander Van der Bellen wird von einer Mehrheit der Bevölkerung für eine moralische Autorität gehalten, nicht aber von einer Mehrheit der FPÖ- und ÖVP-Wähler.

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Linz – Auch zwei Jahre nach seiner Amtsübernahme kommt Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der aktuellen Market-Umfrage für den STANDARD nur wenig über die 54-prozentige Zustimmung hinaus, die er in der Stichwahl vom Dezember 2016 erreicht hat.

Mit diesem Wahlausgang zeigen sich jetzt 59 Prozent ganz oder teilweise zufrieden, nur sechs Prozentpunkte mehr als bei einer Vergleichsumfrage unmittelbar nach der Wahl. Weiterhin sagen 15 Prozent, dass sie mit dem Wahlausgang "weniger zufrieden" sind, 18 Prozent sind gar nicht zufrieden.

Heinz Fischer polarisierte weniger

Zum Vergleich: Im Herbst 2004, Van der Bellens Amtsvorgänger Heinz Fischer war gerade vier Monate im Amt, haben in einer ähnlichen Fragestellung nur sieben Prozent gesagt, Bundespräsident Fischer gefalle ihnen "weniger gut", drei Prozent gefiel Fischer damals gar nicht.

Ein genauerer Blick in die Umfragewerte Van der Bellens zeigt, dass sich Ablehnung und Zustimmung dort scheiden, wo sich Wähler zu den Regierungs- beziehungsweise zu den Oppositionsparteien bekennen. Nur etwa jeder neunte bekennende Freiheitliche stimmt der Aussage zu, dass sich sein persönlicher Eindruck von Van der Bellen in den letzten Monaten verbessert habe.

Noch kein Präsident für alle

Es entspricht dem Amtsverständnis sämtlicher Bundespräsidenten der Zweiten Republik, dass sie ein Präsident für alle Österreicherinnen und Österreicher sein wollen. In dieser überparteilichen Funktion angenommen zu werden ist auch den meisten Bundespräsidenten (mit der markanten Ausnahme Kurt Waldheim, der nach einer Amtsperiode 1992 auf eine Wiederkandidatur verzichtet hat) gelungen.

Der aktuelle Amtsinhaber Alexander Van der Bellen ist allerdings noch nicht so weit.

Eine zwei Jahre nach Van der Bellens Wahl durchgeführte Market-Umfrage für den STANDARD zeigt, dass erst ein Drittel der Befragten der Aussage "Bundespräsident Van der Bellen ist ein Bundespräsident für alle Österreicherinnen und Österreicher" voll zustimmt. Weitere 24 Prozent stimmen teilweise zu. Wenig (13 Prozent) bis gar keine (22 Prozent) Zustimmung kommt von mehr als einem Drittel der 808 repräsentativ ausgewählten Befragten. Sieben Prozent machen keine Angabe. Besonders ältere und höher gebildete Befragte sowie die Menschen in den größeren Städten glauben, dass Van der Bellen für alle gleichermaßen da wäre.

Langsame Zunahme der Beliebtheit

Market-Institutsleiter David Pfarrhofer verweist darauf, dass es in dieser Frage allenfalls langsame Fortschritte gibt: "Ein Jahr nach der Bundespräsidentenwahl haben ihn 30 Prozent voll als Präsident für alle gesehen, jetzt sind es 34 Prozent. Und es sind weiterhin die Wähler der FPÖ, die mit großer Mehrheit die Aussage ablehnen, Van der Bellen wäre ohnehin für alle Österreicherinnen und Österreicher da."

Ähnlich ist es, wenn man auf das Ergebnis der Stichwahl vom Dezember 2016 zurückblickt. Damals hatte Van der Bellen 53,8 Prozent erreicht, der Freiheitliche Bewerber Norbert Hofer, heute Infrastrukturminister, war geschlagen. Unter den Anhängern der Regierungsparteien gibt es noch heute sehr wenige Wähler, die sich als "sehr zufrieden" mit Van der Bellens Wahl bezeichnen, von den erklärten ÖVP-Wählern finden sich die meisten in der Kategorie der teilweise Zufriedenen, die Mehrheit der FPÖ-Wähler ist weiterhin "gar nicht zufrieden".

Die FPÖ-Wähler anerkennen – anders als die Bevölkerungsmehrheit – auch nicht, dass der Bundespräsident sich bei der Regierungsbildung 2017 um die Interessen der Republik bemüht hat.

FPÖ-Wähler ziemlich grundlos enttäuscht

Umgekehrt gefragt: Hat Van der Bellen, den viele als einen Garanten gegen eine freiheitliche Regierungsbeteiligung gesehen haben, die Interessen seiner Wähler verraten, als er die türkis-blaue Regierung angelobt hat? Diese Frage wird von neun Prozent voll und von 15 Prozent teilweise bejaht. "Hier tun sich interessanterweise die erklärten Anhänger der FPÖ besonders hervor. Und obwohl unter den FPÖ-Wählern wahrscheinlich besonders viele Wähler von Norbert Hofer sind, sagen vier von zehn Freiheitlichen, dass sie persönlich von Van der Bellen enttäuscht wären. Die FPÖ-Anhänger neigen offenbar dazu, an Van der Bellen alles schlecht zu finden", sagt Meinungsforscher Pfarrhofer.

Das Muster zeigt sich bei allen Fragen: Anhänger der FPÖ (und in etwas schwächerer Form auch die Anhänger der ÖVP) sprechen Van der Bellen mehrheitlich ab, über den Parteien zu stehen – eine Mehrheit der Bevölkerung sieht ihn aber eher als überparteilich. Eine Mehrheit der Bevölkerung sieht in Van der Bellen eine moralische Autorität – Wähler der FPÖ und der ÖVP stimmen dem kaum oder gar nicht zu.

Und diese Wähler der Regierungsparteien sehen auch nicht, dass der Bundespräsident mit der Regierung gut zusammenarbeitet. (Conrad Seidl, 28.1.2019)