Wien – Der frühere israelische UNO-Botschafter Ron Prosor und der Präsident des "Israeli Jewish Congress" (IJC), Vladimir Sloutsker, haben Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) für dessen Engagement gegen Antisemitismus gelobt. "Kurz führt den Kampf gegen den Antisemitismus in Europa an", sagte Sloutsker während einer Holocaust-Gedenkveranstaltung im Rahmen des Com.sult-Kongresses am Sonntag in Wien.

"Bundeskanzler Kurz hat keine Angst, die Dinge beim Namen zu nennen", sagte Prosor in Bezug auf das Engagement des ÖVP-chefs für israelische paralympische Athleten, die von einem Wettbewerb in Malaysia ausgeschlossen worden waren. Kurz habe sich zudem den iranischen Drohungen entgegengestellt, Israel vernichten zu wollen.

"Nichts kann das israelische Volk mit seiner fünftausendjährigen Geschichte zerstören", sagte Prosor. "Die Juden haben nie aufgegeben (...) ihr Geist kann nie ausgelöscht werden." Der Staat Israel sei darum auch "der ultimative Sieg der Juden über die Nazis". Das jüdische Volk sei nicht mehr "ohne Stimme, ohne nationale Heimat und ohne Armee, die es beschützt". "Heute beschützt die israelische Armee Tag und Nacht den Staat Israel und das jüdische Volk."

Problem Antisemitismus

Der Antisemitismus sei jedoch noch immer ein aktuelles Problem. Im Gegensatz zum Judenhass der NS-Zeit richte er sich heute jedoch nicht gegen Individuen, sondern gegen den Staat Israel und den Zionismus. Diese Ressentiments gehen für Sloutsker nicht nur von rechten, sondern auch von linken und muslimischen Gruppierungen aus. "85 Prozent der in der EU lebenden Juden geben an, dass Antisemitismus das größte sie betreffende gesellschaftliche Problem in ihren Heimatländern sei", betonte er. Seit 1945 sei der Antisemitismus noch nie so ausgeprägt gewesen wie in der heutigen Zeit.

"Es ist die Aufgabe der EU-Staaten, mithilfe von Toleranz die Wurzel der Diskriminierung zu bekämpfen", erklärte der IJC-Präsident. "Man muss alles tun, um sicherzustellen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt.(...) Traurigerweise scheint es 74 Jahre nach dem Holocaust, dass die Gesellschaft und insbesondere die politische Führung Europas nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Lehren aus dem Holocaust vergessen haben", fuhr er fort.

"Bisher hat die internationale Gemeinschaft versucht, den Antisemitismus einzudämmen", sagte Sloutsker. Dies sei jedoch der falsche Ansatz, denn das Ziel müsse es sein, ihn vollkommen zu überwinden. "Wir müssen proaktiver werden, die gesamte Gesellschaft muss sich damit auseinandersetzen." Das jüdische Volk müsse zudem ein Partner im Kampf gegen jegliche Form der Diskriminierung religiöser Gruppen sein.

Für Sloutsker sind die Überlebenden des Holocaust der Beweis für die Folgen mangelnder Aufklärung und des daraus resultierenden Handelns. Die Erinnerung sei darum eine "Pflicht". "Der Holocaust zeigt uns, dass Worte zu Gewalt werden können", mahnte er. Die Erinnerung allein sei jedoch nicht genug. "Wir müssen uns gegen Rassismus, Hass und Antisemitismus stellen und niemals dem Leid anderer gegenüber gleichgültig sein", rief er auf.

Geschichten an kommend Generationen weitergeben

"Gleichgültigkeit ist eine Krankheit der Seele, die ansteckender als jede andere ist", betonte der Diplomat. Diese habe das Verbrechen der Shoah erst möglich gemacht. "Die Zeit droht, die Geschichte zu vernebeln", so Prosor. Es sei "unsere Aufgabe, die Geschichten der Zeitzeugen an die kommenden Generationen weiterzugeben", sodass diese als "eine menschliche Familie" leben könnten. Konfrontiert mit dem Bösen müsse man "erkennen, gegen was wir uns stellen, um genau herauszufinden, wofür wir einstehen", fuhr er fort.

"Der Verlust der sechs Millionen Menschen während des Holocausts ist unvorstellbar, wir werden nie wissen, welchen Beitrag diese Menschen zu unserer Welt hätten leisten können", sagte Prosor. Man müsse auch der vielen Helfer gedenken, die während der NS-Herrschaft Juden unter Einsatz ihres Lebens versteckt gehalten hätten. (APA, 27.1.2019)