Draußen ist es noch kalt. Da wärmt eine leichte Suppe aus frischem Gemüse und Kräutern Herz und Magen. Das Grundrezept der Gemüsesuppe vereint das nicht bloß kulinarisch vielfältige Italien – genauso wie die schöne Legende, wie ein zersplittertes Reich einst an einem Tisch zur Minestrone zusammenkam.

Foto: Alessandra Dorigato

Gemüse für die grantige Prinzessin

Als Italien noch in viele Königreiche geteilt war, lebte eine sehr schöne, aber immer grantige Prinzessin. Selbst der König hielt es kaum mehr aus und beschloss, seine Tochter demjenigen zur Braut zu geben, der es schaffte, sie zum Strahlen zu bringen. Aus ganz Italien kamen die Prinzen mit Korallenketten, Marmorstatuen, Trüffeln und anderen Schätzen. Die Prinzessin blieb unbeeindruckt. Da kam ein Junge aus dem Dorf. Er hatte auf dem Weg zum Palast Gemüse und wilde Kräuter gesammelt und wollte für die Prinzessin kochen. Sie war empört und versicherte, dass sie so eine minestrone (Mischmasch, Durcheinander) niemals essen würde.

Minestrone für alle

Der König war belustigt und erlaubte dem Jungen, für den Palast zu kochen. Das ärgerte die Prinzessin noch mehr. Wütend lief sie im Schloss auf und ab – und bekam riesigen Hunger. Denn der Duft der "Mischmasch-Gemüsesuppe" war sehr verlockend. Wie immer nahm die Prinzessin grantig neben dem König und den vielen Prinzen am Tisch Platz. Und siehe da, die Minestrone zauberte ein Strahlen auf ihr Gesicht. Die Suppe schmeckte auch dem König und den Prinzen. Diese nahmen das Rezept mit nach Hause in ihre Reiche. Ob der Dorfjunge die Prinzessin geheiratet hat, erzählt die Legende nicht mehr.

Foto: Alessandra Dorigato

Die regionalen Finessen

Das Grundrezept der Gemüsesuppe ist in ganz Italien gleich und wird je nach Region mit speziellen Zutaten verfeinert.

  • Friaul-Julisch Venetien: Hier kommt gern Gerste in die Minestrone. Sie schmeckt am besten, wenn sie am Vortag zubereitet und kurz vor dem Servieren aufgewärmt wird. In Triest findet man auch mal Sauerkraut in der Suppe.
  • Trentino-Südtirol: Ebenfalls Gerste. Oft wird zudem ein Stück Speck schon in den Soffritto (siehe Rezept) gegeben. In Trentino gibt man auch Kutteln zur Minestrone. Sie werden mit dem Soffritto angeschwitzt, dann müssen Kutteln vom Kalb 2 und vom Rind 4 Stunden kochen. Nun kommt erst das Gemüse in die Suppe.
  • Veneto: Bohnen
  • Lombardei: Reis
  • Aostatal: Pilze oder Edelkastanien
  • Piemont: Die piemontesische Minestrone ist besonders dickflüssig. Hier dürfen Tagliatelle oder Maltagliati sowie Kohl nicht fehlen. 
  • Ligurien: Grüne Bohnen und vor allem viel frisches Basilikum sorgen für den feinen Duft dieser Gemüsesuppe.
  • Emilia-Romagna: Kartoffeln
  • Toskana: Mangold, Kohl und Kürbis
  • Umbrien: Dinkel
  • Marche: Nach alter Tradition wird der Boden der Suppenterrine mit altbackenem Brot bedeckt. Es macht die Suppe sämig.
  • Latium: Artischocken und Pecorino
  • Abruzzen: viel Pfeffer
  • Molise: Feldgemüse wie Chicorée, Hülsenfrüchte
  • Kampanien: Tomaten von San Marzano. Diese Tomatensorte hat wenig Samen und verleiht der Minestrone eine wunderschöne rote Farbe.
  • Apulien: Rüben (Rote Beete, Karotten, gelbe Rüben), Minze, Pfeffer und Pecorino
  • Basilikata: Tomaten, Kartoffeln, Basilikum sowie grüne Bohnen
  • Kalabrien: rote Zwiebel aus Tropea
  • Sizilien: Ditalini-Nudeln oder Reis. In der Gegend von Trapani und Palermo liebt man die Gemüsesuppe mit einer regionalen Süßwurzel (Cabbasìsi) oder mit der Schärfe von etwas Kren.
  • Sardinien: kleine sardische Gnocchi (Malloreddus)
Foto: Alessandra Dorigato

Grundrezept der Minestrone

Zutaten (für 4 bis 6 Personen)

  • 250 g getrocknete Bohnen
  • 2 Lorbeerblätter
  • 1 Prise Natron
  • 1 kleine Zwiebel
  • 1 Lauchstange
  • 2 Karotten
  • 2-3 Stangen Sellerie
  • 3 EL Olivenöl
  • 1 1/2 Liter Wasser oder Brühe, heiß
  • 1 Stückchen Parmesanrinde
  • 1 Zucchini
  • 3 große Erdäpfel
  • 300 g Mangold
  • Salz
  • Pfeffer
  • Parmesan oder Pecorino, gerieben
  • 2 EL frische Petersilie, gehackt

Wer mag, kann seine Gemüsesuppe mit regionalen Zutaten verfeinern.

Zubereitung

Bohnen über Nacht einweichen. Am nächsten Tag abseihen, waschen und mit frischem Wasser bedeckt zum Kochen bringen. Lorbeerblätter verbessern den Geschmack und vermindern wie Natron die blähende Wirkung von Hülsenfrüchten. Bohnen auf kleiner Flamme 1 bis 2 Stunden (je nach Sorte) zugedeckt weich kochen. Eventuell etwas heißes Wasser nachgießen. Fertige Bohnen vom Herd nehmen und 20 Minuten im Kochwasser ruhen lassen. Abseihen und zur Seite stellen.

Lauch, Zwiebel, Sellerie und Karotten putzen, fein hacken und in einen großen Topf geben. Mit Olivenöl erhitzen und das Gemüse solange anschwitzen, bis Zwiebel und Lauch weich sind. Das nennt man Soffritto. Den Soffritto mit heißem Wasser oder Brühe aufgießen. Mit einem Messer eventuellen Schmutz von der Parmesan-Rinde entfernen. Die Käserinde kommt auch in den Topf. Temperatur reduzieren und 10 Minuten köcheln lassen. 

Währenddessen das restliche, gesäuberte Gemüse in kleinen Würfel schneiden und dann zur Minestrone geben. Nun alles 20 bis 30 Minuten köcheln lassen, bis das Gemüse weich, aber noch bissfest ist. Die Parmesanrinde entfernen, die Bohnen dazu geben (wenn gewünscht, teilweise zerdrückt) und am Schluss mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die heiße Gemüsesuppe mit reichlich geriebenem Parmesan, einem Esslöffel Olivenöl sowie frisch gehackter Petersilie servieren.

Tipps

Es ist ratsam, Nudeln und Reis separat zu kochen und zum Schluss zur Minestrone zu geben. Damit sind sie bissfester.

Vergessen Sie nicht, Gerste und Hülsenfrüchte vor dem Kochen einige Stunden oder über Nacht einzuweichen. Das Einweichwasser wechseln, wenn es schäumt, auf jeden Fall in frischem Wasser zum Kochen aufsetzen. Bohnen stets ohne Salz kochen, denn es würde die Schale verhärten. Eine Prise Natron macht die Schale weicher. Kichererbsen dagegen sollten Sie mit Salz und etwas Natron kochen. Gerste und Hülsenfrüchte kommen zur fast fertigen Gemüsesuppe. Ein Teil der Bohnen wird oft mit einer Gabel zerdrückt, um der Minestrone eine cremige Konsistenz zu geben.

Freunde von mir ergänzen das Rezept mit dem Saft einer halben, reifen Zitrone. Das entspricht zwar keiner mir bekannten regionalen Eigenart, der Zitronensaft verleiht der Minestrone aber ein erfrischendes Aroma und eine angenehme Säure.

Foto: Alessandra Dorigato

Wer in Norditalien im Winter durch die eisige Nacht und den Schnee nach Hause stapft, freut sich vor allem auf eine reichhaltige klare Suppe mit Tortellini.  Wenn Sie sich auch um den Tisch versammeln und an der kräftigen Rindsuppe stärken wollen, finden Sie das Rezept auf AModoMio. 

Buon appetito! (Alessandra Dorigato, 29.1.2019)

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